Die Zimmerner Narren übernehmen die Ortsgewalt. Mehr als 300 Zuschauer verfolgten die Veranstaltung auf dem Turnhallenvorplatz.
Wie kann man nur das Ortsjubiläum zum 750-jährigen Bestehen vergessen? Das ist den Gründervätern von Zimmern um Robin Daniel CC Hood ziemlich sauer aufgestoßen. Sie forderten Rache. wurde die Ortsschultin Carmen Merz kurzerhand nach verlorenem Hexentest zum Tode auf dem Scheiterhaufen, oder vielmehr dem Scheiterfunken, verurteilt. Ihr Holzscheitle durfte sie gleich mitnehmen.
Aber von vorne: Hätte Gemeinderat Guido Mager nicht vor wenigen Wochen aufgedeckt, dass Zimmern in diesem Jahr sein Ortsjubiläum feiert und die Gemeindeverwaltung dies nicht auf dem Schirm hat, hätten sich die Narren um Narrenboss Daniel Rühle mit Sicherheit schwergetan, ein passendes Thema für die Übergabe der Ortsgewalt zu finden. Doch das vergessene Jubiläum war die Steilvorlage. So zog Robin Daniel CC Hood als Gründervater Zimmerns am Fastnachtssamstag vor das Zimmerner Rathaus, um Carmen Merz die Macht zu entziehen.
Alle waren sie dabei: die Ausscheller, der Inquisitor, der Mönch, die Landsknechte, der Musikverein und natürlich das Volk. Mehr als 300 Zuschauer waren gekommen, um das Szenario auf dem Turnhallenvorplatz bei strahlendem Sonnenschein zu verfolgen.
Nachdem die Bomsteller den Narrenbaum mit viel Hauruck aufgerichtet hatten, ging es auf der Bühne weiter. „Do geit’s kein Zweifel und kein Wimmern. Wir sind die Gründerväter vo Zimmern. Vor 750 Johr kamet mir vom Dälle ruf. Und schluget hier dia Zelte uf“, so Pasi von den Teufels. „Flözlinge soll 500 Johr älter sei. Des isch verloga – des sag i eich glei. Um 1275 – dia hond doch an Knall. Stoht im Dälle maximal an Ziegastall“, reimte er weiter. Und weil in Rottweil die Pest wütete, hätten sich Robin Daniel CC und seine Mannen eben in Zimmern – „dem liebreizend Stück Land“ – angesiedelt.
Kurzerhand musste sich Carmen Merz dem Hexentest unterziehen. Und siehe da: Sie schaffte es, Steine zum Schwimmen zu bringen. Volk und Gründerväter jubelten. Sie solle sich am nächsten Sonntag oben am Funken einfinden, gab ihr Inquisitor Kopfe mit auf den Weg.
Zum Hexentest
Aber bevor die als Horgener Zapfenweible verkleidete Ortsschultin sich ihrem Schicksal beugte und den Rathausschlüssel aushändigte, hatte auch sie etwas für Robin Daniel und seine Mannen vorbereitet. Da man die Übergabe der Ortsgewalt jetzt bereits im zweiten Jahr auf den Samstag gelegt habe, sei ganz klar: „Der Daniel will einen Tag mehr Macht“, folgerte Merz.
„Bei der Mutti-Zunft hat Daniel nachgefragt. Welche Annehmlichkeit und Macht sind denn da angesagt? Hat gemerkt, die Städter, die machen an der Fasnet viel mehr. Seitdem plant er kreuz und quer: Mit all der Macht, die die Rottweiler Mutti so hat, mehr Ansehen, Ruhm, dafür braucht er künftig auch eine Innenstadt. Er will, dass Zimmern wie Rottweil wird, höher und weiter. Dafür braucht er einen Gemeinderat als guten Begleiter“, reimte Carmen Merz und betonte, dass Robin Daniel für den aufgeblähten Rat die Verantwortung trage.
Und auch sie hatte eine Strafe parat: „Mit dem Samstag ist die Chefin auch richtig gehetzt, und muss gehen auf die Viere nach Horgen ins Tal. Das ist gut für den Daniel, da ist er hier erste Wahl. Drum bin ich heut gleich ein Zapfenweible aus Horgen und werde euch künftig mit deren Traditionen versorgen“, reimte sie und zog Daniel das Zapfenmalekostüm über. Der war wenig begeistert.
Nach gut zwei Stunden war der Rathausschlüssel übergeben, und nach dem gemeinsamen Lied zum vergessenen Jubiläum, begleitet von Gaukler Figa auf der Gitarre, ginge es weiter zur Hallenfastnacht in die benachbarte Turn- und Festhalle.