Einige Frauen leiden an sehr starken Menstruationsbeschwerden. Spanien will den Betroffenen nun die Möglichkeit geben, sich bis zu drei Tagen pro Monat krank zu melden. (Symbolbild) Foto: dpa/Riedl

Spanien ist das erste europäische Land, das den sogenannten "Menstruationsurlaub" einführen möchte. Brauchen wir in Deutschland auch so ein Gesetz? Viele Frauen sagen ja - Experten halten das jedoch für überflüssig. 

Unterleibskrämpfe, Übelkeit, Kopfschmerzen: Unter diesen Symptomen - und weiteren - leiden viele Frauen, wenn sie ihre Periode haben oder bald bekommen. Das erschwert den Alltag der Betroffenen jeden Monat, für manche Frauen sind die Schmerzen gar fast unerträglich. In Spanien soll deshalb bald ein "Menstruationsurlaub" eingeführt werden: Frauen, die unter starken Periodenschmerzen leiden, sollen damit bis zu drei Tage pro Monat Zuhause bleiben dürfen, werden aber dennoch bezahlt. 

Viele User stimmen für einen Menstruationsurlaub in Deutschland

Mit diesem Gesetzesentwurf, der vom Parlament noch bestätigt werden muss, ist auch hierzulande eine Debatte darüber entstanden, ob es einen Menstruationsurlaub für Frauen braucht. Mit einer Umfrage auf Instagram haben wir unsere Follower gefragt, was sie davon halten: "Wenn eine Frau unter Periodenschmerzen leidet, dann auf jeden Fall", antwortet eine Userin. "Unbedingt! Es ist eine Zumutung in solchen Zuständen zu arbeiten. Zumal wir nichts dafür können", kommentiert eine andere Frau. "Selbst als Mann sage ich ganz klar: Ja! Das steht der Damenwelt zu", kommentiert ein weiterer User. Zwar schreiben auch einige Nutzer, dass sie das unnötig finden. Die meisten plädieren jedoch für die Einführung des Menstruationsurlaubs in Deutschland. "Die Konzentration nimmt bei Schmerzen ja auch ab", argumentiert eine Frau. Eine andere schreibt: "Ich finde die Idee großartig. Es ist total veraltet, dass es den Urlaub noch nicht in Deutschland gibt."

Gibt es nicht? "Bei starken Schmerzen gäbe es immer noch eine Krankmeldung", erinnert ein weiterer User und liegt damit nicht falsch: Denn während Arbeitnehmer in Deutschland bereits ab dem ersten Krankheitstag ein Recht auf Entgeltfortzahlung haben, gibt es das in Spanien nicht. Erst der nun beschlossene Menstruationsurlaub sieht eine Entgeltfortzahlung ab dem ersten Tag für die Spanierinnen vor, die unter ihren Regelschmerzen leiden und deshalb davon Gebrauch machen. 

Auch ein Sprecher des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erklärt: "Soweit die Menstruationsbeschwerden einer Arbeitnehmerin über das übliche Maß hinausgehen, mithin einen Krankheitswert haben und aufgrund der Krankheit die Arbeitsleistung nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausgeführt werden kann, begründet dies in Deutschland eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. In diesen Fällen kann daher – anders als in Spanien – ab dem ersten Tag ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber bestehen."

Krankheitstage wegen Regelschmerzen seien in Deutschland kein Problem

Auch die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (SPD) sieht aufgrund dieser Gesetzgebung keinen Bedarf an zusätzlichen Krankheitstagen für die an Menstruationsbeschwerden leidenden Frauen in Deutschland. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt sie, dass sie noch nie davon gehört habe, dass Krankheitstage aufgrund von Regelschmerzen ein Problem in deutschen Firmen seien. Denn auch wenn die Frauen den Grund ihrer Krankheit nicht nennen, könne die Personalabteilung anhand des Rhythmus ja einen Zusammenhang erkennen. Doch das sei hierzulande trotzdem kein Problem.

Die Politikerin erklärt außerdem, dass die Spanierinnen das Thema Menstruation aufgerollt haben, um es aus der Tabuzone herauszuholen. Das fände sie auch richtig, "denn das Thema sollte als Realität der Frauen grundsätzlich mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken." In Spanien wolle man in diesem Zuge auch Hygieneartikel, wie Tampons und Binden, kostenlos in Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellen. Das würde Breymaier auch in Deutschland begrüßen.

