Gerhard Weiss hat sich 29 Jahre lang um die Kleiderkammer der Narrenzunft Rottweil gekümmert. Jetzt wird er verabschiedet: (von links) Stefan Roth, Gerhard und Gisela Weiss, Georg Hauer, Christoph Bechtold und Frank Huber. Foto: Siegmeier

Ein volles Haus verzeichnete die Narrenzunft Rottweil bei ihrer Mitgliederversammlung im Kapuziner. Diskussionen um Neuerungen blieben aus, dafür war die Freude auf eine "normale" Fasnet regelrecht zu spüren.

Rottweil - Spätestens als die Tagwachkapelle den Rottweiler Narrenmarsch anstimmte, gab es nur noch strahlende Gesichter im voll besetzten Sonnensaal des Kapuziners. Verbote und Reglementierungen der Coronajahre rückten schnell in den Hintergrund, wenngleich sich daraus ja doch so manche Neuerung ergeben hat. "Quo vadis Fasnet?" – oder: "wo soll es mit unserer Fasnet hingehen", lautet der Arbeitstitel der "Zukunftswerkstatt" der Zunft, wie Narrenchef Christoph Bechtold wissen ließ, denn die Qualität der schönsten Jahreszeit sei entscheidendes Thema. Und hier müssten die Weichen – sanft, aber bestimmt – in die richtige Richtung gestellt werden, so Bechtold mit Blick auf die steigende Masse an Narren. "In Sachen Qualität gibt es viel zu tun. Zum einen, wie man diese definiert, und zum anderen, wie man sie den Leuten vermittelt", stellt er die Schwierigkeiten heraus.

Durch die Vielzahl an Narren verlängern sich die Sprünge immens, so dass "für das Herzstück der Fasnet, das Aufsagen", immer weniger Zeit bleibe. Dabei sei der Sprung ja lediglich der Auftakt der Fasnet. "Außerdem wäre es wünschenswert, dass wieder mehr Leute an der Straße stehen", so Bechtold, der sich enttäuscht zeigte, weil alle bisherigen Appelle vor der Pandemie nahezu ungehört, beziehungsweise unbeachtet geblieben waren.

Zur Beschränkung gezwungen

Mit der Coronaverordnung war die Zunft gezwungen, die Zahlen zu beschränken. Das Fazit: "Es war so scheee", so der Narrenchef. Und von kürzeren Sprüngen würden letztlich alle profitieren, machte er deutlich. Man habe Zeit aufzusagen, es nehmen wieder mehr Kinder am Sprung teil, die Musikkapellen müssten nicht ganz so oft den Narrenmarsch spielen und die Gastronomie würde nicht ganz so überrannt. "Außerdem dürfen wir auch die Sicherheit nicht außer Acht lassen", betonte Bechtold. Auch hier müsse man sich mit steigenden Anforderungen auseinandersetzen. Noch vor einigen Jahren habe man mit der Stadt ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Mittlerweile habe man hier ein 40- bis 50-seitiges Pamphlet abzuarbeiten.

Das Maximum sind 2500 Erwachsene

Einen ersten Schritt sei man nun mit der Beschränkung der Narren am Montag- und Dienstagmorgen gegangen. 2500 Erwachsene können jeweils am Sprung teilnehmen, Kinder sind von der Reglementierung unberührt. Die Sprungführung bleibt bestehen. "Das ist jetzt auch für uns neu. Wir werden uns das genau anschauen", sagt Christoph Bechtold. Wichtig sei, dass alle Beteiligten den Spaß an der Fasnet nicht verlieren. "Alles, was wir jetzt beschlossen haben, ist nicht in Stein gemeißelt. Wir müssen dranbleiben, ausprobieren und optimieren", sagte er und bat die Mitglieder um Unterstützung. "Wenn wir nichts ändern und nur weiter appellieren, dann wird das nichts. Wir müssen diesen Weg im Interesse der Fasnet gehen, auch wenn er weh tut".

