Nadja Drygallas Lebensgefährte Michael Fischer: Ende Juli war er noch mit seiner Freundin in London. Foto: dpa

Hat Nadja Drygallas Lebensgefährte wirklich keine Kontakte zur rechten Szene mehr? Es gibt Zweifel.

London/Schwerin - In der Debatte über die Olympia-Teilnehmerin Nadja Drygalla mahnt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zu mehr Zurückhaltung. Der Minister zeigte sich am Montag in London zugleich erfreut, dass sich die 23-jährige Ruderin unmissverständlich von rechtsextremem Gedankengut distanziert habe. Unklar bleibt derweil, ob sich ihr Lebensgefährte Michael Fischer wirklich aus der rechtsextremen Szene verabschiedet hat, wie Drygalla am Wochenende betont hatte.

Drygalla war vergangene Woche von den Olympischen Spielen in London abgereist, nachdem bekannt geworden war, dass ihr Freund der rechtsextremen Szene angehört und aktives NPD-Mitglied war. Aus der rechtsextremen Partei ist Fischer Ende Mai ausgetreten, wie Mecklenburg-Vorpommerns Vize-Landeschef David Petereit am Montag mitteilte, ohne aber weitere Details zu nennen.

Zweifel an Fischers Austritt werden laut

Die Internetplattform „Endstation Rechts“ äußerte indes Zweifel, dass Fischer sich vom Rechtsextremismus losgesagt hat. Ein Redakteur der Internetplattform, Oliver Cruzcampo, sagte im dapd-Interview, Fischer sei zwar bereits seit mehreren Wochen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Alle Indizien sprächen aber gegen einen Ausstieg aus der Szene.

So sei Drygallas Lebensgefährte noch am 1. Mai bei einer Demonstration als Fotograf aufgetreten und habe Gegendemonstranten fotografiert. Zudem sei auf der Internetseite Mupinfo, die von Petereit betrieben wird, am 16. Juni der letzte Blogeintrag unter dem Namen Michael Fischer veröffentlicht worden. Unter einem anderen Artikel mit diesem Namen sei sogar ein Foto Fischers abgebildet.

„Endstation Rechts“ ist eine von den Jusos Mecklenburg-Vorpommern ins Leben gerufene Informationskampagne. Die Homepage beschäftigt sich mit der NPD im Landtag und der gesamten rechtsextremen Szene.

Der Fall beschäftigt auch die Politik

Der Fall Drygalla wird in den kommenden Tagen und Wochen auch die Politik beschäftigten. Der Sportausschuss des Bundestages soll sich im September damit befassen, wie die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD), ankündigte. Im Landeskabinett von Mecklenburg-Vorpommern ist der Fall schon am Dienstag (7.8) ein Thema.

Scharfe Kritik richtete Freitag an die Adresse der Sportverbände. Rückblickend stellten sich klare Fragen nach den Kommunikationsstrukturen im deutschen Spitzensportsystem, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-„Morgenmagazin“. So hätte jemand merken müssen, dass Drygalla ihren Job verloren habe. Über die Umstände, warum die Sportlerin m Herbst 2011 aus dem Polizeidienst und damit aus der Sportförderung ausschied, will Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Dienstag das Landeskabinett informieren.

Verteidigungsminister de Maizière mahnt zur Besonnenheit

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich am Montag nachdenklich und warf kritische Fragen auf. „Wo liegen eigentlich die Grenzen? Steht es uns als Öffentlichkeit wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen und zu gucken, was da los ist? Müssen wir von ihnen verlangen, offenzulegen, mit wem sie befreundet sind, was sie denken?“ Wenn der Fall Drygalla Anlass sei, etwas behutsamer mit dem Privatleben von Sportlern umzugehen, sagte de Maiziere, „wäre das eine gute Mahnung“.

Der Minister sagte, wenn es von Drygalla einen Antrag auf Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr gäbe, würde man ihn prüfen. „Aber in Ruhe. Und nicht in der Atmosphäre der letzten Tage“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Ein solcher Antrag lag zum 1. September schon vor. Er wurde aber am 2. August vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zurückgezogen, wie ein Ministeriumssprecher in Berlin sagte.

Unteressen herrscht beim Heimatverein Drygallas, dem Olympischen Ruder-Club in Kessin bei Rostock, Urlaubsstille. Kein einziger Sportler war unterwegs, die großen Hallen mit den Booten waren verschlossen, die Steganlage war verwaist. Der Ruderverband des Landes wehrte telefonisch jede Nachfrage zum Fall Drygalla ab und verwies an den Bundesverband.