Hier auf dem Flugfeld vor dem Postfrachtzentrum könnte ein Gewerbegebiet entstehen – doch nicht jeder möchte dies. Foto: Morlok

Kommunales: Egbert Badey und Tina van Villeneuve sind gegen Umwidmung von Gelände für IKG

Eutingen-Göttelfingen. Die Gemeinde Eutingen und die Stadt Rottenburg planen auf einer rund 60 Hektar großen freien Fläche zwischen Eutingen, Ergenzingen und Baisingen, dem jetzigen Flugplatz-Gelände, den Bau eines interkommunalen Gewerbegebiets. Dagegen formiert sich bereits der Unmut einer Bürgerinitiative, und auch im Göttelfinger Ortschaftsrat ist man geteilter Meinung.

Zumindest haben sich die Rottenburger ihren Anteil von 40 Hektar beim Regionalverband Neckar-Alb schon dafür reservieren lassen. Für Eutingen soll nun geprüft werden, ob man das Areal ebenfalls von einer Vorrangs- in eine Vorbehaltsfläche umwidmet. Im Klartext bedeutet dies, dass man eine Fläche, die vorrangig nur für Grünland und Ackerfläche reserviert ist und nicht bebaut werden darf, dahingehend umwidmet, dass sie unter gegebenen Umständen auch bebaut werden kann. Zum Beispiel mit einem schicken, gewinnbringenden Gewerbegebiet.

Hitzige Diskussion um Feldflugfläche

Obwohl Bürgermeister Armin Jöchle in seinem Entwurfs-Schreiben an den Regionalverband Neckar-Alb davon ausgeht, dass der Gemeinderat seiner Stellungnahme zur 5. Änderung des Regionalplans mehrheitlich folgt, sprachen sich die Ortschaftsräte Tina van Villeneuve und Egbert Badey gegen eine Umwidmung des Geländes aus. Ortsvorsteherin Svenja Gluth und Rat Joachim Gölz wollten sich hingegen alle Optionen offenhalten. Das "Zünglein an der Waage", Ortschaftsrat David Brittain, fehlte entschuldigt.

Dieser Beschlussfassung ging eine recht kontroverse Diskussion, in der sich die Räte teils auch an der Sitzungsvorlage beiliegenden Stellungnahme von Bürgermeister Armin Jöchle orientierten, voraus.

Der Schultes plauderte in diesem Papier entweder aus dem Nähkästchen einer nichtöffentlichen Vorberatung oder er hatte in den Sommerferien einen Hellseherlehrgang erfolgreich bestanden. Zumindest wenn man sein Schreiben am Tag vor der Gemeinderatssitzung liest, so bleibt kein anderer Schluss übrig. So schreibt er mit Datum 15. September: "Der Gemeinderat der Gemeinde Eutingen im Gäu hat die auf Seite 105 und 106 dargestellten Änderungen des Regionalplans im Ausschnitt Rottenburg-Baisingen mit der Umwandlung der ehemaligen Feldflugplatzfläche bei den Festsetzungen ›Regionaler Grünzug‹ und Fläche für die Landwirtschaft von der Vorrang- in Vorbehaltsfläche in der Sitzung am 15. September 2020 beraten und diese Stellungnahme am 15. September 2020 mehrheitlich beschlossen. Sofern eine Gewerbegebietsentwicklung auf dem ehemaligen Flugfeld stattfinden sollte, ist diese als interkommunale Gewerbegebietsnutzung mit der angrenzenden Fläche der Gemeinde Eutingen im Gäu vorstellbar. In der Gemeinde sind bereits mehrere Logistikunternehmen angesiedelt. Daher legt der Gemeinderat großen Wert auf die Aussage in Kapitel 2.4.3.1 Plansatz Z 4, dass eine Gewerbeentwicklung am Flugfeld nur ›interkommunal und für den Bedarf größerer produzierende Betriebe‹ ermöglicht wird. Trotz der guten Verkehrsanbindung dieses Gebietes will der Gemeinderat an dem Standort keine weiteren Logistikunternehmen ansiedeln. Der Gemeinderat geht davon aus, dass die Frage einer Gewerbeentwicklung auf dem Flugfeld im Bauleitplanverfahren entschieden wird, sofern im Änderungsverfahren der Regionalpläne Neckar-Alb und Nordschwarzwald keine unüberwindbaren Hinderungsgründe festgestellt werden".

