Ein Mädchen steigt in den Bus ein. Die Realität sieht oft anders aus. Es herrscht an vielen Schulbussen Gedränge. (Symbolbild) Foto: hedgehog94 - stock.adobe.com

Der Schulweg darf kein tägliches Risiko sein – Politik und Planer müssen handeln, findet unser Autor.

Kinder in überfüllten Bussen, kaum ein Platz zum Festhalten, beengt zwischen Schulranzen und größeren Schülern – und das Tag für Tag. Die Bilder, die Eltern aus Empfingen und den Horber Ortsteilen derzeit von der Linie 319 schildern, sind nicht nur beunruhigend. Sie sind alarmierend. Und sie werfen eine zentrale Frage auf: Wie viel ist uns die Sicherheit unserer Kinder auf dem Schulweg wirklich wert?

 

Wenn Kinder Panik schieben und schon zu Hause in Sorge sind, wie die nächste Busfahrt wird, dann läuft etwas schief. Und auch wenn Kinder Situationen nicht immer richtig einschätzen, sind solche Ängste ernst zu nehmen.

Immer mehr Schüler gehen nach Haigerloch

Seit Beginn des Schuljahrs hat sich die Zahl der Schüler, die das Schulzentrum Haigerloch aus Empfingen und Umgebung ansteuern, deutlich erhöht. Gleichzeitig fehlt es an ausreichenden Sitzplätzen, manchmal überhaupt an Platz im Bus. Kinder müssen stehen, sich an Haltestangen klammern – wenn sie denn eine erreichen. Wer keinen Halt findet, steht nicht nur unsicher, sondern ist bei jeder Bremsung oder Kurve akuter Verletzungsgefahr ausgesetzt. Angst, Unsicherheit und Stress prägen den Schulweg. Das kann niemand wollen.

Und doch wirkt es bislang so, als hätte man in der Verwaltung nicht mit dieser Entwicklung gerechnet. Dabei ist sie längst keine Überraschung mehr. Schon im Vorjahr zeigte sich, dass immer mehr Familien die Schulen außerhalb des Horber Sprengels bevorzugen. Inzwischen liegt die Zahl der Viertklässler, die sich für weiterführende Schulen außerhalb entscheiden, bei rund 45 Prozent. Ein Trend, der offenbar keine ausreichende Berücksichtigung bei der Verkehrsplanung gefunden hat.

ADAC sagt, wie Sicherheit am besten funktioniert

Dabei ist klar: Die Sicherheit im Bus darf kein Glücksfall sein. Laut ADAC sollten Kinder im Überlandverkehr möglichst nur auf Sitzplätzen befördert werden. Die Strecke von Empfingen und Haigerloch ist anspruchsvoll. Und sie ist auch nicht ungefährlich. Zwar ist der Linienverkehr von der Anschnallpflicht befreit, doch Sicherheitsgurte – wenn vorhanden – retten im Ernstfall Leben. Und auch wenn Stehplätze in bestimmten Bussen erlaubt sind: Die Auslastung darf gesetzlich vorgesehene Grenzen nicht überschreiten. Gerade für Kinder mit Schulranzen ist jeder zusätzliche Fahrgast ein Sicherheitsrisiko mehr.

Der Ruf nach Verstärkerbussen ist daher keine Überreaktion, sondern überfällig. Ebenso wie die klare Analyse: Wie viele Schüler nutzen welche Buslinien? Wo steigen sie zu? Wo muss kurzfristig entlastet werden – und wo langfristig geplant? Natürlich sind Busfahrer und Fahrzeuge begrenzt. Natürlich ist das Schulbus-System kein Wunschkonzert. Aber es ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Und wenn Kinder jeden Morgen mit einem unguten Gefühl in einen überfüllten Bus steigen müssen, haben wir als Gesellschaft versagt. Es darf nicht erst etwas passieren, damit gehandelt wird. Schülerverkehr ist kein Randthema. Er ist Teil der Bildungsrealität – und ein Test dafür, wie ernst wir unsere Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen nehmen.

Verkehrsplaner sind gefordert

Verkehrsplanung darf nicht nur reagieren, wenn sich Beschwerden häufen oder Wahlkampfveranstaltungen konkrete Hinweise liefern. Wer Schulen stärkt und den Bildungsstandort attraktiv machen will, muss auch die Wege dorthin mitdenken. Schülerströme verändern sich – der öffentliche Nahverkehr muss diese Entwicklungen antizipieren, nicht hinterherhinken.

Sicherheit auf dem Schulweg beginnt nicht erst im Klassenzimmer. Sie beginnt an der Haltestelle. Und sie endet nicht im Bus, sondern mit dem Gefühl: Ich komme gut und sicher in die Schule – und wieder nach Hause.