Humoriger Rückblick

Im Anschluss sorgte Zunftschreiber Frank Huber mit seinem humorigen Rückblick für manchen Lacher im Saal. Trotz vieler coronabedingter Herausforderungen sei es, "zwar völlig anders, aber dennoch, eine der schönsten aller Fastnachten gewesen." Auch wenn die Abstauber sich erst hätten testen lassen müssen, hätten sie sich den Spaß nicht verderben lassen. Und auch die alljährlichen Weinspenden seien auf verschlungenen Wegen in den Seniorenheimen angekommen. "Manchmal ist Weniges mehr wert, als Prunk in normalen Zeiten", betonte er. Am Schmotzigen seien immerhin elf Schmotzigengruppen durch die gut besetzten Lokale gezogen. Und auch Petrus hatte es mit den Rottweiler Narren gut gemeint, denen er am Montagmorgen Kaiserwetter spendierte. 1000 "auserwählte Narren" – mehr waren nicht zugelassen – zogen durchs Schwarze Tor und sorgten für glanzvolle Tage und "Freude im Leid", wie es im Text des Narrenmarsches heißt. Und auch wenn die Hannes ordentlich Federn, oder vielmehr den Kalbsschwanz weglassen mussten, tat dies der Stimmung keinen Abbruch. "Die Narren mit Narrenbüchern waren die Sensation. Es wurde aufgesagt ohne Ende", resümierte der Zunftschreiber. Zudem sei Rottweil überhaupt die einzige Zunft gewesen, die an der Planung ihrer Sprünge festgehalten hatte – trotz des von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgesprochenen Verbots, das dann kurz vorher wieder fiel. Die Zunft hatte in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und Unterstützung der Landtagsabgeordneten Stefan Teufel (CDU) und Daniel Karrais (FDP) alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Sprünge zu realisieren. Mit Erfolg.

Täglich Gruppen zu Gast

Aber nicht nur an den hohen Tagen der Fasnet selbst, sondern das gesamte Jahr über, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich mit dem Rottweiler Brauchtum zu beschäftigen. So sei beispielsweise das Interesse an der Ausstellung in "Haus 1" groß. Jetzt, kurz vor der Fasnet, seien tagtäglich Kindergartengruppen und Schulklassen zu Gast, um sich zu informieren. Zudem kann man über die Internetseite der Zunft Führungen buchen, oder an der neuen Führung der Stadt zur Rottweiler Fasnet teilnehmen.

Neues Prozedere

Geändert wurde zudem das Prozedere der Kleidlezulassung: "Jeder, der ein Narrenkleid zulässt, muss an einer Führung teilnehmen und sich auch die wichtigsten Regeln des Narrens erklären lassen". Ein neues Format gibt es ebenfalls, denn die Narrenzunft öffnet seit kurzem die "Schnupfdos’". "Mit der Veranstaltung will die Zunft alle Fasnetsinteressierten und Narren ansprechen, und mit ihnen in einen Dialog über Fasnet und Brauchtum kommen", heißt es auf der Internetseite der Zunft. Am Freitag, 3. Februar, um 20 Uhr ist es soweit, und die Zunft lädt ins "Haus 1" ein.

Mehr als 9000 Narrenkleider

86 Narrenkleider wurden im vergangenen Jahr neu zugelassen, darunter auch wieder einige Weißnarren. Mehr als 9000 eingetragene Narrenkleider gebe es damit.

Zunftsäckelmeister Stefan Roth berichtete über die Finanzen der Zunft. Auch wenn es, bedingt durch die besondere Fasnet und dringend erforderliche Maßnahmen an Haus 1, kein normales Geschäftsjahr gewesen sei, brauche sich die Zunft über die Finanzen keine Sorgen machen.

Ohne Einlasskarte geht nichts

Zum Abschluss gab der zweite Narrenmeister Georg Hauser einen Ausblick auf die kommenden närrischen Tage und regte an, dass sich wieder mehr bunte Bajasse in die schwarz/gelbe Menge mischen mögen. Zu den Narrensprüngen am Montag und Dienstag sollen sich die Narren pünktlich an den Stempelstellen einfinden, denn dort gibt es die Einlasskarten, ohne die man nicht durchs Schwarze Tor komme. "Wir werden auch länger stempeln als sonst. Nicht nur bis 8 Uhr", betonte er.

Vier Anträge hatten die Zunft im Vorfeld erreicht, auf die aus unterschiedlichen Gründen aber (noch) nicht eingegangen wurde, da sie teils noch in den Unterausschüssen beraten werden müssen. So wurde der Antrag gestellt, den Mitgliedern die Karten automatisch zuzusenden. Weitere Anträge fordern, dass Mitglieder unbeschränkt an den Sprüngen teilnehmen dürfen, die Altersgrenze für Kinder von 14 auf 18 Jahre angehoben wird, dass die Bajasse wieder bunter werden und dass die Sprungführung wieder – wie einst zum Möbelwagen – geändert werde.

Zum Abschluss der Sitzung wurde Gerhard Weiss verabschiedet. Er hat sich 29 Jahre lang, gemeinsam mit Uli Hezinger, um die Kleiderkammer der Zunft gekümmert. Neben der Ausgabe und Rücknahme sei vor allem die Pflege der Narrenkleider, Uniformen, Bajasse und Co. eine zeitfordernde Aufgabe gewesen. Dafür dankte Christoph Bechtold Gerhard Weiss und dessen Frau Gisela, "die im Laufe der Jahre sicher auch den einen oder anderen Bajass gebügelt hat".