Maibaum-Tradition: Sportfreunde Rohdorf können ihrer Aufgabe nicht nachkommen / Feldbinder wünscht sich privaten Schmuck

Eine langgepflegte Vereinstradition kann ausgerechnet im Jubiläumsjahr 1250 Jahre Rohrdorf nicht umgesetzt werden, denn die Sportfreunde Rohdorf (SFR) dürfen aufgrund der Corona-Pandemie dieses Mal keinen Maibaum aufstellen.

Eutingen-Rohrdorf. Einige Rohrdorfer erin nern sich noch an die Zeit, als die Vereinsfunktionäre mit viel Kraft den Baum beim Hirschhof aufstellten. "Früher sah der Hof anders aus, der war nicht so leer. Da war eine Mischde", erinnert sich SFR-Ehrenvorsitzender Gerhard Schweizer. Fast schon majestätisch zierte die Tanne, meist eine Weißtanne, den Hof. Damals seien die Bäume höher gewesen als heute – oft mehr als 25 Meter hoch. Auch der Kranz sei größer gewesen. Geschmückt wurde der Baum mit selbst gebundenen Rosen.

Im roulierenden System stellten die Sportfreunde und der Liederkranz Rohrdorf den Baum mit rund 20 Mann anfangs noch von Hand auf, später mit Traktoren. Die größten Bulldogs mit Umlenkrollen kamen zum Einsatz, wobei einer in Richtung Ortskern fuhr, um den Baum in die Höhe zu bringen. Eine Person musste dann am Baum aufsteigen, um die Seile loszubinden. Heute wird alles mit dem Frontlader und ohne das gefährliche Abbinden umgesetzt.

Mit der Zeit kamen die Narrenzunft Rohrdorf und die Feuerwehrabteilung Rohrdorf dazu, der Liederkranz musste altersbedingt aufhören. Und auch der Platz wurde gewechselt, stand doch der Baum jedes Jahr neben der massiven Litfaßsäule beim Rathaus. "Da hingen schon Persil- und Zigarettenwerbungen. Als der Kindergarten gebaut wurde, hat man den Betonring abgerissen", erinnert sich der Rohrdorfer. Damals war die Ortsstraße nicht so gerade wie heute, und eine Zeit lang befand sich auch der Brunnen neben dem Baum. Die Tradition blieb jedoch über die Jahre hinweg die gleiche. Bei den Sportfreunden banden die Frauen aus Krepppapier die anfangs bunten Rosen, bei den SFR heute die rot-weißen Rosen in Vereins- und Ortswappen-Farben. Die Männer holten den Baum aus dem Wald. Der Förster hatte zuvor den Baum markiert. Beim Fällen mussten Ehrenamtlichen aufpassen. Fiel der Baum ungeschickt, fehlten ihm nachher einige Äste. Mit einem alten Leiterwagen mit Wagenrad mit Achse wurde der Baum in den Ort gebracht. Die Männer raspelten die Rinde weg. Der Kranz wurde gebunden und mit Schleifen versehen. Zudem wurde der Baum geschmückt.

"Wir haben uns auch schon überlegt, ob es zu den Krepppapier-Rosen eine Alternative gibt", so Schweizer, da je nach Witterung die Farben zum Teil stark verblassen würden. Doch eine Alternative sei nicht gefunden worden.

Während des Aufstellens habe schon eh und je die Feuerwehr die Verkehrsregelung über nommen. "Ich weiß nicht mehr, ob es 2011 oder 2014 war. Da hatte es zuvor stark geregnet. Der Baum war schwer, und während des Aufstellens ist er dann gebrochen", erinnert sich Schweizer. Die Helfer seien schon spät dran gewesen, und durch das Abbrechen des Baums mussten sie nochmals in den Wald. Weil es zur Tradition gehörte, dass man am nächsten Morgen bei der Maiwanderung der Feuerwehrabteilung Rohrdorf dabei ist, trafen sich die Sportfreunde am 1. Mai um 6 Uhr zum erneuten Baumaufstellen. "Und danach ging es zur Wanderung", denkt Schweizer an einen langen Tag zurück.

Nie vergessen wird er auch das Jahr 2008, als es so kalt war, dass die Helfer im Mehrzweckraum den Baum bewachten. "Drei Nordstetter hatten den Baum angesägt und hauten gerade ab, als wir sie erwischt hatten. Aber wir haben noch das Kennzeichen gesehen", erinnert der Rohrdorfer sich. Als Schadensersatz zahlten die Täter knapp 800 Euro.

Im vergangenen Jahr musste die Feuerwehrabteilung Rohrdorf ihren Baum sicherheitshalber fällen, denn Unbekannte hatten diesen angesägt. Dabei hatte die Feuerwehr den unteren Teil mit einem Schutz versehen. Daher geht sie davon aus, dass der unbekannte Täter auf einer Leiter stehend mit einem Gerät den Baum ansägte. Nur gut, dass kein starker Wind aufkam, denn der Baum hielt nur noch an ganz wenigen Stellen. Die Feuerwehrabteilung fällte das rund 25 bis 27 Meter hohe und schön geschmückte Rohrdorf Mai-Wahrzeichen und stellte den Baum damals erneut auf.

Diese Aufgabe können die Sportfreunde dieses Jahr nicht erfüllen. "Wir finden es schade, dass die lange Tradition pausiert", erklärt der heutige SFR-Vorsitzende Manfred Feldbinder und fügt hinzu: "Uns fehlt halt was. Ist ja schon immer ein schönes Frühjahrszeichen, auch wenn es in Rohrdorf nicht so ein Event ist, wie in manch anderen Orten." Der Vorsitzende wünscht sich jedoch, dass die Rohrdorfer im Zuge von 1250 Jahren etwas Farbe in den Ort bringen, und vielleicht schmückt ja der eine oder andere in den Rohrdorfer Wappenfarben Rot-Weiß seine Bäume oder seinen Hauseingang.