Maja Becht (von links) ergreift nach Ende des Films das Wort und bescheinigt Sigrun Köhler und Wiltrud Baier sehr gute Arbeit. Andreas Schreitmüller ist bei der Vorpremiere ebenfalls dabei. Foto: Siegmeier

Drei Jahre lang haben die Filmemacherinnen Wiltrud Baier und Sigrun Köhler die Rottweiler Fastnacht mit der Kamera begleitet. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Dokumentation. Am Sonntagabend feierte der Film Premiere.

Rottweil - Filme über die Rottweiler Fastnacht gibt es viele. Ein Bild der Fastnacht widerzuspiegeln, das auch die vielen Facetten offenbar werden lässt, "geht nicht", lässt die Stimme des Rottweiler Originals, Maja Becht, gleich zu Beginn des Films aus dem Off verlauten.

Dass dies geht, und dass dies sogar sehr gut geht, das haben die Wiltrud Baier und Sigrun Köhler (Böller und Brot) mit ihrem Kinodokumentarfilm unter Beweis gestellt. Er gibt Einblicke in die Fastnacht, wie sie in einem Film noch nie zu sehen war und sie vermutlich auch mancher Rottweiler aus eigenem Erleben nicht kennt.

Lobhudelei

Am Sonntagabend konnte nun nach einjähriger coronabedingter Verzögerung im Kino Vorpremiere gefeiert werden. Mit rotem Teppich, Musik und allem was dazugehört. Nicht nur der große Saal des Rottweiler Kinos war rappelvoll, sondern auch der Sonnensaal im Kapuziner, wo der Film parallel Premiere feierte.

Drei Jahre lang haben sich Wiltrud Baier und Sigrun Köhler des Themas angenommen: gefilmt, begleitet, interviewt, und ein weiteres Jahr geschnitten. Sie gehörten quasi selbst beinahe schon zum Inventar. "Wir dachten schon, die beiden bleiben für immer", witzelte Narrenmeister Christoph Bechtold zum Auftakt der Vorpremiere.

Wer weichgespülte Lobhudelei über die Rottweiler Fastnacht erwartet, der liegt falsch. Die beiden setzen ganz andere Akzente. Sie haben sich der Rottweiler Fastnacht ganz behutsam und mit viel Feingefühl, aber mit großer Offenheit und Neugierde genähert. Sie haben viel beobachtet, nachgefragt und vieles begleitet. Nicht laut und fordernd, sondern leise – eher als stille Beobachter. Auf diese Weise wurden ihnen viele Türen geöffnet und sie konnten unzählige Eindrücke gewinnen. Sie haben die vielen "Mosaiksteinchen" nur zusammengetragen. Geliefert haben sie die Rottweiler selbst. Die Rössletreiber, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählten. Der Guller, die Ausschussmitglieder, die Einblicke in ihre Sitzungen gewährten, oder auch die vielen Fastnachtshandwerker. Der damals dreijährige Maxi, der erstmals als Gschell narrte, und dem das alles gar nicht so geheuer war, oder Anita Flaig, die so manches "Stöffle" für Federahannes und Co. an den Mann bringt, und ihre Erfahrung gleich dazu – sie alle sind ein Teil des Films.

"Vor fünf Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich je Biß und Gschell unterscheiden kann, jetzt kann ich es", erzählt Wiltrud Baier begeistert. Aber das sei bei weitem nicht alles gewesen. "Für uns ist das heute hier in Rottweil ein sehr berührender Tag", gaben Sigrun Köhler und Wiltrud Baier bei der Begrüßung vor vollem Haus zu. Im Kinosaal saßen alle Mitwirkenden... Wie die wohl reagieren würden? Doch das Lampenfieber war schnell verflogen als Begeisterung und begeistertes Lachen aus dem Zuschauerraum aufflammte. Nicht nur die Akteure waren im Kinopublikum zu entdecken, sondern auch Fastnachts-Kenner Werner Mezger und der Rottweiler Filmemacher Andreas Schreitmüller, der beim Sender Arte den Spielfilmbereich verantwortet und der die Produktion angeregt hatte. Auch sie zeigten sich sichtlich begeistert.

Offen empfangen

Die Art des Herangehens ist es wohl gewesen, dass den Filmemacherinnen so viele Türen geöffnet und sie so offen empfangen wurden. Aber auch kritische Themen und Diskussionen haben sie nicht weggelassen, sondern auch diese Statements und Dialoge mit aufgenommen: ungefiltert, ungeschönt, unkommentiert. Die einzelnen Sequenzen sind kurz, gleichen bunten Mosaiksteinen, die am Ende ein umfassendes buntes Bild Bild in Rottweils schönste Jahreszeit geben.

Aber was sagt Maja Becht nun zu dem Film, war sie doch zu Beginn mit kritischer Stimme zu hören?! Sie war begeistert und bescheinigte den Macherinnen, dass der Film "echt klasse" geworden sei. Sie überreichte ihnen zur Erinnerung Rottweiler (Plüsch)Esel.

Ab kommendem Donnerstag läuft der Film "Narren" übrigens im Rottweiler Kino, aber nicht nur hier, sondern in der gesamten Bundesrepublik. Von München bis Berlin, kann der 93-minütige Streifen in den nächsten Wochen angeschaut werden.