Schuldenstreit beim EU-Gipfel: Nicht nur Kanzlerin Angela Merkel verlangt von Griechenland Kompromissbereitschaft. Foto: dpa

Nicht nur die Kanzlerin verliert im Schuldenstreit mit Griechenland langsam die Geduld. Regierungschef Tsipras gibt sich bei seinem ersten Gipfelauftritt in Brüssel betont lässig. Eine Einigung schien am frühen Abend äußerst unwahrscheinlich.

Brüssel - Im Schuldenstreit mit Griechenland verlieren die großen Euro-Partner zunehmend die Geduld. Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Spitzenpolitiker forderten den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Donnerstag beim EU-Gipfel eindringlich auf, Kompromissbereitschaft zu zeigen. „Deutschland ist dazu bereit“, sagte Merkel, die direkt von den Ukraine-Krisengesprächen nach Brüssel gereist war. Für die Glaubwürdigkeit Europas sei es aber notwendig, Regeln einzuhalten.

Die Finanzminister der Eurogruppe waren in der Nacht zuvor mit dem Vorhaben gescheitert, sich auf einen gemeinsamen Kurs für die finanzielle Rettung Griechenlands zu einigen. Athen zog nach Angaben von Diplomaten in der letzten Minute die Zustimmung zu einer vorbereitete Erklärung zurück. Nun müssen die Finanzminister am Montag weiterverhandeln. Eine Einigung während des Gipfeltreffens galt am frühen Abend äußerst unwahrscheinlich.

Griechenland fordert, dass ein derzeit Ende Februar endendes EU-Rettungsprogramm in Teilen neu verhandelt wird. Ohne diesen Plan könnte es laut Experten für das Land bald brenzlig werden - beispielsweise bei der Rückzahlung fälliger Schulden. „Ich bin sehr besorgt über die Lage, die eingetreten ist“, kommentierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Es geht hier nicht um die neue griechische Regierung, auch nicht um die alte. Es geht um das griechische Volk. Das sollten wir auf dem Radarschirm haben.“ Ähnlich äußerte sich auch der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb. „Die Zeit für Griechenland läuft ab“, sagte er.

Tsipras gab sich entspannt

Tsipras gab sich bei seiner ersten Gipfelteilnahme hingegen betont entspannt. Bilder aus dem Sitzungssaal zeigten, wie er mit strahlendem Lächeln auf andere Staats- und Regierungschefs zuging. . Zu möglichen Zugeständnissen seines Landes verlor er zumindest in der Öffentlichkeit kein Wort. „Wir werden eine Lösung finden müssen, die alle Beteiligten respektiert“, sagte der Linken-Politiker.

Aus seiner Heimat kamen hingegen erneut schlechte Nachrichten. Die Regierung musste mitteilen, dass der griechische Staat wegen säumiger Steuerzahler erneut Haushaltsziele verfehlt hat. Der Beginn des Gipfels hatte sich um drei Stunden bis 16 Uhr verzögert, da Merkel und der französische Präsident François Hollande am Morgen noch bei dem Ukraine-Krisentreffen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk waren. Sie bekamen für ihre Bemühungen in Brüssel großes Lob.

„Das ist sicherlich auch ein Resultat der Bemühungen, die wir in den letzten Monaten vorgenommen haben, Deutschland und Frankreich wieder an die Spitze der Europäischen Union zu bringen - als Motoren“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wollte den Gipfel-Teilnehmern über die Lage in seinem Land berichten. Es wurde erwartet, dass er im Gegenzug zu der Kompromissbereitschaft bei den Verhandlungen in Minsk neue Hilfen für den wirtschaftlichen Aufbau seines Landes zugesagt bekommt.

Auch Russland und die Separatisten können im Fall einer Umsetzung der Waffenruhe ein Entgegenkommen der EU erwarten. Das Inkrafttreten einer bereits beschlossenen Ausweitung von Sanktionen könnte weiter verschoben werden, hieß es aus Diplomatenkreisen. Eigentlich sollten am Montag unter anderem weitere russische Politiker mit EU-Einreisebeschränkungen und Vermögenssperren belegt werden.