Extreme Hitze, Gewitter, Starkregen: Da fühlen sich Schimmelsporen pudelwohl. Volker Stengel weiß, was man tun kann. Und welche Gesundheitsgefahren lauern.
Es ist ein bisschen wie bei der „Sendung mit der Maus“ oder im Physikunterricht, wenn der Schimmelexperte Volker Stengel aus Balingen erklärt, warum es eklige Flecken an der Decke gibt.
Da fallen Begriffe wie „relative Luftfeuchtigkeit“, „Wärmebrücken“ oder das sperrige Wort „wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke.“
Im Winter finden viele Menschen das Wetter „usselig“. Dann bleiben die Fenster zu oder werden nur auf Kipp gestellt, oft mit zugezogenen Vorhängen. Schön für den Schimmel, der dann optimale Bedingungen hat. Besser, so Stengel, ist richtig lüften. „Mindestens fünf Minuten.“ Bei Kipp würde der Luftaustausch bis zu zwei Stunden dauern.
Und im Sommer, wenn es draußen dämpfig ist wie im Regenwald? „Entweder man hält das dann drinnen aus“, sagt Stengel. „Oder man stellt einen Luftentfeuchter auf.“ Auch Naturmaterialien wie Holz sind gut.
So lüftet man im Sommer richtig
20 Minuten lang sollte bei diesigem Wetter gelüftet werden – zwei bis drei Mal am Tag. Der Diplomingenieur bringt eine Skizze aufs Papier, jongliert mit Zahlen und erklärt dann, wie es im Schlafzimmer mit der Luftfeuchtigkeit aussieht. Zwei Personen zum Beispiel würden in der Nacht etwa anderthalb Liter Flüssigkeit ausschwitzen oder ausatmen. Bei 20 Grad Raumtemperatur können Holzmöbel oder Wände fast einen Liter aufnehmen. Bei nur noch 15 Grad sind es um die 600 Milliliter. Der Rest lässt die Scheiben beschlagen.
Das Fiese am Schimmel: erst sieht man ihn nicht. Die Kontamination kann man anfangs nur unter dem Mikroskop nachweisen. Wenn die Sporen Futter gefunden haben, zum Beispiel durch tote Fliegen oder feuchte Blumenerde auf der Fensterbank, kann der Experte mit geübten Blick den ersten Befall erkennen.
Schwarzschimmel kann krank machen
Bis auch der Laie sieht, dass etwas nicht stimmt, könne je nach Schimmelart viel Zeit vergehen. Die Pilze können alle Farben des Regenbogens haben. Besonders gefährlich ist der Schwarzschimmel, „ein fieser Kerl“, wie Stengel sagt. „Aspergillus niger“ lautet der botanische Name und das klingt eigentlich ganz nett. Aber: Er sollte so schnell wie möglich entfernt werden,, denn er verursacht Atemwegsprobleme, Ausschläge, oder der Darm kann verrückt spielen. Dann hilft nur der Gang zum spezialisierten Arzt oder Gesundheitsbiologen, der ein auf Pilzsporen gerichtetes großes Blutbild erstellt.
Den Schimmel selbst entfernen? Das findet der Sachverständige keine gute Idee. Die Mittel aus dem Baumarkt würden keine dauerhafte Lösung bringen, da sie das Myzel in der Wand nicht erreichten. Und: „Es gibt Schimmelarten, da darf auch ich als Fachmann nicht länger als zwei Stunden im Raum arbeiten.“ Denn die winzigen Sporen können in die Lunge eindringen und von dort aus durch den ganzen Organismus wandern.
Spezielle Farben können vorbeugend wirken
Extrem kritisch sieht Stengel Raufasertapeten. Sie bestehe aus zwei Lagen, zwischen denen Holzschnipsel verarbeitet sind. Bei der Herstellung braucht es Wasser, die Tapete wird mit Leim auf Wasserbasis an die Wand geklebt, gestrichen wird mit Dispersionsfarbe – ebenfalls auf Wasserbasis. „Wir haben da schon drei Mal Wasser im Spiel“, sagt der Experte.
Um es dem Schimmel schwer zu machen, rät er zu spezieller Wandfarbe. Hier kommt wieder die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke ins Spiel: Die Farbe adsorbiert Feuchtigkeit, tut also das Gegenteil von Aufsaugen. „Auf gut Deutsch sagt die Farbe: Ich lass dich hier nicht rein!“