Die Bundestagsabgeordnete betont im Gespräch außerdem, dass sie den Begriff Menstruationsurlaub "knallblöd" findet. "Die Frauen nehmen sich ja nicht drei Tage frei, um shoppen zu gehen. Die haben sehr starke Beschwerden und würden viel lieber arbeiten." Deshalb sehe sie da auch keine Benachteiligung gegenüber Männern.

Auch sehe sie keinen beruflichen Nachteil für die Frauen, die aufgrund ihrer Regelschmerzen eventuell jeden Monat für mehrere Tage ausfallen. "Da könnte der Arbeitgeber ja auch sagen, dass er keine Frau einstellt, weil sie schwanger werden könnte", meint die Politikerin. Es komme trotzdem auf die Qualifikation an. In vielen Berufen seien die Arbeitgeber außerdem über eine qualifizierte Bewerberin dankbar - auch wenn sie ausfallen könnte.

Sind krankheitsbedingte Kündigungen möglich?

Bei häufigen Ausfällen sind in Deutschland jedoch auch krankheitsbedingte Kündigungen möglich. Könnte das doch ein Nachteil für die Frauen sein, die aufgrund starker Menstruationsbeschwerden womöglich jeden Monat für mehrere Tage ausfallen? Rechtsanwalt Stefan Haller von der Anwaltskanzlei Neudeck, Haller und Glaßbrenner in Schramberg-Sulgen glaubt das nicht. Er erklärt, dass die Menstruation per se zwar keinen "regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand" darstelle und daher nicht als Krankheit einzustufen sei. Jedoch können menstruationsbedingte Beschwerden wie Krämpfe und Ähnliches dazu führen, dass die betroffene Arbeitnehmerin ihre Arbeitsleistung nicht erbringen könne. In diesem Fall müsse der behandelnde Arzt eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.

Grundsätzlich sei es korrekt, dass der Arbeitgeber wegen häufiger, immer wiederkehrender Kurzzeiterkrankungen den Arbeitnehmer kündigen könnte. Das sei in diesem Fall eine personenbedingte Kündigung. Die rechtlichen Hürden einer solchen Kündigung seien jedoch sehr hoch, da diese in drei Stufen geprüft werden müsse: Zunächst müsse eine negative Gesundheitsprognose des Arbeitnehmers vorliegen, was bei menstruierenden Frauen tatsächlich der Fall sei. Aufgrund dieser Prognose muss der Arbeitgeber befürchten, dass er betriebliche oder wirtschaftliche Beeinträchtigungen erleiden könnte. Letztendlich sei zwischen den beiden Parteien des Arbeitsverhältnisses dann noch eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen.

"Mir persönlich ist keine einzige Entscheidung eines Arbeitsgerichts zu einer krankheitsbedingten Kündigung wegen wiederkehrender, jeweils menstruationsbedingter Arbeitsunfähigkeit bekannt", sagt Haller. Das Bundesarbeitsgericht habe jedoch zur Frage der Beeinträchtigung für den Arbeitgeber infolge von zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten bereits im Jahr 2014 entschieden, dass diese erst dann kündigungsrelevant werden können, wenn sie für mehr als sechs Wochen im Jahr anfallen. 

Anwalt gibt Einschätzung ab

"Eine vollschichtig tätige Arbeitnehmerin mit einem jährlichen Urlaub von sechs Wochen arbeitet etwa 46 Wochen im Jahr. In diesem Zeitraum dürfte elf bis zwölf Mal deren Periode auftreten", überlegt Haller. Selbst wenn die Arbeitnehmerin dabei jedes Mal für drei Tage ausfallen würde, wäre die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellte Bagatellgrenze von sechs Wochen nur knapp überschritten. "Damit dürfte einer eventuell von Seiten des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung spätestens im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Interessen der Parteien des Arbeitsverhältnisses scheitern", meint der Anwalt.

Grundsätzlich sei eine krankheitsbedingte Kündigung wegen wiederkehrender, menstruationsbedingter Arbeitsunfähigkeit einer Mitarbeiterin zwar denkbar. Seiner Meinung nach hätte sie in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren jedoch vermutlich keinen Bestand.  

Laut den Experten reicht eine gewöhnliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt also aus, wenn Frauen aufgrund ihrer Menstruationsbeschwerden nicht arbeiten können. Ein gesonderter "Menstruationsurlaub" wie in Spanien sollte deshalb in Deutschland erst einmal kein Thema sein.