Viele offene Fragen im Fall des toten Kleinkinds Alessio. Foto: dpa

Nach dem Tod des kleinen Alessio im Januar steht das zuständige Jugendamt unter Druck. Nun richtet der Landkreis eine Expertenkommission ein. Auch Ministerin Altpeter fordert Antworten.

Freiburg - Knapp zwei Monate nach dem gewaltsamen Tod des dreijährigen Alessio plant der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald die Einrichtung einer Expertenkommission. Unabhängige Fachleute sollen den Fall untersuchen und Verbesserungsvorschläge machen, sagte ein Sprecher des Landratsamtes am Montag in Freiburg. Sie sollen mögliche Missstände aufdecken und so ähnliche Fälle verhindern. Der Kreistag werde am Mittwoch die Einrichtung der Kommission und die Aufarbeitung des Falls beschließen.

Das Jugendamt des Kreises steht in der Kritik, weil es den Jungen trotz mehrfacher Warnungen in der Familie gelassen hatte. Dort wurde er Mitte Januar zu Tode geprügelt. In Untersuchungshaft sitzt der Stiefvater.

Der Kommission angehören sollen Fachleute von Justiz, Wissenschaft, Polizei, Kinderschutz und Jugendhilfe. Sie werde die bestehenden Strukturen unter die Lupe nehmen und prüfen, wie die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Medizinern beim Kinder- und Jugendschutz verbessert werden könne. Geleitet werde das Gremium von einem früheren Landgerichtspräsidenten. Gleichzeitig sollen Experten des Deutschen Jugendinstituts und der Universität Koblenz die Arbeit des Jugendamtes im konkreten Fall überprüfen.

Das Regierungspräsidium Freiburg hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe als Aufsichtsbehörde eingeschaltet. Es war Mitte Januar offiziell zu dem Ergebnis gekommen, dass rechtlich alles in Ordnung sei.

Versäumnisse des Jugendamts

Im internen Prüfbericht, dessen Details nun an die Öffentlichkeit kommen, listet das Präsidium jedoch Mängel und Versäumnisse des Jugendamtes auf. So habe ein Sachbearbeiter alleine entschieden, es fehle eine ausreichende Begründung. Zudem vermissten die Prüfer nach Angaben eines Sprechers eine umfassende Dokumentation des Falls sowie die nötige Kommunikation. Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer (parteilos) will sich zu dem Fall nicht äußern.

Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) fordert weitere Aufklärung. Die zentrale Frage sei, warum das Jugendamt den in Lenzkirch im Schwarzwald lebenden Jungen wegen des Krankenhausaufenthaltes der Mutter nicht von seinem bereits als gewalttätig verdächtigten Stiefvater getrennt und wer dies entschieden habe. Dies sei bis heute nicht schlüssig beantwortet. Hinweise auf eine schwere Kindesmisshandlung hatte es den Angaben zufolge bereits seit dem Sommer 2013 gegeben, Mediziner hatten sie festgestellt.

Das zuständige Landratsamt wies die Vorwürfe zurück. Das Jugendamt habe rechtlich korrekt gehandelt und die bei solchen Verfahren geltenden Standards eingehalten, sagte Landrätin Dorothea Störr-Ritter (CDU). Dies sei sowohl vom Regierungspräsidium als auch vom Kreistag, der die Akten des Falls gesichtet hat, bestätigt worden.