Der Angeklagte habe sich vor einer jungen Frau entblößt, sagt diese. (Symbolfoto) Foto: andranik123 – stock.adobe.com

Ein delinquenter Endzwanziger betrat jüngst das Amtsgericht Oberndorf in Begleitung seiner Pflichtverteidigerin und einer Dolmetscherin, die für die Simultanübersetzung in die englische Sprache zuständig war.

Schramberg/Oberndorf - Die Anklage der Staatsanwaltschaft beschränkte sich auf drei Tatkomplexe. So soll der aus Nigeria stammende Mann, welcher zurzeit in der JVA Heimsheim sitzt, zunächst im März 2021 eine Angestellte im Schramberger Bürgerbüro beleidigt und deren Schreibtisch beschädigt haben. Nach eigener Aussage sei der Angeklagte im Rathaus erschienen, um etwas zu bezahlen, und wurde nach langer Wartezeit des Hauses verwiesen. Daraufhin betrat er das Bürgerbüro und rüttelte an einer Plexiglasscheibe, die sich wegen der Covid-19-Schutzmaßnahmen auf einem der Schreibtische befand. Dass die Scheibe umfiel und den Schreibtisch beschädigte, daran erinnere er sich nicht mehr. "The table is stronger than the glass", konnte er sich nicht vorstellen, dass der stärkere Tisch durch das schwächere Glas schaden nehmen könne. Auch sei es zu keiner Beleidigung gekommen.

Ohnehin Hausverbot

Nach der Zeugenaussage eines Polizeibeamten sei ein Notruf eingegangen, dass der Angeklagte im Bürgerbüro "randalieren" würde. Nachdem er das Bürgerbüro verlassen sollte, sei er sehr verstimmt gewesen und hätte an der Glasscheibe gerüttelt und die Anwesenden beleidigt. Ferner habe der Angeklagte in den Räumen der Stadt Schramberg ohnehin Hausverbot, weil er bereits öfter dort arbeitenden weiblichen Angestellten Avancen gemacht hatte.

Freund attackiert

Doch damit nicht genug. Dem Angeklagten wurde ferner zur Last gelegt, sich aufdringlich gegenüber einer jungen Frau benommen und auch entblößt zu haben. Ihren Freund, der später das Gespräch mit ihm suchen wollte, soll er mit einem aus der Erde gezogenen Schneeleitpfosten zu bewerfen probiert haben, was durchaus unter den Tatbestand der versuchten gefährlichen Körperverletzung fallen könnte.

Den Vorwurf der exhibitionistischen Handlung stritt der Endzwanziger ab, er habe mit der Frau geredet, sich aber dann abgewendet und in einen Busch uriniert. Später sei dann ihr Freund in seine Wohnung gekommen und habe versucht ihn zur Rede zu stellen. Von diesem habe sich der Angeklagte aufgrund seiner feuchten Aussprache provoziert gefühlt und ihn dann aus der Wohnung geschoben, er wollte über den Vorfall nicht reden. In seiner Rage griff er sich besagten Pfosten und zog ihn aus der Erde, dies sei jedoch alles, an das er sich erinnere.

Belästigte sagt aus

Die angeblich belästigte Frau äußerte, sie habe mit ihrem Freund die Kfz-Werkstatt seines Vaters in einem Ortsteil Schrambergs besucht. Während ihr Freund diesem zur Hand ging, hielt sie sich im angrenzenden Garten auf. Dort fand sie der Angeklagte, der unweit seinen Wohnsitz hatte, und bat um Hilfe. Nachdem sie einige Worte wechselten, kam ihr der Angeklagte immer näher und versuchte, sie zu küssen, woraufhin sie zurückwich und um Hilfe schrie. Daraufhin soll der Angeklagte stehen geblieben und die Hosen heruntergelassen haben. Nach dieser traumatischen Erfahrung betrat sie entgeistert die Werkstatt und berichtete ihrem Freund unter Tränen von dem Vorfall.

Freund sagt das gleiche

Die Aussage der Zeugin deckte sich mit der ihres Freundes, welcher anschließend befragt wurde. Als er merkte, wie seine Freundin aufgelöst in die Werkstatt kam, wollte er den Übeltäter zunächst identifizieren. In einer kleinen Ortschaft mit "grünem Schild", wie er es betitelte, war der Kreis der Verdächtigen eher klein, so kam er nach einiger Zeit auch an dem Haus vorbei, wo der Angeklagte seinen Wohnsitz hatte. Als dieser gefragt wurde, ob er soeben einer Frau sein Geschlechtsteil präsentiert habe, antwortete er lediglich mit einem schamhaften Lächeln.

Plötzlich aggressiv

Als ihm klargemacht wurde, dass dies nach deutschem Recht nicht erlaubt und ohnehin nicht in Ordnung sei, reagierte er auf einen Schlag aggressiv und wollte ihn aus seiner Wohnung vertreiben. Selbst nachdem der Freund das Gebäude verließ und ankündigte, dass sich die Polizei um den Vorfall kümmern würde, lief der Angeklagte ihm weiter hinterher und versuchte, den schwarz-gelb lackierten Pfosten in Richtung des Freundes zu schleudern. Zwar wurde das Wurfobjekt nicht ähnlich einem Speer, sondern mit beiden Händen waagrecht über dem Kopf geworfen, jedoch sah der Freund trotz der Landung circa drei Meter neben sich ein nicht großes Verletzungsrisiko und auch einen Vorsatz beim Verursacher. Danach wurde schlussendlich auch die Polizei verständigt.

Bewährung und Freispruch gefordert

Der Staatsanwaltschaft genügten diese Aussagen, so forderte sie eine Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung, wobei sie die Vorwürfe zum Geschehen im Bürgerbüro einstellte. Der Angeklagte sei als Exhibitionist bereits vorbestraft und als "tickende Zeitbombe" zwei Jahre lang einem Bewährungshelfer zu unterstellen. Zugutehalten konnte ihm die Staatsanwaltschaft, dass er sich direkt am Anfang für seine Taten entschuldigte, dies wiege jedoch nicht die enorme psychische Belastung auf seinen Opfern auf.

Seine Rechtsanwältin sah das anders. Sie habe sich schon persönlich mit ihm unterhalten und zu keinem Zeitpunkt gefährdet gefühlt. So sei er sehr ruhig aufgetreten, aber auch eine gewisse Verzweiflung sei aufgrund seines Migrationshintergrundes und Sprachbarrieren bemerkbar gewesen. Sie plädierte demnach auf Freispruch in beiden Fällen.

Richterin verhängt Geldstrafe

Die Amtsrichterin entschied letztlich auf eine Verurteilung des Angeklagten zu 120 Tagessätzen à 25 Euro, zudem habe dieser die Prozesskosten zu tragen. Sie begründete dies mit der glaubhaften, schlüssigen und widerspruchsfreien Aussage der Zeugen, ferner seien weitere, ähnliche Vorfälle schon länger bekannt gewesen. Ob Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt wurden, ist der Redaktion noch nicht bekannt.