Der VDA fordert einen besseren Verkehrsfluss, um die Luftqualität zu verbessern. Das Kraftfahrzeuggewerbe befürchtet einen Wertverlust von Diesel-Autos. Der Zulieferer Bosch spürt die Verunsicherung an den Abrufzahlen.
Stuttgart - Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisiert das für 2018 geplante temporäre Fahrverbot für ältere Dieselmodelle an Tagen mit Feinstaubalarm. „Um die Luftqualität in den Städten zu verbessern, gibt es intelligentere und schneller wirkende Maßnahmen als temporäre oder gar dauerhafte Verkehrsbeschränkungen für einen Großteil der Diesel-Pkw im Bestand“, monierte der VDA in einer Mitteilung. Die Verbesserung des Verkehrsflusses und die Stauvermeidung seien demnach schneller wirkende Maßnahmen. Diese seien zudem kurzfristig umsetzbar und hätten eine große Wirkung, so der VDA.
„Grüne Welle und ein gleichmäßiger Verkehrsfluss bringen eine Reduktion der Stickoxidemissionen um fast ein Drittel“, schreibt der Branchenverband. Zudem, so der Verband, „sollten Busse und Taxis im städtischen Verkehr durch modernste Fahrzeuge ersetzt werden“. Beim VDA heißt es wörtlich: „Gerade in dem Bundesland, in dem die modernsten Dieselmotoren der Welt hergestellt werden, sollte man eigentlich erwarten, dass die politisch Verantwortlichen wissen, auf welcher industriellen Basis Wohlstand und Beschäftigung fußen“.
Preisverfall bei Diesel befürchtet
Das Kraftfahrzeuggewerbe in Baden-Württemberg hält ein Fahrverbot „unter den schlechten Lösungen“ noch als die vertretbarste. Denn „damit erstrecken sich die Einschränkungen auf einige Tage im Jahr mit ungünstiger Wetterlage und auf einen eng begrenzten Raum“, so das Kfz-Gewerbe. Dennoch sehen die Interessenvertreter große Probleme auf Bevölkerung und Unternehmen zukommen. „Durch Fahrverbote könnten Diesel-Pkw enorm an Wert verlieren“, kritisiert der Landesverband. Da sich kaum jemand, der einen gebrauchten Diesel fährt, ein neueres Modell leisten könnte, drohe die Gefahr, dass automobile Mobilität zur sozialen Frage werde. Zudem seien Kfz-Händler belastet, deren Gebrauchtwagenbestände abgewertet würden. Eine Schätzung, um wie viel der Wert für Dieselmodelle sinken könnte, wollte der Sprecher des Kfz-Gewerbes aber nicht abgeben.
Der Bundesverband freier Kfz-Händler ist da mutiger. „Wir gehen davon aus, dass sich im Moment die Preise um zehn bis 20 Prozent nach unten bewegen“, sagte Ansgar Klein, Geschäftsführender Vorstand der freien Kfz-Händler der dpa. Dabei habe die aktuelle Informationslage deutlichen Einfluss auf den Dieselmarkt.
Dieselbesitzer sind verunsichert
Die langwierige Diskussion über Feinstaub und Fahrverbot hat zu einer Verunsicherung der Dieselbesitzer geführt. „Das Image des Diesel hat Schaden erlitten“, sagte der Sprecher des hiesigen Kfz-Gewerbes. Der Verkauf eines Diesels im Südwesten sei – anders als in anderen Regionen Deutschlands – beratungsintensiver geworden. Wer auf sein Auto angewiesen ist und in Stuttgart fahren will, muss berücksichtigen, dass eine technische Nachrüstung so komplex sei, dass sie kaum realisierbar sei, ist aus der Branche zu hören. Nicht nur jeder Diesel-Fahrzeugtyp, sondern auch jeder Diesel-Motortyp müsste dafür eigens angepasst werden. Für die Anpassung sei ein tiefer Eingriff in die Motorsteuerung und die Abgasanlagen nötig. Wirtschaftlich sei dies kaum darstellbar, ist vom Zulieferer Continental zu hören.
Auch wenn das baden-württembergische Kfz-Gewerbe bisher noch keine großen Preisschwankungen erkennen kann, dürften die Kunden mittelfristig reagieren. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat für ihren DAT-Report 2017 eine Umfrage zum Thema Abgaswerte gemacht. Dabei ging es freilich nicht um Fahrverbote in Stuttgart und anderen Großstädten, sondern vor allem um den VW-Abgasskandal. Danach haben 15 Prozent der befragten Neuwagenkäufer bestätigt, dass sich der Abgasskandal direkt auf ihre Kaufentscheidung ausgewirkt habe. Gebauchtwagenkäufer waren demnach etwas weniger beeindruckt. Aber 28 Prozent der Neuwagenkäufer und 24 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer glauben, dass die Bedeutung des Dieselmotors im Vergleich zum Benzinmotor in Zukunft abnehmen werde.
Bosch spürt verhaltene Nachfrage
Der Zulieferer Bosch spürt bereits eine geringere Nachfrage nach Dieseltechnologie – in Europa sei die Nachfrage nach Pkw und in Nordamerika die nach Nutzfahrzeugen gesunken. Deshalb hat der weltgrößte Zulieferer an seinen drei deutschen Dieselstandorten – Stuttgart-Feuerbach, Bamberg und Homburg/Saar – die Weihnachtsferien verlängert. Zudem sei geplant, die Verträge mit zeitlicher Befristung, die kurz- und mittelfristig auslaufen, hierzulande nicht zu verlängern. Ein Bosch-Sprecher betonte aber, dass der Zulieferer hierzulande dennoch insgesamt ein stabiles Beschäftigungsniveau in diesem Jahr erwarte.
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