Er schätzt „die Qualität, die wir im Kader haben, nicht nur einmal, sondern mindestens zweimal. Es ist immer einer da, der eine Position gleichwertig eins zu eins übernehmen kann“, sagt Khedira über die Nationalmannschaft. Auch Real Madrid hat Qualität, eine hohe Qualität. Aber bei der Nationalelf laufen alle Fäden zusammen, die Mannschaft ist eingespielt, die Automatismen sind tausendfach eingeübt, ein Rädchen greift ins andere.
In Madrid dagegen herrscht Alarmstimmung. „Mit Trainer Carlo Ancelotti erleidet Real einen Schrecken nach dem anderen“, stöhnte das Sportblatt „As“ zuletzt. Real hatte 3:2 bei UD Levante gewonnen. Bis zur 89. Minute hatte der Gegner 2:1 geführt.
„Schlafwagenfußball“ biete Real unter dem Italiener, lautet das geringschätzige Urteil in Spanien. „Von dem versprochenen schönen Fußball ist nichts zu sehen“, meckert „AS“. Die Konkurrenz von „Marça“ ätzt gegen Ancelotti und die Rolle, die er Sami Khedira übertragen hatte – eine Art Spielmacher, wie Özil es ist: „Etwas läuft schief, wenn ein Mann wie Khedira die Hauptlast des Spielaufbaus trägt“, schimpfte das Blatt, „der Deutsche ist ein guter Assistent oder Schildknappe, aber man darf ihm nicht die Regie in einem Team wie Real Madrid überantworten.“
Khedira lässt sich nicht anmerken, wie es in ihm aussieht, da ist er Profi genug. Und doch wird rasch deutlich: Zufriedenheit sieht anders aus. So bekommt ein Satz schnell die Wirkung eines Sprengsatzes. „Wenn man die Qualität eines Mesut Özil abgibt“, sagt er, „dann schadet das jeder Mannschaft.“ Wer will, darf das als leise Kritik an seinem Arbeitgeber verstehen. Real hat in diesem Sommer die Weltrekord-Ablöse von 100 Millionen Euro für den Waliser Gareth Bale gezahlt. Die 50 Millionen Euro, die es für Özil gab, hat der Verein aber nicht in einen annähernd gleichwertigen Nachfolger investiert.
Jetzt müssen sie alle das Beste daraus machen. Allen voran Sami Khedira, dem als Sechser eine besondere Verantwortung zukommt. „Carlo Ancelotti hat ein bisschen andere Vorstellungen als José Mourinho, wie unser Spiel aussehen soll“, sagt er, „ich bin als Defensivspieler gefordert, das Gleichgewicht auf dem Platz herzustellen.“ Das ist leichter gesagt als getan: Real kassiert zu viele Gegentore. „Mit Mesut habe ich das Zusammenspiel Jahr für Jahr verfeinert“, sagt Khedira. Spaniens Supertalent Isco, sein neuer Mittelfeldpartner, „fordert die Bälle anders als Özil, aber unser Zusammenspiel wird besser werden.“ Irgendwann – wenn es dann nicht zu spät ist.
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