Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten unter anderem Mord, versuchte Vergewaltigung mit Todesfolge und Nötigung zur Last. Foto: dpa/Boris Roessler

Nicht eingehaltene Termine, nicht abgeleistete Sozialstunden und auch weitere Vorwürfe sexueller Belästigung - schon vor dem gewaltsamen Tod der Schülerin Ayleen soll sich ihr mutmaßlicher Mörder nicht an Regeln gehalten haben.

Der mutmaßliche Mörder der 14-jährigen Ayleen soll bereits früher während einer Bewährungszeit und unter Führungsaufsicht wiederholt gegen Auflagen verstoßen und auch Straftaten begangen haben. Der Mann habe sich „dadurch ausgezeichnet, dass er sich an keine Regeln hielt“, sagte ein früherer Bewährungshelfer des heute 30-Jährigen am Montag als Zeuge vor dem Gießener Landgericht. „Die Bewährung verlief einigermaßen holprig.“ Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten unter anderem Mord, versuchte Vergewaltigung mit Todesfolge und Nötigung zur Last.

Der Angeklagte soll Ayleen am 21. Juli vergangenen Jahres mit seinem Auto in ihrem Heimatort Gottenheim nahe Freiburg abgeholt und sie in ein rund 300 Kilometer entferntes Waldgebiet nahe Langgöns in Hessen gebracht haben. Er und die Schülerin sollen sich über Chats in sozialen Netzwerken und ein Online-Spiel gekannt haben. Laut Anklage soll der Mann versucht haben, die Schülerin zu vergewaltigen und sie schließlich erwürgt haben. Ihre Leiche soll er dann mit dem Auto zum Teufelsee nahe Echzell im hessischen Wetteraukreis gebracht und versenkt haben.

Bereits als 14-Jähriger in der Psychiatrie

Bereits als 14-Jähriger war der Mann wegen einer versuchten Vergewaltigung und versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt und für mehrere Jahre in einer Psychiatrie untergebracht worden. Bis Anfang 2022 stand er unter Führungsaufsicht. Während seiner Zuständigkeit als Bewährungshelfer habe der Mann immer wieder Termine nicht eingehalten und Ausreden dafür vorgebracht, sagte der Zeuge. Auch zu Auseinandersetzung mit Handgreiflichkeiten, unter anderem mit einem früheren Vermieter der Wohnung der Mutter, sowie zu zwei Fällen sexueller Belästigung soll es gekommen sein. Zudem habe es seines Wissens bereits im Grundschulalter Übergriffe gegen Mitschülerinnen gegeben.

Den Angeklagten habe er als „dummdreist“, provokativ und überheblich erlebt. Er sei davon überzeugt gewesen, ihm könne keiner was, er sei jetzt frei und komme schon zurecht. Weder in schulischer noch beruflicher Hinsicht sei eine positive Entwicklung oder Zukunftsperspektive erkennbar gewesen, so der Zeuge. Ein Depotmedikament, das triebdämpfend bei dem Angeklagten wirken sollte, sei aufgrund einer beginnenden Osteoporose abgesetzt worden. Laut Behandlungsvertrag mit einer psychiatrischen Ambulanz sollte er daraufhin Veränderungen bei sich wahrnehmen und über Fragebögen der Ambulanz mitteilen. Begleitet wurde dies unter anderem durch Blutuntersuchungen.

Schwester des Angeklagten berichtet als Zeugin

Eine Schwester des Angeklagten berichtete als Zeugin unter anderem über einen Vorfall in einer Wohnung, die sie und weitere Familienmitglieder sowie der Angeklagte zeitweise gemeinsam bewohnten. Am Tag ihrer Trennung von ihrem früheren Verlobten im Jahr 2018 habe sie eine halbe Flasche Wodka getrunken. Ihr Bruder sei zu ihr gekommen und habe sie gefragt, ob sie ihm „helfen“ könne, weil er bei seiner damaligen Freundin „keinen hochkriegen“ würde. Er habe auch versucht, ihr zwischen die Beine zu fassen. Sie habe ihm klar gemacht, dass sie das nicht wolle, und sei aus dem Zimmer gegangen. Insgesamt beschrieb die Schwester die Familienverhältnisse als „ein bisschen zerrüttet“.

Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt. Dann soll ein psychiatrischer Gutachter zu Wort kommen, der sich mit der Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten befasst haben dürfte.