Immer wieder werden im Internet Immobilien angeboten, die es gar nicht gibt. Unsere Redakteurin ist auf der Suche nach einer neuen Wohnung in Balingen auf so eine Anzeige aufmerksam geworden - und hat zusammen mit einem Polizisten versucht, mehr über die Betrüger herauszufinden.
„Suche Nachmieter für schöne 2-Zimmer-Wohnung: 56 Quadratmeter, Balkon, Einbauküche, Parkplatz, sehr gute Lage, Haustiere erlaubt“ - wow. Das klingt perfekt, dachte ich, als ich die Anzeige für eine Wohnung in der Alexanderstraße in Balingen entdeckte. Auf der Suche nach einem neuen Zuhause stöberte ich auf den gängigen Immobilienplattformen. Plötzlich ploppte diese Anzeige auf. Die Wohnung schien wie für mich gemacht zu sein. Sofort kontaktierte ich den Anbieter. Eine Antwort blieb jedoch vorerst aus.
Am nächsten Tag wurde die Anzeige gelöscht. Schade, dachte ich. Die Hoffnung wollte ich jedoch noch nicht aufgeben. Vielleicht hatten sich einfach sehr viele Interessenten gemeldet. Die Bilder in der Anzeige sahen sehr gut aus, die Lage - nahe der Balinger Innenstadt - klang perfekt. Deshalb kontaktierte ich den Anbieter noch mal, um auf mich aufmerksam zu machen.
Einen Tag später bekam ich dann tatsächlich eine E-Mail: Die Wohnung sei noch zu haben. Falls ich sie mal besichtigen wolle, solle ich mich noch einmal melden. Das tat ich dann auch. In der folgenden Antwort war von einem Besichtigungstermin jedoch nicht mehr die Rede. Stattdessen wurden die Kosten der Wohnung aufgelistet: 750 Euro Kaltmiete, 1500 Euro Kaution. Ich könne sofort einziehen. Die erste Zahlung in Höhe von 2250 Euro sei zum Mietbeginn zu zahlen. Außerdem schilderte die vermeintliche Eigentümerin der Wohnung, dass sie mit ihrer Familie in Spanien lebe, sich jedoch einige Tage frei nehmen könne, um zur Schlüsselübergabe zu kommen.
Eigentümer reagieren geschockt auf Betrugsmasche
Das kam mir komisch vor. Deshalb beschloss ich, einfach mal zu der angegebenen Adresse zu fahren. Vor Ort stellte ich auf den ersten Blick fest, dass das Haus nicht zu den Bildern der Wohnung in der Anzeige passte. Es war älter, mit kleinen Fenstern. Auch der Balkon war anders als abgebildet. Ich klingelte und sprach mit zwei Bewohnern des Hauses: Sie wüssten nichts von einer Wohnung, die bald frei werde. Die Eigentümer würden jedoch direkt im Nachbarhaus leben. Ich solle einfach mal dort klingeln und fragen.
Gesagt, getan. Ich erzählte den richtigen Eigentümern der Immobilie von der Anzeige und meinem E-Mail-Verkehr mit der vermeintlichen Besitzerin. Sie reagierten geschockt. Bei ihnen werde keine Wohnung frei, von der Anzeige wüssten sie nichts und in Spanien lebten sie natürlich auch nicht. Daraufhin beschloss ich den Vorfall bei der Polizei anzuzeigen.
Redakteurin arbeitet als Lockvogel mit Polizei zusammen
Solche Fake-Wohnungen werden im Internet immer wieder angeboten - auch in Balingen, erklärt Polizeisprecher Gerhard Jaudas. „Die Zahl der Anzeigen bewegt sich im Zollernalbkreis tatsächlich im einstelligen Bereich. Jedoch dürften die Dunkelziffer und damit die tatsächlichen Straftaten, aber auch die Vermögensschäden in Zusammenhang mit solchen Betrügereien, höher sein.“
Viele Betroffene würden solche Vorfälle nicht anzeigen. Das sei jedoch wichtig, weil die Polizei sonst keine Kenntnis von solchen Betrugsmaschen habe und folglich nicht ermitteln könne, erklärt der Sprecher weiter.
Es sei jedoch oft schwierig, die Betrüger zu schnappen. Schon auf dem Polizeirevier wurde mir gesagt, dass ich mir keine großen Hoffnungen machen solle, weil ich nur eine E-Mail-Adresse von den Betrügern bekommen hatte. Deshalb bot ich den Polizisten an, quasi als Lockvogel den Kontakt zu den Betrügern zu halten, um eventuell doch mehr über sie herauszufinden.
