Wer kein Notfall ist, aber nicht mit einem normalen Auto zum Arzt, zur Dialyse oder vom Krankenhaus nach Hause kann, muss oft lange auf einen Krankentransport warten. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Mitten in die Diskussion um lange Wartezeiten und geringe Vergütungen im Krankentransport platzt eine Nachricht aus dem Kreis Böblingen: Dort fährt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) künftig nur noch eingeschränkt – weil man kräftig Minus macht.

Stuttgart/Böblingen - Das Schreiben lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Das DRK, genauer gesagt dessen Service und Krankentransport gGmbH Böblingen, teilt den umliegenden Rettungsleitstellen und Kliniken mit, dass vom 1. April an keine Krankentransportwagen (KTW) mehr nachts zwischen 19 und 7 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen gefahren werden. „Das bedeutet, dass wir KTW-Einweisungen, Rückfahrten in Pflegeeinrichtungen oder andere Kliniken sowie Krankenfahrten jeglicher Art in den genannten Zeiträumen ablehnen müssen“, heißt es in dem Brief, der unserer Zeitung vorliegt. Auch eine Begründung für den massiven Einschnitt wird mitgeliefert: Es entstehe „aufgrund der aktuellen Krankentransportvergütung pro Transport ein Minus von etwa 35 Euro“.

Anders als in der Notfallrettung teilen sich beim Krankentransport in Baden-Württemberg die großen Hilfsorganisationen und private Anbieter den Markt. Jeder Einzelne verhandelt dabei mit den Krankenkassen die Tarife. Seit Wochen herrscht eine Diskussion darüber, dass wegen zu geringer Vergütungen zu wenige Fahrzeuge unterwegs sind, Patienten teils stundenlang warten müssen und zudem KTW noch unbezahlt für Rettungswagen einspringen müssen. Nach der Berichterstattung in unserer Zeitung haben diverse Beteiligte die Lage kritisiert – beispielsweise der Ärztliche Direktor des Krankenhauses in Leonberg. Zuletzt hat ein privater Anbieter aus Stuttgart in einem offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Lösung gefordert.

Angebot der Krankenkassen inakzeptabel

Das DRK ist im Krankentransport ein wesentlicher Akteur, der im Kreis Böblingen an die 11 000 Fahrten pro Jahr übernimmt. Die künftige Lücke nachts und sonntags dürfte deshalb erheblich sein. Sie wird wohl von anderen Anbietern und Fahrzeugen, die eigentlich für die Notfallrettung vorgesehen sind, gefüllt werden müssen. „Wir sehen uns zu diesem Schritt gezwungen. Das letzte Angebot, das wir von den Krankenkassen bekommen haben, liegt weit unter dem, was wir bräuchten“, sagt der Böblinger DRK-Kreisgeschäftsführer Wolfgang Breidbach. Derzeit sei ein Schiedsstellenverfahren anhängig. „Wir hoffen, dass wir doch noch einen besseren Tarif erreichen können, um kostendeckend arbeiten und unsere Mitarbeiter so bezahlen zu können, dass sie davon leben können“, sagt er. Seinen Job verlieren soll keiner: „Wir wollen mit dem Personal im Sinne der Patienten die große Bugwelle bei den Fahrten am Tag abbauen.“

Wie viele andere Beteiligte fordert auch Breidbach eine bessere Bezahlung für KTW-Fahrten – sie liegt in anderen Bundesländer oft beim Doppelten. „Wir müssen gemeinsam mit den Kassen und den Verbänden zu einer Lösung kommen, die auch die Notfallrettung nicht belastet“, so Breidbach.