Besucher erfahren bei Kirchgang Hintergründiges über Bedeutung von Lob und Tadel / Nachdenkliche aber auch lachende Gesichter

Von Alexander Feinler

Eutingen. Eine gebastelte Sonne voll mit Lob und einen Steinberg voller Tadel durften die Besucher des Brückenbau-Gottesdienst gestalten. Viele Gläubige kamen am Sonntagabend zum ökumenischen Gottesdienst in die Eutinger Sankt Stephanus Kirche.

Pfarrerin Susanne Gaiser stellte das Motto "Heute schon gel e/o bt?" vor und lud Groß und Klein zum Erleben ein. "Loben ist eine wesentliche Lebensäußerung", erklärte Gaiser. Die Besucher sollten jedoch nicht zu viel erfahren. Sie wurden nach und nach in das Thema eingeführt. Die Kirchenband Effata stimmte mit "Eine Brücke lasst uns bauen" ein und riss das Publikum in seinen Bann.

"Eigenlob stinkt", stellten Susanne Henningsen und Monika Diller-Bulling bei einem Dialog, der recht aufschlussreich war, fest. Nicht ausgesprochenes Lob einfordern? Oder sich selbst loben? Sie sprachen auch über das Lob in der Gesellschaft. Wie Kinder und Partner gelobt werden sollten, auch darüber waren sich die beiden nicht einig. Mit diesem Gespräch wurde den Gläubigen gezeigt, wie schwierig die Dosierung des Lobes ist. Bei einem Punkt waren sich die beiden Frauen jedoch sicher: Gott kann immer gelobt werden. Und so stimmte Effate "Ich lobe meinen Gott" an.

Anschließend konnten die Gäste selbst aktiv werden. Im hinteren Teil der Kirche ging es um das Selbstloben oder Tadeln. Gelbe Papierstreifen wurden mit Gedanken wie "Ich habe meiner Mutter eine Rose geschenkt" oder "Kontakte knüpfen" beschriftet. Beim Steinberg des Tadels vergruben die Gottesdienstteilnehmer ihren Tadel zwischen den rauen Brocken. Mit der Zeit wuchs die Sonne immer mehr an, während der Steinberg die gleiche Größe behielt.

Eine Veränderung spürte ein Besucher auch an der Station beim Taufbecken. Dort las Elisabeth Speiser nachdenkliche Verse und Gedichte vor, während die Besucher ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten. "Was soll ich nur malen?", fragte sich ein Eutinger. Seine Frau konnte ihm auf diese Frage auch keine Antwort geben, und so malte er, was ihn tief in seinem Inneren beschäftigte. Bunte Blumen, Herzen oder Landschaftsbilder entstanden. Diese konnten die Besucher mit nach Hause nehmen und dort weitergestalten.

Jeder konnte sich seine Zeit selber einteilen

Vasen am Marienaltar waren mit bunten Rosen gefüllt, an denen sich die Gläubigen auch bedienen durften. Denn dort war "Lob, Balsam für die Seele". Ein sanftes, indirektes, rotes Licht sorgte für Wärme. Die ausgelegten Zettel forderten zum Lob von Herzen auf. "Leben ist Loben und Loben ist Leben", hieß es am Altar. Alttestamentliche Psalmen waren dort ausgelegt. Durch sie wurde klar, dass es sehr viele Psalmen zum Thema Lob gibt, eine regelrechte "Welt der Psalmen".

Um die Stimmung zu unterstützen, gestaltete Effata mit leisen Tönen die Erkundungstour musikalisch mit. Jeder Teilnehmer konnte sich seine Zeit für die einzelnen Stationen einteilen. Nach und nach kehrten die Besucher wieder an ihren Platz zurück. In sich gekehrt wirkten manche, andere hatten nach dem vielen Lob einfach nur ein Lachen auf den Lippen. Pfarrerin Susanne Gaiser nahm die Veränderung mit Wohlgefallen entgegen. Sie dankte den Organisatoren des "etwas anderen Gottesdienstes" und auch den Besuchern. Mit viel Schwung und Elan starte die ökumenische Gemeinde in den frühen Abend. Zusammen mit Effata wurde weiter gesungen, geklatscht und gelacht – bis zum Ausmarsch der Band.