Klaus Geese, Vorsitzender der IG Velo Weil am Rhein, im Interview.
Die Stadt Weil am Rhein hat angekündigt, auf der Fahrradstraße Müllheimer Straße künftig Kontrollen durchzuführen. Beanstandet hatte den Missstand unter anderem die IG Velo, deren Weiler Ortsgruppe mit Klaus Geese an der Spitze viele Weiler Radler vertritt.
Vor einem halben Jahr ist in Weil in der Müllheimer Straße die erste Fahrradstraße eröffnet worden. Wie ist Ihre Erfahrung damit?
Ich fahre dort etwa drei bis vier Mal in der Woche, und finde schon, dass das entspannter geworden ist, vor allem auf dem Streckenabschnitt von der Vitra bis zur Bühlstraße. Fußgänger und Radfahrer verkehren dort auf getrennten Spuren.
Darüber hinaus ist mein Eindruck, dass wir durch die offizielle Einführung der Fahrradstraße nicht viel gewonnen haben. Auch vorher war dort schon eine Tempo-30-Zone. Man muss sich auf dem Streckenabschnitt südlich der Bühlstraße, weiterhin mit Autofahrern und Fußgängern arrangieren.
Wenn dort zusätzlich Autos parken, bleiben nicht die vorgeschriebenen drei Meter Fahrbahnbreite übrig.
Wie macht sich Rücknahme der Einbahnstraßenregelung für Autos auf einem Straßenabschnitt bemerkbar?
Die Einbahnstraßenregelung, die auf diesem Streckenabschnitt vorübergehend galt, machte eines deutlich: Autofahrer sind es gewohnt, diese Straße in beiden Richtungen zu befahren und, obschon es schon vorher nicht legal möglich war, auch auf ihr zu parken.
Mit der Einbahnstraße war dieses Fehlverhalten verschwunden; danach war es leider wieder anzutreffen.
Was könnte besser werden?
Die Straße ist zu schmal, um gefahrlos von allen Verkehrsteilnehmern gleichzeitig genutzt zu werden. Dort, wo es eng wird, in dem Streckenabschnitt ab der Einmündung der Bühlstraße bis zur Stadtbibliothek, entstehen gefährliche Situationen.
Besonders nachts und am Wochenende muss man sich als Radfahrer auf Fußgänger, die dort unterwegs sind, und parkende Autos einstellen. Hinzu kommt: Auf Höhe der Dreiländergalerie gibt es noch kein überzeugendes Konzept für die Radfahrer.
Wo würden Sie sich eine weitere Fahrradstraße oder -straßen wünschen?
Ich würde mir überhaupt mehr Fahrradstraßen wünschen, gern auch über längere Strecken. Die Schweizer sind da deutlich weiter.
Mein Eindruck ist, dass die Politik zögert, das Problem anzugehen. Denn letztlich ist es eine Frage der Umverteilung: Straßenraum steht nicht in unendlichem Maß zur Verfügung. Durch die „autogerechte Stadt“ – viele Jahre das Ziel jeder Stadtplanung – sind die Autofahrer seit Jahren gewohnt, ihn für sich zu beanspruchen.
Wie sollte Ihrer Meinung nach eine Fahrradstraße idealerweise gestaltet sein?
Nicht viel anders, als es bereits jetzt zwischen Vitra und der Bühlstraße der Fall ist. Radfahrer müssen dort nicht ständig ihr Augenmerk auf Autofahrer oder den Fußverkehr richten.
Eine Fahrradstraße sollte natürlich länger als hundert Meter sein und über Kreuzungen und Einmündungen hinweg geführt werden, und das möglichst gerade und nicht verschwenkt wie im Fall der Einmündung zur Bühlstraße.
Von der Innenstadt kommend, sehen Autofahrer dort aufgrund einer Mauer querungswillige Fahrradfahrer zu spät. Für uns heißt das: Wir müssen abbremsen und stets bereit sein, unseren Vorrang aufzugeben. Gut sind eigene Ampelanlagen an Aufstellflächen für Fahrradfahrer,wie es sie etwa in Lörrach schon gibt: Die Fahrradfahrer sammeln sich dort vor den Autos und verlassen die Kreuzung bei „Grün“ als erste.
Sind Sie ein Befürworter farbig markierter Fahrradstraßen - wie es sie in manchen Städten gibt? Warum oder warum nicht?
Schon heute sind Fahrradwege und –straßen an vielen Stellen farbig markiert. Solange die Farbe vom Material her so beschaffen ist wie bisher, nämlich dass sie bei Feuchtigkeit rutschig ist, möchte ich nicht mehr davon. Es geht häufig einfach darum, klare Zeichen zu setzen. Wichtig wäre, dass Fahrradwege und -straßen für Autofahrer deutlich erkennbar sind: indem man Piktogramme und Schilder dort platziert, wo diese sie auch sehen.
Gut finde ich auch die Lösung des erhöhten Radwegs in Haltingen bei der Einmündung in die Markgräfler Straße. Das sorgt bei Autofahrern für hohe Aufmerksamkeit.
Wie steht es um den Radverkehr in Weil am Rhein allgemein?
Konzeptionell hat die Stadt seit mehr als einem Jahrzehnt große Ziele (das städtische Radverkehrskonzept „velo2025“, beschlossen im November 2015, Anmerkung der Redaktion). Leider hinken wir denen so weit hinterher, dass es beinahe nötig ist dieses Konzept zu überarbeiten, bevor man an weitere Umsetzung denken kann.
Aktuell geht es eher um schnelle Lösungen für überschaubare Themen.
Wo besteht dringend Handlungsbedarf?
Handlungsbedarf besteht meines Erachtens am dringendsten in Haltingen bei der Zusammenführung der Verkehrsströme aus Richtung Binzen, aus dem Norden (B 3) und Eimeldingen. Die aus den drei Richtungen zusammentreffenden Verkehrsteilnehmer zusammen zu fädeln, ist schwierig.
Das wird nur mit Einschränkungen gehen. Vielleicht fehlt eine weitere Ampel. Ich sehe aber das Problem, dass die Stadt auf der Bundesstraße nur beschränkte Möglichkeit hat, Einfluss zu nehmen.
Wo sehen Sie die Verantwortung der Radfahrenden?
Wer am Straßenverkehr teilnimmt, sollte sich mindestens dort, wo andere betroffen sind, an die geltenden Regeln halten. Radfahrer sollten Vorfahrtsregeln kennen und beherzigen und haben auf der linken Straßenseite so wenig zu suchen wie auf Gehwegen. Fehlende oder falsch eingestellte Beleuchtung ist in der dunklen Jahreszeit ein großes Thema. Dass Fahrräder für den Schulweg ohne zuverlässige Lichtanlage verkauft werden, verstehe ich nicht.
Zur Person
Klaus Geese
(60), Elektroingenieur, ist seit 2021 Vorsitzender der IG Velo. Der verheiratete Vater zweier erwachsener Kinder wohnt in Haltingen.