Ganze Bäche, die dem Neckar zufließen sollten, sind ausgetrocknet. Foto: Spotts

Ganze Bäche, die dem Neckar zufließen sollten, sind ausgetrocknet. Fische kämpfen um Überleben.

Eutingen-Weitingen/Horb-Mühlen - Die Hitze und Trockenheit in diesem Jahr setzen der Natur zu. So auch den Flüssen und Bächen in Eutingen und Horb. Die Fische kämpfen um ihr Leben, Algen verbrauchen den Großteil des Sauerstoffs in der Nacht und Zuflüsse des Neckars sind komplett ausgetrocknet.

Harald Dold ist besorgt. "Die Wassertemperatur des Neckars ist für die Fische, die darin leben, momentan nicht optimal, sie bekommen nicht genug Sauerstoff", berichtet er. Ein kurzer Besuch beim Wasserkraftwerk Norz Eyach und schnell wird klar, wovon der Neckartal-Ranger spricht. Direkt am Wasserkraftwerk versucht ein Aal vergeblich, den Neckar flussaufwärts zu schwimmen. Ihm ist seine Kraftlosigkeit anzumerken. Das Tier wird immer weiter stromabwärts getrieben. Bald wird der Aal gestorben sein – erstickt. Neben ihm erleidet eine kleine Gruppe Fische im gleichen Moment das selbe Schicksal.

Warmes Wasser bindet Sauerstoff schlechter

Wie viel Sauerstoff ein Fisch verbraucht, wird von der Wassertemperatur bestimmt. Je wärmer das Wasser ist desto mehr Sauerstoff benötigen die Tiere. Je zehn Grad höherer Temperatur verbraucht ein Fisch etwa doppelt so viel Sauerstoff als bei der niedrigeren Temperatur. Warmes Wasser bindet Sauerstoff bedeutend schlechter als kaltes Wasser.

Fische haben außerdem eine Wohlfühltemperatur, die bei karpfenartigen Fischen (sogennante Cypriniden) höher liegt als bei den lachsartigen Fischen (sogenannte Salmoniden). Folglich haben die Cypriniden auch eine ausgeprägtere Temperaturtoleranz und können mit höheren Wassertemperaturen zurecht kommen als die Salmoniden. Im Neckar lebt ein Mix beider Arten, erzählt Dold: "Von den derzeitigen hohen Temperaturen profitieren die karpfenartigen Fische, denn diese ermöglichen den Tieren, im Neckar zu laichen – das können sie nicht jedes Jahr." Doch auch den Cypriniden wird es irgendwann zu heiß. Und bei höheren Wassertemperaturen werden Fische anfälliger für Krankheiten und Parasiten.

Fadenalgen-Problem

Erschwerend komm hinzu, dass der Neckar momentan ein Fadenalgen-Problem hat. Durch die Sonne und die damit einhergehende Wassererwärmung wird das Wachstum der Pflanzen gefördert. Die Pflanzen produzieren mittels Photosynthese dann zwar Sauerstoff am Tag, doch in der Nacht verbrauchen sie selbst so viel Sauerstoff, dass am Morgen kaum noch etwas davon für die Fische übrig ist.

Algen sterben außerdem vermehrt ab, sinken dann zum Grund, bilden am Boden eine Decke, unter der Gärgase entstehen, die die toten Pflanzen dann an die Oberfläche drücken und dort wiederum das Sonnenlicht blockieren. Die noch gesunden Algen können also nicht so viel Photosynthese betreiben und damit Sauerstoff produzieren, wie es nötig wäre.

Ganze Bäche ausgetrocknet

Durch die anhaltende Hitze und den fehlenden Niederschlag in diesem Jahr ist nicht nur der Neckar auf einem niedrigen Wasserstand. Ganze Bäche, die in den Neckar fließen, sollten sind ausgetrocknet. Zum Beispiel in Mühlen. Ein Bach der dort fließt ist komplett ausgetrocknet, man kann im Bachbett erkennen wie hoch der Wasserstand hier normal sein sollte, aber kein Tropfen Wasser fließt dort derzeit. "Das kalte Wasser der Bäche fehlt jetzt natürlich im Neckar", erklärt Dold. In weiteren Bächen und Kanälen in dem Horber Teilort sieht es kaum besser aus. Die Wasserstände sind erschreckend niedrig, lediglich noch wenige Zentimeter hoch.

"In den Monaten Februar bis Juli fielen in Baden-Württemberg nur etwa 60 Prozent des Regens, der normalerweise üblich ist für diesen Zeitraum", vergleicht Dold. Und auch in den kommenden Tagen sollen die Niederschläge gering sein, die Temperaturen jedoch bald wieder hoch sein.

Starkregen wäre Super-Gau

Ein schlimmeres Szenario könnte allerdings eintreten, wenn es zu Starkregen kommen sollte: "Das wäre sozusagen der Super-Gau. Die Kläranlagen könnten den Starkregen nicht schlucken und das Wasser würde ungeklärt in die Gewässer gespült", verdeutlicht der Neckartal-Ranger. Fatal angesichts dessen, dass die Fische bereits um ihr Leben kämpfen, da es ihnen momentan schon an Sauerstoff mangelt und das Wasser oft zu warm ist.

Bereits etliche Fische mussten in den vergangenen Wochen ihr Leben lassen und es werden noch mehr werden. Einzugreifen, wie das bei stehenden Gewässern wie Seen möglich ist, in dem man Wasser zuführt oder das Gewässer umwälzt, funktioniert bei fließenden Gewässern wie dem Neckar nicht.

Hoffnungslos ist die Situation nach Dolds Einschätzung trotzdem nicht: "Wir hatten dieses Jahr einfach Glück, denn trotz der Probleme, die wir im Moment haben, werden viele Fische es überleben." Was man tun kann, um die Situation wenigstens ein bisschen zu verbessern? "Kein Wasser aus dem Neckar entnehmen. Jeder Liter ist jetzt wertvoll und eine Wasserentnahme hat momentan fatale Folgen."