Für Ortsvorsteherin Gluth ist damit noch nicht entschieden, ob eine Gewerbefläche entstehen kann, obwohl vom Gemeinderat bereits 2018 einstimmig beschlossen wurde, die Fläche als Interkommunales Gewerbegebiet bereitzustellen. Dies zur sinnvollen Neuansiedlung von Betrieben und um die Auspendlerzahl zurückzustellen.

"Hier wird kein privates Eigentum angegriffen. Nur zwei kommunale Eigentümer sind im Besitz der gesamten Fläche", betonte die Ortsvorsteherin. Nach ihrer Ansicht wäre bis zur endgültigen Endscheidung ausreichend Zeit, um mit den Bürgern zu diskutieren und gegebenenfalls sogar einen Bürgerentscheid herbeizuführen.

Gute Symbiose sei nun wichtig

Gemeinderatsmitglieder aus Weitingen wollen, dass die Entscheidung, was angesiedelt wird, immer bei der Gemeinde bleibt. Dies schrieben sie in einer modifizierten Tischvorlage. Rückendeckung bekam die Ortsvorsteherin von Rat Joachim Gölz. Er findet, dass jetzt eine gute Symbiose zwischen Nabu, Gewerbe und Wohnen wichtig sei, doch, dass die nächste Generation entscheiden wird, wo sie Gewerbe ansiedeln möchte. "Ich appelliere für einen Interessenausgleich – Natur erhalten und die Wirtschaft generieren", wünschte sich Gölz die Eier legendewollmilchsau. Svenja Gluth appelliert, jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen und "nicht mit nebulösen Argumenten das Ganze heute schon zu kippen."

Rat Egbert Badey ist da ganz anderer Ansicht. "Wir hätten wahnsinnige Einschränkungen in Bezug auf Wasser (Grundwasser), Luft und Fauna. Auch sind seltene Tierarten auf diesem Areal heimisch." Badey hob auch die große Flächenversiegelung, die mit dem Bau eines Gewerbegebiets einhergehen wird, hervor. "Ergenzingen kann bei den starken Klimaschwankungen buchstäblich ersaufen", so seine Befürchtung. Er machte zudem darauf aufmerksam, dass es dort oben großflächige, gute Ackerflächen gibt, und als Ausgleich sollen kleinzerstückelte Ackerflächen angeboten werden, die für jeden Landwirt mit den großen Maschinen unwirtschaftlich zu bearbeiten wären.

Alles in allem kommt er, ebenso wie Tina van Villeneuve, zu dem Schluss, wenn man der Regionalplanänderung zustimmt und die Gemeinde Eutingen den Fuß in die Tür bringt, dass dann das Gewerbegebiet über kurz oder lang auch kommen wird.

"Wer sich das Ganze komplett durchdenkt, der kann nur dagegen sein", so sein Fazit. "Wenn wir heute die Natur zerstören, dann können wir das nicht mehr reparieren. Wir sollten das nicht zulassen", lautete sein Appell.

Svenja Gluth hingegen sagte: "Wir sollten allen Bürgern die Chance geben, sich zu entscheiden." Und auch hier konnte Badey kontern. "Auf welcher Informationsbasis sollen sich die Leute in das Thema einarbeiten?" Wütend merkte er noch an: "Ich finde es unmöglich, dass die Gemeinderats-Unterlagen bis heute Mittag noch nicht im Internet für jedermann verfügbar waren. Das ist Verschleierungstaktik!"

Mit einem Unentschieden wurde der Antrag auf Umwidmung zumindest vom Göttelfingen Ortschaftsrat abgelehnt. Doch ob der Gemeinderat tatsächlich mehrheitlich dafür ist, wird sich nun zeigen. Das wird spannend.