Gaby Fried und Heiner Ueckerre sozialiseren herrenlose Tiere in Hundewaisenhaus in Rohrdorf.
Eutingen-Rohrdorf - All seine Geschwister sind vor seinen Augen an einer Krankheit gestorben. Übrig blieben nur er selbst und seine Mutter. Die Folgen? Angst vor fremden Menschen und ein eigener Kopf, der ihn zeitweise ziemlich stur sein lässt. In seiner Vergangenheit hat Rüde Domenico einiges erlebt und wird auch noch lange brauchen, bis er das alles verarbeitet hat. Alleine ist er dabei glücklicherweise nicht. Im Doggy-House in Rohrdorf wird ihm geholfen, einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Ist dies geschafft wartet eine neue Familie auf den Hundewaisen.
Familiäres Verhältnis zu Tieren ist spürbar
Das Doggy-House ist kein typisches Tierheim. "Wir sehen uns eher als kleiner Kindergarten", erklärt Gründerin Gaby Fried. Und auch das familiäre Verhältnis zu den Tieren ist deutlich spürbar. Maximal fünf Hunde nimmt sie mit ihrem Partner Heiner Uecker auf ihrem 1000 Quadratmeter großen Grundstück auf, um sich optimal um diese kümmern zu können. "Wir hatten auch schon sieben Hunde da, aber das war zu viel. Wir kamen gar nicht mehr an jedes einzelne Tier ran, sondern waren nur noch Vermittler", erklärt Uecker. Nachdem die Tiere geimpft wurden, lernen sie, im Doggy-House mit anderen Tieren und Menschen umzugehen. Auch an der Leine zu laufen, ist für viele Hunde neu und muss erst trainiert werden.
Neben den vom Veterinäramt in Freudenstadt zugewiesenen Hunden bekommen die beiden Tierschützer auch viele Waisen aus einem Refugio – einer Art Tierheim – in Andalusien. Dort haben sie engen Kontakt zu einer deutschen Pflegerin, die sie über die Jahre bereits gut kennengelernt haben. In ein paar Wochen geht es auch für Fried nach Andalusien – dort will sie vier Wochen lang im Refugio mithelfen und sich um die herrenlosen Tiere kümmern.
Seit zwei Jahren ist das Doggy-House nun ein eingetragener Verein, existiert hat er jedoch schon lange vorher. Schon 2014 zog sich das Paar aus seiner Selbstständigkeit zurück, vergrößerte sein Grundstück und verwandelte es in ein Hundeparadies. "Wir haben viel Erfahrung mit Hunden und haben uns entschieden, etwas zurückzugeben. Was liegt da näher, als der Tierschutz", erklärt Fried ihre Beweggründe. Allerdings ist ihr auch bewusst, dass sie nicht alle Hunde retten kann: "Wir machen das was geht, aber jeder Hund hätte es verdient."
Dass, die Grenze des Möglichen überschritten wurde, wurde dem Paar erst 2014 bewusst: Mit den hohen Kosten, die in den kommenden zwei Jahren als Kleingewerbe anfallen würden, hatten sie nicht gerechnet. Da diese auf Dauer für das Paar nicht tragbar waren, folgte 2014 der Eintrag ins Vereinsverzeichnis.
Mit nur vier Mitgliedern ist das Doggy-House zwar ein kleiner Verein, hat aber dennoch eine recht hohe Vermittlungsrate: "Wir vermitteln bis zu 80 Tiere pro Jahr, das ist eine ziemlich gute Quote", betont Uecker. Geld verdient das Paar damit nicht. "Wir machen das alles komplett ehrenamtlich. Unser Lohn ist, die Leute und Tiere glücklich zu sehen", stellt Fried klar.
Viele der Hunde, die ihren Weg ins Doggy-House finden, haben in der Vergangenheit Schlimmes erlebt. Dort sollen sie das alles hinter sich lassen. "Wenn die Tiere hier ankommen, werden sie erst einmal gewaschen. Wir waschen quasi alles Alte ab, damit sie in ein neues Leben starten können", erklärt Fried ihre Tradition. Das scheint zu funktionieren: Trotz der schwierigen Bedingungen in der Vergangenheit der Hunde, war bisher noch nie ein Unruhestifter dabei. "Die Hunde sind so ruhig und vertragen sich untereinander super", sagt auch Fried.
Fälle wie Sit gibt es nur selten
Die Arbeit im Doggy-House ist jedoch nicht immer ganz einfach, wie Uecker erzählt. "Wir hatten mal einen Rüden da, Sit hieß der. Er wurde in Andalusien von einem Auto angefahren und daraufhin von der Polizei schwer verletzt in einem Graben gefunden. Sie entschlossen sich, die ersten Operationskosten zu zahlen, doch irgendwann ging das Geld aus." Mit Spendenaufrufen konnten die insgesamt zehn benötigten Operationen finanziert werden, danach kam Sit ins Doggy-House. "Irgendwann hat die Metallplatte wieder angefangen durch die Haut zu scheuern, deshalb ist er momentan wieder in Andalusien und wird noch einmal operiert, danach kommt er wieder nach Deutschland", erzählt Uecker von dem tragischen Schicksal.
Fälle wie Sit gibt es allerdings nur selten. Öfter dagegen, finden die Familien nach ihrer Zeit im Doggy-House ihr großes Glück so wie Hündin Nischa. "Sie hatte einen Fuß verloren und kam als kleines Dreibein hier an. Wir haben sie dann in eine Familie in Mühlen mit vier Kindern vermittelt. Dort fühlt sie sich pudelwohl und betreut die Kinder wie eine Amme. Sie geht sogar mit in den Kindergarten", freut sich Fried.
Bleibt zu hoffen, dass auch die fünf Hunde, die momentan im Doggy-House wohnen, einen geeigneten Partner finden. Während die meisten Hunde nur zwei bis drei Wochen im Waisenhaus bleiben, bevor sie vermittelt werden, gibt es auch ein paar Ausnahmefälle. Vermittelt werden die Hunde auch nur dann, "wenn wir den Funkenflug sehen, zwischen Mensch und Tier", bezeugt Fried.
Ein Ausnahmefall ist Rüde Bono. Der andalusische Wasserhund ist Autist und braucht deshalb ein bisschen länger, bis er bereit ist, für eine neue Familie. "In ein paar Wochen ist auch er so weit", ist sich Uecker sicher. Dann wird er Besitzer finden, die ihn hoffentlich seine Vergangenheit vergessen lassen und ihn so nehmen wie er ist: als den kleinen "Forrest Gump" der Tierwelt, wie Gaby Fried in beschreibt.