Der Nachwuchs gehört in Villingen von Anfang an dazu - sofern er historisch gekleidet ist. Foto: Marc Eich

Entscheidung der Oberndorfer Narrenzunft zieht Shitstorm nach sich. Wie halten es andere Zünfte?

Oberndorf/Villingen-Schwenningen/Schömberg - Die Entscheidung der Oberndorfer Narrenzunft, bei den anstehenden Narrensprüngen am Fasnetsdienstag keine Boller- und Kinderwagen mehr zuzulassen, stößt nicht überall auf Verständnis.

Der Elferrat der Narrenzunft hatte auf der Webseite der Zunft um Verständnis gebeten, da es in den vergangenen Jahren mehrfach zu Behinderungen oder Zusammenstößen mit Sprungteilnehmern gekommen sei. Wagen dürften ab sofort nur noch am Ende des Narrensamens vor der Stadtkapelle im Umzug dabei sein.

"Unglaublich... der größte Schwachsinn", kommentiert eine Nutzerin auf unserer Facebookseite die Entscheidung. Eine weitere ergänzt: "Die Kinder sind die Zukunft!! Wer will das Brauchtum weiterführen?"

"Ich finde das eine Frechheit. Kinder gehören genau so dazu und es ist immer wieder schön anzusehen, wenn die Kleinen im Bollerwagen oder Kinderwagen schon im Häs mit dürfen", heißt es an anderer Stelle.

In Schömberg im Zollernalbkreis, wo am Fasnetssonntag und -montag die berühmte Bolanes stattfindet, stellt sich die Kinderwagen-Frage gar nicht erst. "Sie müssen laufen können, um mitmachen zu dürfen", erklärt Zunftmeister Bernhard Wuhrer. "Im Häs sind bei uns keine Kinderwagen dabei", erläutert sein Stellvertreter Guido Schirmer und fügt hinzu: "Das lassen wir nicht zu, und da gibt es gar keine Diskussionen."

Nur historische Wagen in Villingen und Schwenningen

Bei der historischen Narrozunft Villingen steht in Sachen Kinderwagen vor allem eines im Vordergrund. "Da wir ein althistorischer Umzug sind, dürfen auch nur historische Schesenwagen teilnehmen", erklärt Zunftmeister Anselm Säger. Bei Schesenwagen handelt es sich um Kinderwagen aus dem frühen 20. Jahrhundert.

Der Nachwuchs im Schesenwagen werde vorneweg geschoben von den Altvillingerinnen. Dort laufen auch Kinder mit, die an der Hand geführt werden müssen. Sollte dann aber doch mal ein Kleines bei den "Großen" mitmarschieren oder geschoben werden, drückt die Narrozunft ein Auge zu. Wert lege man in erster Linie darauf, "dass alle Teilnehmer historisch gekleidet sind".

Historische Kinderwagen sind auch bei der Narrenzunft Schwenningen im Umzug Pflicht, allerdings sind diese nicht auf einen bestimmten Teil des Zuges beschränkt. "Kinder werden von ihren Eltern in der Gruppe mitgenommen", erklärt Zunftmeister Lutz Melzer.

Gäste dürfen auch moderne Kinderwagen mitbringen

Das gelte auch für die anderen Fasnetsgruppen aus ganz Baden-Württemberg, die am großen Umzug in Schwenningen am Fasnetssonntag teilnehmen. Teilweise würden dort auch moderne Kinderwagen eingesetzt. "Das sieht nicht so schön aus, aber wir verbieten das auch nicht", so Melzer. Sicherheitsbedenken wegen möglicher Unfälle hat der Zunftmeister nicht. "Bei uns ist noch nie was passiert."

Die Gefahr eines Unfalls bestehe trotzdem, erklärt Volker Gegg, Sprecher der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN). "Es kann passieren, dass ein Kinderwagen umkippt. Vor allem, wenn die Hexengruppen hin und her rennen." Ihm seien jedoch bislang keine solchen Vorfälle zu Ohren gekommen.

Eine allgemeine Regelung gibt es bei der VSAN übrigens nicht. Jede Zunft habe ihr eigenes, meist ungeschriebenes Gesetz, wo der Narrensamen und die Eltern mitlaufen dürfen. "Oft halten zwei Erwachsene ein Seil, an dem sich die Kinder festhalten können. Das finde ich eine gute Sache", sagt Gegg.

Eltern ohne Masken nicht gern gesehen

Schließlich haben die Narren ein eingeschränktes Sichtfeld durch die Masken. "Mir ist aufgefallen, dass junge Eltern teilweise ohne Masken mitlaufen. Das sehen wir ungern", kritisiert Gegg.

Aber ob historische Narrenzunft oder moderne Fasnetsgruppe, die User auf schwarzwaelder-bote.de sind sich größtenteils einig: Der Narrensamen sollte von Anfang an integriert werden. Eine Kommentatorin bringt es auf den Punkt: "Man kann als Erwachsener nur mit Herzblut ein Hästräger sein, wenn man die Chance, bekommt, von klein auf in die Fasnet hineinzuwachsen."