Beim Blick auf die Betriebskostenabrechnung trifft so manchen Mieter schier der Schlag – auch wenn der Vermieter im Normalfall für die ständig steigenden Summen nichts kann. Foto: Fotolia

Laut Deutschem Mieterbund weist jede zweite Betriebskostenabrechnung Fehler auf. Weil die Höhe der sogenannten zweiten Miete zudem stetig steigt, wird sie immer häufiger zum heiß diskutierten Streitpunkt. Manchmal fehlt die Abrechnung gleich ganz.

Stuttgart - Zweieinhalb Jahre sind eine lange Zeit. 30 monatliche Vorauszahlungen für die Betriebskosten seiner Wohnung hat ein Mieter in Fellbach in dieser Zeit geleistet. Eine Abrechnung allerdings hat er nie gesehen. Die zuständige Hausverwaltungsfirma, ein durchaus angesehenes großes Unternehmen aus Stuttgart, vertröstete ihn immer wieder. Schließlich teilte man ihm mit, er möge sich, falls er Abrechnungen wolle, einen Anwalt suchen.

Bei der Firma bestreitet man diese Aussage – und entschuldigt sich mit dem Eigentümer des Wohnblocks. Nach Übernahme der Verwaltung von ihm habe man für insgesamt acht Wohnungen Zählerstände nacherheben müssen, auch die vertraglichen Vereinbarungen mit den Mietern seien kompliziert gewesen. Selbstverständlich erstelle man Abrechnungen, so wie es vorgeschrieben sei.

Ein extremer Fall, aber nicht der einzige. Immer häufiger wird die Betriebskostenabrechnung zum Streitfall zwischen Mieter und Vermieter. „Ungefähr ein Viertel unserer Beratungen dreht sich um dieses Thema“, sagt Angelika Brautmeier. Laut der Geschäftsführerin des Stuttgarter Mietervereins gehe es dabei vor allem um die Frage, was gesetzlich möglich und was tatsächlich im Vertrag vereinbart worden sei. Auch Verteilerschlüssel der einzelnen Kostenpunkte, Zeiträume und Fristen spielten eine Rolle. Wenn Fälle sich so zuspitzen wie der in Fellbach, vermutet sie aber erfahrungsgemäß mehr dahinter: „Dann gibt es oft noch andere Konflikte, die dann auf diese Weise ausgetragen werden.“

„Totale Gerechtigkeit gibt es bei diesem Thema nicht“

Ähnliche Erfahrungen macht auch der Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein. Dessen Verwaltungs-GmbH betreut selbst 4500 Wohnungen in Stadt und Region. „Totale Gerechtigkeit gibt es bei diesem Thema nicht“, sagt Geschäftsführer Ulrich Wecker und nennt als Beispiel den ewigen Streit darüber, ob etwa Müllgebühren nach Wohnfläche oder nach Personenzahl abgerechnet werden sollen. Man selbst rate in diesem Fall zur Umlage nach Quadratmetern.

Solche Themen seien auch bei Haus und Grund „absolutes Tagesgeschäft“. Generell, betont Wecker, sollten Eigentümer erpicht darauf sein, zügig Betriebskostenabrechnungen zu erstellen: „Das liegt in ihrem eigenen Interesse, denn diese Kosten erhöhen sich derzeit ständig, und es werden zumeist Nachzahlungen nötig.“

Genau dieser Punkt löst aber auch immer häufiger Streitigkeiten aus. „Gegen die eigentliche Miete können die Leute schwer vorgehen. Weil aber die Betriebskosten ohne Zutun der Vermieter ständig steigen, versuchen die Mieter zunehmend, über diese Schiene einzusteigen“, sagt Wecker. Früher hätten sie diesen Teil der Mietkosten häufig durchgewunken, heute dagegen sei er „ein beliebtes Auseinandersetzungsfeld und Dauerbrenner“.

Aktuell spielt Umstieg auf Ökostrom eine Rolle

Ansatzpunkte gibt es viele. Dabei geht es nicht immer nur um klassische Streitpunkte wie Verteilerschlüssel. Aktuell spielt etwa der Umstieg auf Ökostrom eine Rolle. Veranlasst der Eigentümer dies für sein Haus, und die Kosten steigen in der Folge, kann das zu Diskussionen führen. „Da werden teils böse Briefe geschrieben wegen 18 Euro Mehrkosten im Jahr“, sagt Wecker. Besonders problematisch seien alte Häuser: Dort gebe es manchmal noch nicht einmal Kaltwasserzähler. Würden die dann eingebaut, gebe es wieder Streit um die Kosten dafür. Zudem seien manche Mietverträge in solchen Häusern veraltet.

Der Mann in Fellbach hat inzwischen eine erste Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 bekommen. Und das ganz ohne Anwalt. Immerhin ein Anfang.