Acht Niederlagen, kein Sieg – Stuttgart Surge dümpelt durch die Saison in der European League of Football. Doch der neue Cheftrainer George Streeter ist überzeugt, dass er das Ruder herumreißen kann, auch wenn es nicht ganz einfach wird.
Am 20. Juli hat George Streeter den Posten des Cheftrainers von Stuttgart Surge übernommen, nachdem sich die Wege des Clubs aus der European League of Football (ELF) und dem bisherigen Headcoach Martin Hanselmann nach sieben Niederlagen in Folge getrennt hatten. Auch unter dem ehemalige NFL-Profi Streeter gelang gegen Spitzenreiter Vienna Vikings kein Erfolg, doch der 54-Jährige ist überzeugt, dass dem Club in den vier verbleibenden Spielen mindestens ein Sieg gelingt – vielleicht schon an diesem Wochenende bei den Tirol Raiders in Innsbruck.
Mister Streeter, die Sonne scheint – herrscht auch bei Stuttgart Surge einigermaßen gutes Wetter?
Ja, wir haben gerade einen wunderbaren Sommer, aber leider ist das Team nicht in dem Zustand, wie er sein sollte. Wir stehen bei null Siegen und acht Niederlagen.
Es ist Ihre Aufgabe, das zu ändern.
Ja, wir sind dabei, die mentale Verfassung die Spieler zu verändern sowohl im Kopf als auch in den Herzen – die Spieler müssen wieder den Glauben daran finden, was möglich sein kann.
Wie sind Sie das angegangen?
Vor allem muss man den Spielern vorleben, was man erreichen will. Wir haben uns in den vergangenen Wochen von denen getrennt, die nicht in die Mannschaft gepasst haben, sei es von der Leistung oder von ihrer mentalen Ausrichtung – und diese Entscheidungen hat der Rest des Teams so mitgetragen. Sie haben registriert, dass nun ein neuer Sheriff in der Stadt das Sagen hat, und dieser Sheriff hat es sich zur Aufgabe gemacht, Spiele zu gewinnen. Wir haben deshalb nicht nur auf Spielerseite, sondern auch im Trainerteam einige Umstellungen vorgenommen.
Dann haben Sie viele Gespräche geführt, oder?
Nun, ich bin der Meinung, dass manchmal zu viel gesprochen worden ist. Es wurde erklärt, was die Aufgaben der Spieler sind, was sie zu tun haben – aber das sind Profis, die besten Spieler aus Europa, es handelt sich nicht um ein Team einer Amateurliga oder um eine U-19-Mannschaft, denen wir das Spiel erklären müssen, sondern wir müssen ihnen vermitteln, wie sie die Fähigkeiten, die sie besitzen, richtig einsetzen. Wir müssen ihnen helfen, ihr gesamtes Potenzial zu umzusetzen.
Wie steht es mit der Motivation der Spieler?
Sie wollen gewinnen, sie wollen den Makel des ewigen Verlierers loswerden. Aber es ist ein Prozess, dahin zu kommen. Die Leute schauen natürlich immer auf die Ergebnistafel, die Ergebnistafel ist der Maßstab. Sie kennen die letzten Ergebnisse von Stuttgart Surge – 0:41 und 0:34. Wir dürfen das aber nicht zur alleinigen Handlungsmaxime erheben und ein Spiel vorzeitig für verloren geben und die zweite Garde aufs Feld schicken. Das wird es mit mir nicht mehr geben. Wir müssen über die gesamten 60 Minuten unser bestes Football spielen – wenn es 0:20 zur Pause gegen uns steht, warum sollten wir in der zweiten Hälfte nicht auch 20:0 gewinnen können?
Das ist nicht einfach.
Wenn Sie schon lange Football verfolgen, dann wissen Sie, dass so etwas passieren kann. Ich habe solche Situationen schon mehrfach erlebt. Das ist eine Einstellungssache, und bei Surge war es bislang oft so, dass man nach einem klaren Rückstand das Spiel abgehakt hat nach dem Motto: Dieses Match ist verloren.
Aber diese mentalen Stellschrauben kann man nicht in wenigen Wochen korrigieren.
Sicher nicht in ein paar Wochen, aber es funktioniert eben auch nicht, ohne neue Spieler einzubauen, die das Niveau der Mannschaft steigern. Wir haben zuletzt vier Neuzugänge verzeichnet, das ist nicht genau – aber das soll keine Entschuldigung sein. Wir haben noch vier Spiele, in denen müssen wir besser auftreten und wir werden besser austreten.
Sind Sie überzeugt, dass Surge noch mindestens ein Spiel gewinnt?
Ja, ich möchte sogar drei gewinnen. Vier Siege am Stück ist unglaublich schwierig, das weiß ich natürlich, deswegen staune ich über die Konstanz der Vienna Vikings, die nach acht Spielen noch immer ungeschlagen sind. Diese Spieler geben bis zum Schluss alles, auch wenn das Match längst entschieden ist. Sie schauen nicht auf die Ergebnistafel, sie spielen weiter. Diese Mentalität möchte ich auch bei unserem Team haben, Spieler, die über vier Viertel alles reinwerfen – und die eben nicht auf das Scoreboard schauen.
Und das haben Sie den Spielern und dem Trainerteam in dieser Deutlichkeit vermittelt.
Ganz genau, alle wissen, was ich verlangen. Wir wollen in Zukunft aggressiv angreifen, ich habe diesen Job übernommen, um genau das umzusetzen. Es ist mein Job, die Grundvoraussetzungen zu schaffen, damit wir Spiele gewinnen. Kennen Sie Tom Landry, den Headcoach der Dallas Cowboys von 1960 bis 1988? Er hatte auch fünf lange Jahre Aufbauzeit hinter sich, in denen das Team keinen Erfolg hatte – aber dann zählten die Cowboys in den 1970ern zu den besten Teams der NFL und gewannen unter ihm zweimal den Super Bowl. Erfolg passiert nicht über Nacht – und in der NFL kann man ein Team aufbauen, in der ELF hast du jedes Jahr eine neu zusammengestellte Mannschaft. Ich denke allerdings, bevor ich fünf schlechte Saisonen hinter mir habe, werde ich wohl nicht mehr in Stuttgart sein.
Werden Sie nächste Saison wieder Headcoach bei Stuttgart Surge sein? Derzeit sind Sie Interims-Headcoach …
Das kann ich nicht sagen. Ich stehe in gutem Kontakt zur Clubführung und hoffe, dass ich einen guten Job mache. Dann sehen wir weiter.