„Niedrige Preise, riesige Auswahl“ – so präsentiert sich der internationale Onlineversandhändler Amazon. Doch was, wenn diese unschlagbaren Preise und Rabatte eher irreführend sind? Wir haben mit der Verbraucherzentrale Baden Württemberg geredet, um Klarheit über die sogenannten „Pseudo-Schnäppchen“ zu bringen.
Im Oktober war der von Jeff Bezos gegründete Onlineversandhändler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg abgemahnt worden, der Grund: Die Verbraucherzentrale wirft Amazon vor, seine Kunden mit irreführenden Rabattangaben zu täuschen. Um die Angebote an Aktionstagen und -wochen wie „Prime Days“, „Black Friday“ oder „Cyber Monday“ attraktiver zu machen, zeigt Amazon die Unverbindliche Preisempfehlung (UVP) als Vergleich an. Das verstoße laut Verbraucherzentrale gegen das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) geltende Recht.
Seit der Mahnung hat sich aber offenbar nichts geändert, wie Oliver Buttler, Abteilungsleiter Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht, gegenüber unserer Redaktion erklärt. Daher ist die Verbraucherzentrale vergangene Woche einen juristischen Schritt weitergegangen und hat Anklage gegen das amerikanische Unternehmen eingeleitet.
Was besagt die Preisangabenverordnung (PAngV)?
Amazon wehrt sich gegen die Vorwürfe, obwohl es laut Preisangabenverordnung (PAngV) heißt: „Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.“ Wenn also Unternehmen mit einer Preisreduzierung werben, muss sich diese auf den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage beziehen. „Dabei sind UVP und Statt-Preise etwas anderes“, sagt Buttler. Amazon täusche mit dieser Werbung eine besondere Attraktivität der Angebote vor, die so eigentlich nicht existiert.
„Amazon hat unsere Vorwürfe infrage gestellt und behauptet, die Preisbindung gelte nur für den stationären Handel und nicht für den Onlinehandel. Total absurd“, so Buttler. Bei der Preisangabenverordnung gebe es keinen Unterschied, ob es sich um stationären Handel, einen Marktplatz oder Onlinehandel handelt. „Preis ist Preis und alle müssen sich an die Verordnung halten“, so der Experte.
Aufklärung über diese „Preisstrategie“
Um sich vor solchen Abzocken zu schützen, gibt Buttler mehrere Tipps. Er rät dazu, sich nicht durch aggressive Werbung verrückt machen zu lassen - sei es das glitzernde Glücksrad des chinesischen Online-Händlers Temu oder die vermeintlich unschlagbaren Rabatte bei Amazon. Ebenfalls sollte man sich von Hinweisen wie „andere Käufer kauften auch“ oder „nur noch wenige Artikel verfügbar“ nicht unter Druck setzen lassen.
Wie Buttler erklärt, basiert diese Strategie auf dem Aufbau eines Verkaufsdrucks. Am besten sollte man sich, bevor man etwas kauft, Gedanken machen: Brauche ich das Produkt wirklich? Wenn die Antwort „Ja“ lautet, empfiehlt er, über Vergleichsportale wie Check24 oder Idealo nachzuschauen. Dort wird zu jedem Produkt eine Jahresübersicht der Preisentwicklung angezeigt. So lassen sich die Preise im Jahresverlauf anschauen und vergleichen. Alternativ können Käufer direkt recherchieren, wie der Einstiegspreis eines Produkts aussieht und dementsprechend vergleichen.
Wichtig sei auch, sich nicht von seinem ursprünglichen Kauf-Plan abbringen zu lassen.
Die Geschichte wiederholt sich: Aldi-Fall im September 2024
Einen ähnlichen Fall gab es bereits im September 2024. Da saß das Einzelhandelsunternehmen Aldi Süd auf der Anklagebank. Die Verbraucherzentrale hatte gegen Aldi Süd geklagt, weil der Discounter in einem Prospekt mit durchgestrichenen Preisen geworben hatte, die sich nicht auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen, sondern auf einen zuvor geforderten höheren Preis. Den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage platzierte der Discounter in einem deutlich kleiner gehaltenen Fußnotentext. Somit täuschte der Lebensmittel-Großkonzern eine Preisreduzierung vor. Das Verfahren ging bis zum Europäischen Gerichtshof. Dieser gab der Verbraucherzentrale Recht, wie es auf der offiziellen Seite der Verbraucherzentrale Baden Württemberg zu lesen ist.