Religion: Seit 75 Jahren beten Eutingerinnen jeden Tag einen Rosenkranz / Tradition geht auf Zweiten Weltkrieg zurück

Eutingen (af). Fast 75 Jahre ist das Versprechen einiger Eutinger Frauen schon her, jeden Tag einen Rosenkranz zu beten, wenn Eutingen vom zweiten Weltkrieg verschont bleibt. Ein Großteil hat dieses Gelübde über Jahre hinweg gehalten, auch wenn das Alter so manche Herausforderungen mit sich brachte. Manche verstarben oder blieben mit der Zeit weg, andere kamen neu dazu.

Gemeinsam wird nach 75 Jahren zwar nicht mehr in der bekannten Runde im Pfarrhaus, der Pfarrscheuer oder Kirche täglich gebetet. Aber einige Eutinger Frauen beten heute noch zuhause oder in der neuen Seniorenresidenz "Haus am Talbach" und lösen damit ihr Versprechen ein. Gebetet wird der Rosenkranz, wie er von klein gelernt wurde. In der Rosenkranz-Runde begannen die Frauen pünktlich um 18 Uhr mit dem "glorreichen" Rosenkranz. Wie es in der katholischen Kirche Brauch ist, eröffneten die Frauen mit dem Kreuzzeichen die halbstündige Gebetsrunde. Darauf folgt das Apostolische Glaubensbekenntnis, was vom Vaterunser abgelöst wurde. An Feiertagen oder zu festlichen Zeiten, wie der Osterzeit, wechselten die Gläubigen vom glorreichen zum freudenreichen Rosenkranz. Wenn sie Verstorbenen gedachten oder sich in der Fastenzeit befanden, dann wurde der schmerzhafte Rosenkranz gebetet.

Diese drei Rosenkränze unterscheiden sich vor allem in den "Gsetzle", so nennen die Eutinger Frauen umgangssprachlich die ausgewählten Gebete. Und diese haben sich seit 1945 nicht groß verändert. Der Rosenkranz wurde zu dieser Zeit jedoch immer nur im Oktober gebetet, weil dies der sogenannte Rosenkranz-Monat war. Hier trafen sich die Eutinger Bürger täglich und verehrten Maria. Und auch während des Krieges gaben sie ihre Tradition nicht auf. Die Angst bei den Eutinger Bürgern stieg, wie in ganz Deutschland, zunehmend an und so beschlossen einige Katholiken im April 1945, ihren Glauben zu bestärken. Mit Gottes Hilfe sollte Eutingen verschont bleiben. Sozusagen als Gegenleistung versprachen die Eutinger, sich jeden Tag zu einem Rosenkranz zu treffen. Der Einzug der Truppen ging vorbei und Eutingen blieb größtenteils erhalten. Die Hoffnung der Bürger war in Erfüllung gegangen. Somit sahen sich viele in ihrem Glauben bestätigt.

Anfangs sammelten sich die Gläubigen in der Sankt-Stephanus-Kirche in Eutingen. Die Teilnehmerzahl sank über die Jahre hinweg, da viele krank wurden oder starben. Manche konnten den Weg zur Kirche nicht mehr auf sich nehmen und mussten das Beisammensein aufgeben. Daher wichen die Teilnehmer auf die Pfarrscheuer aus. Schön beschrieben die langjährigen Teilnehmer diese Runde, denn dort begegneten sich Frauen verschiedenen Alters. Manche waren gerade über 50 Jahre alt und andere gingen schon auf 90 Jahre zu. Da in der Pfarrscheuer immer wieder Gruppensitzungen und Freizeitaktivitäten für junge Menschen umgesetzt wurden, erhielt die Rosenkranz-Gruppe im Erdgeschoss des Pfarrhauses einen Raum. Als Pfarrer Beda Hammer dort sein Studierzimmer eingerichtet hatte, wichen die Frauen wieder auf die Pfarrscheuer aus. Der Rosenkranz am Sonntag fand jedoch bis nach langer Tradition noch einige Male in der Kirche statt.

Vor einigen Jahren löste sich die Gruppe auf, weshalb viele nun für sich oder in einer anderen Gemeinschaft beten. Wichtig ist einigen Eutingern heute jedoch noch, das Versprechen einzuhalten.