Strahlemann Severin Freund präsentiert Silber. Foto: Schmidt

Skispringen: Severin Freund fliegt hauchdünn am WM-Titel von der Normalschanze vorbei.

"Was für ein geiler Wettkampf!", fasste Severin Freund sein Glück nach dem Gewinn der Silbermedaille bei der WM in Schweden zusammen.

Dass auf der Normalschanze von Falun Nuancen entscheiden würden, das wusste man schon vorher. Dass es dann aber so hauchdünn werden würde, das konnte niemand vorhersehen.

Freund lag nach einem kleinen Wackler bei der Landung im ersten Durchgang (95,5 Meter) nur auf dem dritten Platz, dann "ist mir im zweiten wirklich eine Granate gelungen", beschrieb der Rastbüchler seinen nahezu perfekten Sprung auf 96 Meter, der ihn fast nach ganz oben aufs Treppchen getragen hätte.

Hätte – weil Rune Velta einen Ausnahmetag erlebte. Vom Probedurchgang an zeigte der Norweger keine Nerven und wunderschöne, weite Flüge; so entschied Freunds kleine Unsicherheit bei der Landung im ersten Duchgang am Ende wegen der Winzigkeit von 0,4 Punkten für Velta. Der Österreicher Stefan Kraft, nach Durchgang eins ebenfalls noch vor Freund, musste mit Bronze zufrieden sein.

Das deutsche Mannschaftsergebnis konnte sich überdies sehen lassen. Richard Freitag (Aue) auf Platz 7, Marinus Kraus (Oberaudorf) auf Rang 10 und Andreas Wellinger (Ruhpolding) auf 11– Bundestrainer Werner Schuster kam gar nicht mehr aus dem Strahlen heraus. "Das ist ein Rieseneinstieg für das ganze Team", freute er sich und wollte Nachfragen nach einer eventuellen Goldmedaille gar nicht gelten lassen. "Eine Medaille war schwer zu greifen", erklärte er, "und Severin hat das super gemacht." Nach der obligatorischen Siegerehrung in der City von Falun, die sich bis nach 21 Uhr hinzog, hatte sich Freund jedenfalls sein Siegerbierchen im Dartraum des deutschen Teamhotels verdient.

Freitag hadert: Kante nicht sauber getroffen

"Das war eine sehr, sehr enge Entscheidung", pflichtete ihm der zufriedene Wellinger bei, "mit Silber sind wir doch alle glücklich." Freitag, der ein wenig mit sich haderte, weil er die Kante bei beiden Sprüngen nicht ganz sauber getroffen hatte, präsentierte einen ganz besonderen Vorschlag: "Die 0,4 Punkte – da können die die beiden ja fast zusammen aufs Treppchen stellen." Das mussten die Organisatoren gar nicht tun, denn die erste WM-Einzelmedaille seit Martin Schmitt 2009 machte auch so alle im Team glücklich, vor allem den mit Silber Dekorierten. "Das ist ein sehr schöner Moment in meiner Karriere", gab Freund zu Protokoll, "so einen Wettkampf wünscht man sich doch. Ich habe einen Supersprung vorgelegt, und Rune hat gekontert."

Die Farbe der Medaille war Freund egal, auch wenn er zugab, dass "es natürlich dann noch schöner ist, wenn du mit diesem tollen Ding auch gewinnst". Fast unwillig schilderte er dann die Szene im ersten Durchgang, als ihm nach der Landung im weichen Schnee der linke Ski ein wenig weggelaufen war. Aber das tat dem Jubel keinen Abbruch, denn Bundestrainer Schuster erklärte schon: "Bei Severin ist das die reine, klare Freude. Da gibt es kein Nachsinnen, was wäre wenn."

Im Team waren alle froh, die erste Medaille unter Dach und Fach zu haben, "denn das nimmt den Druck", meinte Schuster, "und belohnt alle: das Team, Severin und das Team hinter dem Team, das Tag und Nacht für diesen Erfolg malocht hat."

Für einige andere war es ein sehr bitterer Tag. Der Schweizer Simon Ammann, in den Tagen davor in Superform und vor seinem Comeback aufgeregt wie ein junger Skispringer, verkrampfte im ersten Durchgang beim Gedanken an die Telemark-Landung und vergab alle Chancen auf eine bessere Platzierung als Rang 16. Der Österreicher Gregor Schlierenzauer kam auf Platz 22 überhaupt nicht mit der Schanze zurecht – genauso wenig wie der Pole Kamil Stoch (17.) und der Weltcup-Führende Peter Prevc aus Slowenien (13.).

Und Skisprung-Opa Noriaki Kasai aus Japan verpasste sogar mit einem 86,5-Meter-Hüpferchen den zweiten Duchgang. Am Ende feierten die DSV-Adler einen "guten deutschen Tag" (Marinus Kraus) und, wie es Andreas Wellinger ausdrückte, einen "sensationellen Severin".