Mats Hummels (links). Foto: dpa

Der Dortmunder kommt mit überragender Vorstellung gegen Portugal Stammplatz in der Nationalelf näher.

Danzig - Per Mertesacker hatte es schon Tage vor dem ersten Spiel geahnt. „Es wird Härtefälle geben“, sagte der Innenverteidiger des FC Arsenal über die mögliche Startaufstellung gegen Portugal – und dann traf es ihn selbst. Statt Mertesacker stand Mats Hummels auf dem Rasen. „Da Mertesacker im Gegensatz zu Hummels die Spielpraxis fehlte, wollte ich kein Risiko eingehen. Mats spielte eine tolle Saison, er wurde mit Dortmund Meister und Pokalsieger. Dadurch hatte er enormen Rückenwind“, sagte Löw.

Der Schachzug zahlte sich aus. Nach den 90 Minuten war Hummels einer der Helden des Abends. Weil er sich keinen Kopf gemacht hatte, alle Sinne beisammen behalten hatte und die Abwehr so umsichtig dirigierte wie beim Double mit Borussia Dortmund. Das hatten ihm viele nicht zugetraut, zumal er, anders als beim BVB, auf die rechte Innenverteidigerposition wechseln musste. „Ich habe mich wahnsinnig gefreut für ihn“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. „Jeder weiß ja, was Hummels für eine Saison gespielt hat. Er war in entscheidenden Kopfballduellen da und stand seinen Mann“, lobte Torhüter Manuel Neuer. „Mats hat viele Zweikämpfe und Kopfballduelle gewonnen, und im Spiel nach vorne hat er mich ebenfalls überzeugt. Seine Vorstöße bis hinein ins Mittelfeld hat er auch sehr gut gemacht und mit sicherem Passspiel den Spielaufbau gefördert“, sagte Trainer Löw.

Hummels sagte – erst mal nichts.

Wortlos stapfte er nach dem Sieg an den wartenden Journalisten vorbei. „Bewusst“, wie er sagte. Die Kritik an seinen Auftritten im Trikot mit dem Bundesadler waren ihm an die Nieren gegangen. Schon nach dem 3:5 gegen die Schweiz in der Vorbereitung hatte er sich dünnhäutig gezeigt: „Zu meiner Leistung sage ich nichts. Die wird sowieso immer anders beurteilt.“ Gegen Portugal spielte er tatsächlich um Klassen stärker, und nun waren sich alle einig: Hummels ist in der Nationalmannschaft angekommen. Nur der Vielgepriesene mochte noch immer nicht in die Lobgesänge einstimmen: „Nach einem guten Spiel sollte man nicht alles positiv sehen, genauso wenig, wie man nach einem schlechten Spiel nicht alles negativ sehen sollte.“

Hummels (23) ist ein intelligenter Kerl. Er versteht sich auszudrücken und weiß Situationen zu moderieren. Immer wieder musste er sich rechtfertigen, weil er den Hang hat, lange Bälle nach vorn zu spielen – was in Dortmund erwünscht, in der DFB-Auswahl aber verpönt ist. „Lange Bälle“, sagte Hummels nun, „die habe ich am Anfang meiner Zeit in der Nationalmannschaft gespielt. Aber das ist jetzt auch schon zwei Jahre her.“ Beim 3:0 im Testspiel gegen die Niederlande im November 2011 hatte er in der 90. Minute wieder einen gespielt, prompt war das Thema wieder hochgekocht: „Dabei war das eine Ausnahme.“

„Nervöser als bei einem Bundesligaspiel“ sei er gewesen, gab Hummels zu. Dafür spielte er dann erstaunlich abgebrüht. Wie ein Abwehrchef eben. Ein Begriff, der intern auf der Tabuliste steht. „Einen Abwehrchef gibt es nur für die Öffentlichkeit. Wir Verteidiger sehen es so, dass wir alle gleichberechtigt sind“, sagte Hummels, der nun auch fest mit einem Einsatz gegen die Niederlande am Mittwoch rechnen darf. „Die Mannschaft, die gespielt hat, hat gute Argumente, auch beim nächsten Spiel wieder aufzutreten“, sagte Per Mertesacker (27). Gut möglich, dass sich der Lange damit abfinden muss, dass zu seinen bisher 81 Länderspielen nicht mehr allzu viele hinzukommen könnten. Zumindest, solange Mats Hummels in der Form vom Samstag auftrumpft.