Wie lange die Wirte der Färberstraße künftig ausschenken dürfen, wird heiß diskutiert. Nun ringt sich der Gemeinderat zu einem Kompromiss durch. Foto: Eich

Es ist die Aufregerdebatte zu Jahresbeginn: Soll die Sperrzeit in der Färberstraße in Villingen verlängert werden? Die Antwort auf diese Frage gab jetzt der Gemeinderat.

Villingen-Schwenningen - "Nichts ist einfacher, als zu sagen, dann schafft doch Ordnung", findet Oberbürgermeister Jürgen Roth.

Aber ein "Dann male ich halt meine Welt, wie sie mir gefällt", sei mit der Rechtsprechung und Realität eben nicht vereinbar, so das Stadtoberhaupt. "Das ist das Dilemma."

50 Anlieger laufen Sturm

Der Gesetzgeber habe den Kommunen vorgeschrieben, wieviele Dezibel sie ab 22 Uhr zulassen dürfen. Wo kein Kläger sei, könne das gut gehen – in der Färberstraße aber seien 50 Anlieger auf die Stadt zugekommen und hätten sich beschwert.

Eine Stellschraube, die die Verwaltung nun drehen möchte, ist eine Sperrzeitverlängerung. Im Verwaltungs- und Kulturausschuss habe man nun einen Kompromiss "austariert" – die Mehrheit sprach sich dafür aus, von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag die Sperrzeit von 5 auf 3 Uhr zu verlängern, an den übrigen Tagen auf 1 Uhr.

Auch Klaus Martin bewertete eine Sperrzeitverlängerung als "die letzte Chance" Ruhe in die Färberstraße zu bringen und sprach sich erneut für den im Verwaltungsausschuss favorisierten Kompromiss aus.

Es funktioniert – oder eben nicht

Oskar Hahn von den Grünen sieht es als Versuch: "Entweder es funktioniert, oder nicht", man müsse nach einem Jahr Bilanz ziehen. Er schlug sogar einen Beginn der Sperrzeit um 2 Uhr am Wochenende vor und stellte deshalb einen entsprechenden Beschlussantrag, der jedoch keine Mehrheit fand.

Tobias Kratt von den Freien Wählern sieht den Interessenskonflikt zwischen "in Ruhe wohnen und schlafen" und "Party machen". Wo zwei sich streiten, müsse man sich bekanntlich in der Mitte treffen – die Freien Wähler hielten deshalb ebenfalls am Kompromissvorschlag fest, allerdings wollten sie die für wochenends ins Auge gefasste Sperrzeit mit Beginn um 3 Uhr nicht nur für Wochenenden, sondern auch für Wochentage vor Feiertagen festlegen. Ein entsprechender Antrag war die Folge. Ebenfalls ein Anliegen der Freien Wähler: Gleiche Sperrzeiten für alle bezüglich der Außenbewirtschaftungen – der aktuelle Flickenteppich sei kontraproduktiv. Bezüglich der Sperrzeiten könne eine unterschiedliche Festlegung für unterschiedliche Gebiete in der Stadt auch zu einer Verlagerung des Problems nach 3 Uhr führen, dorthin wo die Sperrzeit erst um 5 Uhr beginnt. Das gelte es zu beobachten.

Ein "Richtig" gebe es hier nicht

In dieser Debatte die richtige Entscheidung zu treffen, sei "natürlich" schwierig, gab SPD-Stadtrat Nicola Schurr zu, im Grunde sei das "ein Teufelskreis". Dienlich wären zumindest detailliertere Informationen für das Gremium gewesen, um zu wissen, von wo die Ruhestörungen tatsächlich ausgehen, was die genaue Anzahl der Beschwerden und Ahndungen anbelange und weiteres. Sein Wunsch: Alle an einen runden Tisch, Konzepte zur Befriedung erarbeiten, mehr zu tun, als nur an der Sperrzeitenschraube zu drehen. Dem Kompromissvorschlag aus dem Verwaltungsausschuss und dem Antrag der Freien Wähler, diese Lösung auch auf Wochentage vor Feiertagen auszuweiten, unterstütze die SPD.

Außer Frage stand für FDP-Stadtrat Frank Bonath, dass Villingen-Schwenningen "eine Institution" wie die Färberstraße in Zeiten des Fachkräftemangels auch als Standortfaktor dringend benötige. Untermauert wurde das von den Jugendgemeinderat Jakob Swietlik während der Sitzung: "Das ist ein Ort, wo man sich auch mal treffen kann mit seinen Freunden", eine Stadt solle die Möglichkeit bieten, dass man "auch mal etwas länger" unterwegs sei. Für Bonath stand fest: Eine Sperrzeitverlängerung ist der falsche Ansatz, "das löst das Problem nicht" und sei zudem eine weitere massive Benachteiligung der Färberstraßenwirte gegenüber anderen.

Die AfD hörte sich, so Olaf Barth, bei einigen Wirten um – demnach könnten sie mit einer Sperrzeit am Wochenende ab 3 Uhr gerade so leben, keineswegs aber mit einem Sperrzeitbeginn um 2 Uhr. Das spreche für den Kompromiss aus dem Ausschuss.

Für den – allerdings in der erweiterten Form, also mit der Wochenendregelung auch vor Feiertagen – sprach sich letztlich auch die Mehrheit aus: 25 Gemeinderäte stimmten bei elf Gegenstimmen dafür, dass ab 1. März eine Sperrzeit ab 3 Uhr in Nächten auf Samstag und Sonntag sowie vor Feiertagen und 1 Uhr an den übrigen Tagen gilt.

Ob’s wirkt oder wie es sich auswirkt, soll nach einem Jahr berichtet werden.