Große Begeisterung kam bei den Mitgliedern der Eutinger Narrenzunft auf, als die Eutinger Musikkapelle bei der Martinisitzung spielte. Foto: Feinler Foto: Schwarzwälder Bote

Martinisitzung: Eutinger Narrenzunft lädt zur traditionellen Veranstaltung / Sauschwänzle und Sauerkraut serviert

Die Tradition der Martinisitzung mit Martinilicht und Schätzspiel sowie Brauchtumsrede lässt die Narrenzunft Eutingen wieder aufleben.

Eutingen. Im Eutinger Schützenhaus sorgten die Sportschützen für die Bewirtung.

Anfangs war die Zahl der Besucher der Eutinger Martinisitzung noch überschaubar, denn einige Mitglieder waren beim vorausgegangenen Martinslauf gewesen. Doch spätestens als die Musikkapelle Eutingen mit dem Eutinger Narrenmarsch das Schützenhaus betrat, füllte sich der Wirtsraum. Zum Schneewalzer und weiteren Stimmungsliedern schunkelten die Anwesenden, klatschten und hatten große Freude.

Das Zunftmeister-Duo Stefan Rüth und Thorsten Weiß lud nach dem Einmarsch der Eutinger Musikkapelle zum traditionellen Sauschwänzle und Sauerkraut ein, was in Ringelschwanzhausen schon eh und je an der Martinisitzung serviert wird.

Bräuche reichen bis weit ins Mittelalter zurück

Wie wichtig der Narrenzunft Eutingen das Brauchtum ist, zeigte Weiß. Der Zunftmeister hatte sich wieder größte Mühe gemacht, seinen Narren-Kameraden zu erklären, wie die Fasnetszeit berechnet wird und warum die Tage wie Schmotziger oder Aschermittwoch immer an unterschiedlichen Daten sind. Zu Beginn stellte er die Frage in den Raum "Warum die Fasnetssaison mal länger und mal kürzer" ist. Einige rätselten, dass dies mit dem Mond oder mit dem Kirchenjahr und dessen Feiertage zusammenhänge. Immerhin sei doch der Aschermittwoch nach Meinung mancher 40 Tage von Ostern entfernt.

Die Zuhörer erfuhren dann aber, dass dies nicht ganz stimmt. 47 Tage zähle ein Narr nach dem Fasnetsdienstag, lange bekannt als Veilchendienstag, bis Ostern. Er faste jedoch 40 Tage und Nächte. "Die Sonntage werden doch nicht gerechnet", erklärten aufmerksame Zuhörer. Welchen Hintergrund das hatte, wusste der Zunftmeister: "Als die Synode von Benevent 1091 die Sonntage in der Fastenzeit als Gedächtnistage der Auferstehung Jesu vom Fasten ausnahm, rückte deshalb der Beginn der Fastenzeit um sechs Wochentage vor. Die Fasnacht endet seitdem am Dienstag nach dem siebten Sonntag vor Ostern und die Fastenzeit beginnt mit dem folgenden Mittwoch, dem Aschermittwoch." Die Erklärungen beschrieb Weiß als notwendig, denn den Narren und vor allem dem Nachwuchs soll gezeigt werden, dass die Fasnet nicht nur ein "Feierfest" ist, sondern dass die Bräuche schon bis weit ins Mittelalter und frühere Zeiten zurückreichen. Zudem gehören die Fasnet und der die Region lange Zeit prägende Glaube eng zusammen.

Begriffe wie Bauerafasnet, die drei "tollen Tage" mit Schmotzigen, Fasnetssonntag und Fasnetsdienstag sowie die Fasnet im Wandel thematisierte der Zunftmeister so stark, dass sogar Jakob Holocher, Brauchtumsmeister des närrischen Freundschaftsrings Neckar-Gäu nur zustimmend nicken konnte. Wer das verinnerlichen wollte, konnte sich bei Weiß die kommenden Fasnetskalender bis 2050 holen. "Ist da auch der Musikantenball drauf?", scherzte Gerold von der Eutinger Musikkapelle.

Dieser hatte große Freude beim traditionellen Martinilicht, dem Reimen von vier Begriffen zu vier Versen. Mit "Martinilicht, Martinilicht, ich leucht‘ dir ins Angesicht. Zeig mir du lieber Narrengeist, ob du ein schönes Sprüchle weißt", ging Thorsten Weiß mit der kleinen Laterne von "Dichter zu Dichter". Gerold las die Begriffe Hexa, ignoriera, gemmelig und Dreikönig vor: "Die Eutinger Hexa sind eweil gemmelig." Den Rest konnte er nur unter lautem Gelächter der Zuhörer vorlesen, denn der Dichter hatte sich so manchen Spaß erlaubt.

Gesamthöhe aller 24 Narrenräte schätzen

Rolf bekam Hilfe von seiner Schwester und so wurde aus geizig, Lädschad, Teufelsmask und heila: "Dia Teufelsmask en de Lädschad (Lettstatt) wellet heila alle Fasnetsblätscha, aber weil se z’geizig send am Heilkräuter kaufe, sende se selt verfraura." Selbst Musikerkamerad Mark hatten die Dichter einen Tipp zu seinen Begriffen "Luftgass": "In der Luftgass isch‘s, wenn‘s regnet nass."

Zum Brüllen waren die Vierverser, nach denen sich die Narren an das Schätzspiel wagten. In Zentimeter sollten sie die Gesamthöhe aller 24 Narrenräte bestimmen, wenn man sie stapeln würde. "Im Liegen oder Stehen?", wollte einer der Besucher wissen und die Menge lachte. Mit 4128 Zentimetern anstatt den gemessenen 4134 Zentimetern, holten sich Sebastian und Tobias den Schinken. Das niedrigste Ergebnis war 3857 und das höchste 6760 Zentimeter.

Der Erlös aus dem Spiel ging an die Eutinger Schützenjugend.