Kommt hier ein KVT oder nicht? Die Bürger entscheiden hierüber am Sonntag. Foto: Lück

KV-Terminal: Offener Brief sorgt für Knalleffekt. Kurz vor dem Bürgerentscheid kommen neun Unternehmen mit Vorschlag aus Reserve.

Eutingen - Kurz vor dem Bürgerentscheid kommen neun Unternehmen mit einem Vorschlag aus der Reserve, der aufhorchen lässt: Sie wollen die für das KV-Terminal vorgesehenen Flächen erwerben. Was steckt dahinter? Wahltaktik oder echtes Interesse?

Die Veröffentlichung des offenen Briefs in unserer Zeitung am Donnerstag hat noch einmal für einen Knalleffekt im Endspurt zum Bürgerentscheid gesorgt. Die Eutinger Firmen, die den Brief unterschrieben haben sind Reuko Klima Service, Schreinerei Pfeffer, Kieferle Maschinenbau, Paletten-Service Volker Grau, FHAP Haustechnik, Spedition Elsässer, Berner Gartenbau, Rebaro Fernwärmetechnik und Weingärtner Kabel.

Unternehmer holen sich Rechtsbeistand

Dass sich mehrere Eutinger Firmen gegen das KVT aussprechen, ist nicht neu. Schon vor der zweiten Bürgerversammlung hatten sie das in einem offenen Brief kundgetan. Doch dieses "Alternativ-Interesse" an den Grundstücken haben die Firmen nun in letzter Sekunde als mögliches Lösungskonzept publik gemacht. Der interne Abstimmungsprozess habe bis zur letzten Minute gedauert, sagt Michael Platz von Reuko Klima Service im Gespräch mit unserer Zeitung.

In einem Gespräch zwischen Bürgermeister und den Unternehmern, so Platz, hätten sich die Unternehmer klar gegen das KVT positioniert. Sie hätten erwartet, dass Jöchle den Gemeinderat darüber informiert und gehofft, dass man darauf entsprechend reagiert. Das sei aber nicht passiert. Auch ein weiteres Gespräch über gemeinsame Lösungen für das Gebiet zwischen Bürgermeister und Unternehmer sei denkbar gewesen, aber nicht zustande gekommen.

Daraufhin habe man recherchiert, ob ein Kauf möglich sei, so Platz, wozu man sich Rechtsberatung einholte. Zur Zeit steht man mit der Bahn in Kontakt über den Erwerb der Bahnfläche.

Durch den Kauf der Bahnfläche soll unter anderem verhindert werden, dass sich künftig an dieser Stelle unerwünschtes Gewerbe ansiedelt, wie in "Horrorszenarien« häufig beschrieben.

Michael Platz lässt keinen Zweifel daran, dass die neun Unternehmen der Gemeinde ein attraktives Angebot für den Erwerb der Gemeindeflächen unterbreiten werden. »Die finanziellen Mittel werden wir gemeinsam aufbringen", versichert er.

Er wünscht sich dort eine Gewerbeansiedlung, die nachhaltig Gewerbesteuer, Arbeits- und Ausbildungsplätze bringt. Die Unternehmer wünschen sich eine »handwerkliche Nutzung« der Fläche. Zudem wird man auf Partnerfirmen zugehen, um diese für eine Ansiedlung zu gewinnen. Man sei auch bereit, mit der Gemeinde an einem Runden Tisch weitere Alternativen zu finden.

Ein KVT passe laut Platz nicht in das eher handwerklich geprägte Gewerbegebiet am Bahnhof. "Die Unternehmen haben dort viel investiert und wünschen sich ein Umfeld, das ein weiterhin erfolgreiches Arbeiten möglich macht".

Zudem hält er es für Panikmache, wenn gesagt werde, ohne KVT könnte die Gemeinde beispielsweise keine Hallensanierungen schaffen. "Viele Gemeinden haben einen schlechteren Haushalt als Eutingen", sagt Platz. Mit guter Planung könne man aus Eutingen etwas machen und die Dorfidylle trotzdem bewahren. Die Unternehmer wollen mit dieser Initiative ihren Beitrag dazu leisten.

Bürgermeister Armin Jöchle schüttelt hingegen über die Vorgehensweise der Unternehmer den Kopf. Zeitpunkt und Vorgehensweise findet er "fragwürdig". Drei Monate seien seit der zweiten Bürgerversammlung vergangen. Viel Zeit also, um diesen Vorschlag zu präsentieren, findet Jöchle. "Am 5. November 2015, also fünf Tage vor dem Bürgerentscheid, erhält der Gemeinderat und ich über die Zeitung das Angebot einiger Unternehmer, dass diese bereit sind Gewerbegebietsflächen für 2,0 Millionen Euro von der Gemeinde zu kaufen." Hat das Ganze also ein Geschmäckle? Ist das ein Wahlkampfmanöver ohne konkrete Basis? Jöchle spricht das zwar nicht so deutlich aus, aber zwischen den Zeilen lassen sich solche Gedanken vielleicht erkennen. »Wie muss eine Gemeindeverwaltung ein Angebot werten, dass sie über die Presse vier Tage vor einem Bürgerentscheid erhält? Üblicherweise landen Anfragen nach Gewerbeflächen bei mir über einen anderen Weg auf dem Schreibtisch (Brief, Email, Telefon). Was soll die Gemeindeverwaltung aber auch die Bürgerschaft von einem solchen Vorgehen halten? Es verwundert auch, warum die Bahn eine schriftliche Anfrage erhalten hat und die Gemeinde das Interesse aus der Zeitung erfahren muss«, zeigt sich der Bürgermeister entrüstet.

Jöchle wundert sich über plötzliches Interesse

Keiner dieser Unternehmer habe mit ihm oder dem Gemeinderat in den vergangenen Monaten ein Gespräch in dieser Sache gesucht. "Es ist kein Vorschlag oder Lösungsansatz für Alternativen bei uns angekommen."

Es sei auch keine Information angekommen, dass einige Eutinger Unternehmer weitere Gewerbegebietsflächen benötigen. "Unabhängig davon stehen im östlichen Teil des Gewerbegebiets auch mit einem KVT noch genügend Flächen für Erweiterungen der ortsansässigen Firmen zur Verfügung. Das ist den Unternehmern auch bekannt."

Jöchle wundert sich über das plötzliche Interesse. Denn in der Vergangenheit habe sich niemand für diese Flächen interessiert.