Vor der Besichtigung soll Geld fließen
Noch am selben Tag rief mich der ermittelnde Polizist an. Ich solle weiterhin behaupten, Interesse an der Wohnung zu haben und noch mal nach einem Besichtigungstermin fragen. Das tat ich auch. Außerdem bot ich an, rückwirkend für den Monat Miete zu bezahlen, wenn ich sofort einziehen könnte. Die vermeintliche Vermieterin schrieb mir daraufhin, dass das kein Problem sei. Allerdings wolle sie sicher gehen, dass es zu einem Vertragsabschluss kommt, bevor sie die Reise nach Deutschland antrete. In der Vergangenheit habe man ihr schon mal in letzter Minute wieder abgesagt. Das wolle sie vermeiden.
Deshalb werde sie die Wohnung auf einer Online-Plattform für Hotels, Ferienwohnungen und andere Unterkünfte inserieren. Dort solle ich die Wohnung dann reservieren und bezahlen - bevor ich sie überhaupt gesehen habe. Die Plattform würde das Geld bis nach der Besichtigung einbehalten und erst an sie auszahlen, wenn ich den Mietvertrag unterschrieben hätte. Wenn ich doch kein Interesse an der Wohnung hätte, bekäme ich das Geld wieder.
„Das ist eine gängige Methode, um die Leute um ihr Geld zu bringen“, erklärt mir der ermittelnde Polizeibeamte. Der Vorteil für die Betrüger: Durch die Plattform müssten sie mir keine Bankverbindung nennen, über welche die Polizei mehr über sie herausfinden könnte. „Deshalb können wir an dieser Stelle nicht weiter ermitteln. Jetzt müssten wir tatsächlich Geld bezahlen und das wäre dann weg“, erklärt der Polizist. Die Staatsanwaltschaft werde mich dann noch darüber informieren, dass das Verfahren eingestellt wird, schildert er den weiteren Ablauf.
So sollten sich Betroffene verhalten
Auch wenn wir in diesem Fall nichts über die Betrüger rausgefunden haben – es sei immer wichtig, Anzeige zu erstatten, betont Polizeisprecher Gerhard Jaudas: „Auch wenn es nicht immer gelingt, die Täter zu identifizieren, sind möglicherweise bereits gleich gelagerte Fälle und die Vorgehensweise von Tätern oder Gruppierungen bekannt oder es gibt bereits erste Erkenntnisse zu den Tätern“, erklärt er. In diesem Fall würde das den Ermittlungen weiterhelfen.
Doch wie sollten sich Betroffene verhalten, wenn sie den Verdacht haben, mit einem Betrüger in Kontakt zu stehen? „Grundsätzlich versuchen Betrüger mit falschen Inseraten von Interessierten Geldbeträge oder auch persönliche Daten zu bekommen. Mit Letzterem können weitere Betrügereien zum Schaden der Wohnungssuchenden umgesetzt werden“, erklärt der Polizeisprecher.
Deshalb sollte niemals Geld im Voraus bezahlt werden. Seriöse Anbieter würden das nicht verlangen. „Ebenso verhält es sich mit sensiblen Daten“, sagt Jaudas. Vorsichtig sollte man auch bei Überweisungen ins Ausland sein. Generell würden sich Betrüger oft als Vermieter ausgeben, die im Ausland leben und deshalb behaupten, erst nach Erhalt einer Vorauszahlung Wohnungsschlüssel zu übergeben oder nach Deutschland zu reisen. Das sei eine gängige Methode.
Polizei, Bank und Immobilienportal kontaktieren
Auffallend niedrige Mieten oder Kaufpreise seien außerdem oftmals ein Hinweis auf Betrugsmaschen. Ein eindeutiges Alarmsignal seien außerdem Texte mit auffällig vielen Rechtschreib- und Grammatikfehlern. Bilder in solchen Anzeigen seien oft aus dem Internet geklaut. Wenn Interessenten den Verdacht haben, dass es sich um eine Betrugsmasche handelt, können sie mittels der umgekehrten Bildersuche bei Google herausfinden, ob die Bilder anderweitig im Internet existieren.
Wenn sich Betroffene sicher sind, dass es sich um eine Betrugsmasche handelt, sollten sie immer alle Chatprotokolle und Mailverläufe speichern, um diese der Polizei bei einer Anzeige weiterleiten zu können, sagt Jaudas. Sollte bereits Geld überwiesen worden sein, sollen Betroffene umgehend ihre Bank kontaktieren, um die Zahlung, wenn möglich, rückgängig zu machen.
Nach der Strafanzeige bei der Polizei sollte man auch dem jeweiligen Immobilienportal melden, dass es sich bei dem Inserat um einen Fake handelt, damit andere Nutzer gewarnt und die Betrüger gesperrt werden können.