Einen Tag nach der Obduktion sucht die Polizei fieberhaft nach Hinweisen auf den Mörder.
Heidenheim - Die Polizei hat im Fall der entführten und ermordeten Bankiersfrau Maria Bögerl keine heiße Spur. Am Samstag durchkämmte eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei den Wald rund um den Fundort der Leiche sowie ein benachbartes Rapsfeld.
„Es wird im Detail durchsucht. Es sind zahlreiche Gegenstände gefunden worden, wobei nicht klar ist, welche Gegenstände es sind und ob sie überhaupt mit der Tat zu tun haben“, sagte ein Heidenheimer Polizeisprecher.
Alles deutet auf eine Spontantat hin
Die Entführung und die frühe Ermordung von Maria Bögerl deuten nach Ansicht eines Experten für Kidnapping auf eine unprofessionelle Tat. „Wahrscheinlich war es eine spontane Entführung, die nicht längerfristig geplant war“, sagte der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb.
Die verwesten Überreste der vor drei Wochen entführten 54-Jährigen waren am Donnerstagabend durch Zufall vom Hund eines Spaziergängers aufgespürt worden. Die Polizei hatte das Gebiet an den Tagen nach der Entführung am 12. Mai durchsucht, allerdings ohne Spürhunde.
Klärungsbedarf bei der Polizei
Bei der Polizei besteht nun Klärungsbedarf: „Wir wollen feststellen, welche Kollegen an der damaligen Suche beteiligt waren und mit ihnen sprechen“, sagte der Polizeisprecher. Die damalige taktische Entscheidung, gerade in diesem Gebiet keine Hunde einzusetzen, komme nun auf den Prüfstand. „Man muss nachschauen, warum welche Entscheidungen getroffen wurden.“
Nicht weit vom Fundort der Leiche entfernt war am Tag der Entführung die Übergabe der 300.000 Euro Lösegeld gescheitert. Das Geld konnte nicht rechtzeitig am vereinbarten Ort abgelegt werden.
Der Anrufer sprach schwäbisch
Die Ermittler konzentrieren sich bei der Suche nach dem Täter auf einen Mann mittleren Alters mit schwäbischem Akzent. Nach Ansicht des Kieler Experten für Entführungen kommt der Täter mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Umgebung. Sowohl der schwäbische Akzent des Täters als auch die geringen Entfernungen zwischen dem Wohnort der Entführten, dem Fundort der Leiche und der Übergabestelle des Lösegelds sprächen dafür.
Roselieb geht davon aus, dass ein Einzeltäter am Werk war. „Einige Details an dem Fall sind zudem für eine Entführung sehr untypisch, so zum Beispiel die geringe Lösegeldforderung von nur 300.000 Euro.“ Vieles spreche dafür, dass der Entführer schnell an Geld kommen wollte und das Opfer seinen Entführer enttarnt hat. „Möglicherweise wollte sich der Täter rächen, vielleicht ist es ein geschundener Bankkunde.“
Könnte Rache ein Motiv sein?
Wirkliche Profis gingen anders vor, sagte Roselieb. „Sie melden sich lange nicht und fordern viel Geld.“ 80 Prozent aller Entführungen deutschlandweit seien bis ins Detail geplant gewesen - die Heidenheimer gehöre nicht dazu. Auch die kurze Frist bis zur Übergabe des Lösegelds und der Übergabeort an der Autobahn 7 stützten die These einer ungeplanten Tat. Nach Angaben von Roselieb ist bei derartigen „Quick Kidnappings“ ein einziger Anruf der Entführer durchaus die Regel. Dass Maria Bögerl als Opfer bei diesem Telefonat mit ihrem Mann sprechen durfte, sei jedoch unüblich.
„Wahrscheinlich war der Entführer alleine und hatte kein Versteck für sein Opfer“, vermutete der Experte. Die geringe Lösegeldsumme sei damit zu erklären, dass der Täter hoffte, schnell an das Geld zu kommen. „Sterben musste Maria Bögerl nach der geplatzten Geldübergabe möglicherweise, weil sie ihren Entführer enttarnte.“ In Freiheit wäre sie sonst eine Gefahr für ihn geworden.
Der Heidenheimer Polizeisprecher sagte: „Wir haben keine Hinweise, ob es ein Einzeltäter war oder mehrere Täter waren.“ Hoffnung setzen die Ermittler weiter auf das Phantombild eines möglichen Zeugen. Der 30 bis 40 Jahre alte Unbekannte war am Tag der Entführung in Nietheim nördlich von Heidenheim gesehen worden. Der Mann soll als Anhalter unterwegs gewesen sein. Bundesweit gingen dazu mehr als 450 Hinweise ein, wie der Heidenheimer Polizeisprecher mitteilte.