Schwimmschulen-Inhaber Carsten Simmes bietet in den Sommerferien Kurse im Ettenheimer Freibad an. Foto: Decoux-Kone

Ettenheim - Laut dem DLRG steigt die Anzahl der Nicht-Schwimmer in Deutschland beständig an. Durch Corona könnte diese Lage sich noch weiter verschärfen, erklärte Schwimmtrainer Carsten Simmes, Inhaber der Schwimmschule CSI-Swimacademy im LZ-Interview.

Herr Simmes, wie gefragt sind Schwimmkurse bei Kindern?

Der Bedarf ist so riesig, dass man ihn als Anbieter kaum befriedigen kann. Manche Kurse sind nach wenigen Stunden bereits ausgebucht, ich habe oft drei Mal so viel Bewerber wie Plätze. Wenn wir in Freiburg Kurse anbieten, kommen die Teilnehmer oft aus dem Umland bis aus Offenburg, um schwimmen zu lernen. In Ettenheim bieten wir in den Sommerferien meist fünf Kurse an. Wenn sie voll sind, versuchen wir noch neue anzubieten und so viele Anfragen wie möglich zu befriedigen. Denn dass die Kinder schwimmen lernen, ist sehr wichtig.

Wieso ist Schwimmen für Kinder so wichtig?

Ertrinken ist immer noch die häufigste Todesursache bei Kindern. Es ist zu kurz gedacht, dass Schwimmen nur für diejenigen interessant ist, die am Wasser wohnen. Es ist ein Grundbedürfnis von Familien und Kindern sich am Wasser zu vergnügen. Das liegt daran, dass Wasser einen schönen Bewegungsraum bietet: Man wird getragen und hat ganz andere Bewegungsmöglichkeiten.

Aber Wasser hat auch seine Gefahren...

Ja, deshalb sollte jedes Kind, das sich im Wasser bewegt, auch schwimmen können. Zumindest so viel, dass es stets sicher an den Rand kommt. Das sollte jedes Kind im Grundschulalter, also spätestens ab zehn Jahren, beherrschen. Denn sonst wird es in Panik verfallen, wenn es im Wasser untertaucht oder der Boden plötzlich weg ist. Wir erleben das auch manchmal beim Unterricht: Plötzlich ist in einer unerwarteten Situation das Gelernte vergessen und die Kinder schreien und paddeln wild mit aufgerissenen Augen.

Wie bringt Sie den Kindern dann schwimmen bei?

Wir machen bewusst nur kleine Gruppen von maximal fünf Kindern pro Übungsleiter. Zunächst geht es darum, dass sie im Wasser Sicherheit bekommen und sich mit diesem Element vertraut machen. Dann bringen wir den Kindern Kraulschwimmen bei. Früher hat man mit Brustschwimmen begonnen, aber das ist die unnatürlichste Bewegungsform. Die Bewegung des Kraulens ist der des Krabbelns sehr ähnlich und die Kinder lernen sie sehr schnell. Am Ende eines einwöchigen Intensivkurses können 80 Prozent unserer Teilnehmer im Vorschulalter mindestens 25 Meter am Stück ohne Hilfsmittel schwimmen, tauchen und vom Beckenrand aus ins Wasser springen.

Wenn es nicht am Enthusiasmus der Kinder liegt, was ist dann der Grund, dass die Anzahl der Nichtschwimmer zunimmt?

Ein Mangel an Wasserfläche, es gibt schlicht keinen Platz für die Schwimmkurse. Es werden jährlich durchschnittlich 70 Bäder geschlossen, ohne dass neue nachkommen – von ein paar Spaßbädern vielleicht einmal abgesehen. Es gibt in ganz Deutschland nur noch etwa 3000 Hallenschwimmbäder. Wir sind sehr froh, dass die Kooperation mit der Stadt Ettenheim so gut läuft, aber ein Freibad ist nur für eine bestimmte Zeit nutzbar. Von September bis Mai wird es dann sehr schwierig mit Kursen. Ein weiteres Problem sind oftmals die Badbetreiber.

Inwiefern?

Eigentlich sollten die Badbetreiber daran interessiert sein, dass die Schwimmschulen möglichst viele Kurse bei ihnen anbieten, um zukünftige Kunden auszubilden. Denn wer nicht schwimmen lernt, wird später auch nicht ins Schwimmbad gehen. In der Praxis erweist es sich aber schwierig, dass Badbetreiber einen für den Kurs Wasserfläche zu bestimmten Zeiten zur Verfügung zu stellen. Dabei zahlen die Schwimmkursgäste ja ganz normal Eintritt und werden währenddessen sogar noch betreut.

Wie leicht oder schwer sind Trainer zu finden?

Diese zu finden, ist bei regelmäßigen Kursen nicht ganz einfach. Aber ich schaffe es oft meine ehemaligen Schüler, die bereits eine Trainerausbildung gemacht haben, dazu zu motivieren, Kurse zu geben. Kinderschwimmen ist ein wenig komplexer als etwa Kinderturnen oder eine andere Sportart. Die Kinder müssen sich erst einmal mit dem Bewegungsraum Wasser vertraut machen und die Urangst Ertrinken überwinden. Man muss sie daher viel intensiver beaufsichtigen. Jedoch ist der Job sehr schön und wenn mir ehemalige Schüler begegnen, die jetzt schwimmen können, ist die Freude auf beiden Seiten sehr groß.

Inwiefern verschärft Corona die ohnehin schon schwierige Lage noch?

Schon jetzt geht man davon aus, dass 60 Prozent aller Grundschüler nicht richtig schwimmen können. Dadurch, dass während Corona die Schwimmbäder 15 Monate nahezu durchgehend geschlossen waren, hat ein kompletter Jahrgang noch nicht schwimmen gelernt. Wir werden damit zu tun haben, das in den nächsten Jahren abzuarbeiten. Ich gehe davon aus, dass dadurch auch die Anzahl der Nicht-Schwimmer unter den Grundschülern steigen wird – und sich das später bis in die fünften, sechsten und siebten Klassen der weiterführenden Schulen hineinziehen wird. Aber nicht nur für die Schwimmanfänger, auch für die Kinder im Breitensport oder im leistungsorientierten Schwimmen war ja das Training nicht möglich, außer man gehörte dem Kader an. Die Sorge ist groß, dass sie sich dadurch vom Sport abwenden.

Ihr abschließender Appell?

Für den Betreiber ist ein Schwimmbad immer ein Zuschussbetrieb. Die Gesellschaft sollte sich diesen aber leisten! Ganz allein aus Gründen der präventiven Gesundheitsvorsorge und der Entwicklung des Kindes. Schwimmen ist eine der wichtigsten Bewegungsarten für Kinder, das sollte man von allen Seiten her unterstützen.n Fragen: Julia Göpfert

Zur Person

Carsten Simmes ist Inhaber der Schwimmschule CSI-Swimacademy und bietet in den Sommerferien regelmäßig Kurse im Ettenheimer Freibad an. Der 51-Jährige kommt aus Freiburg und verfügt über mehr als 35 Jahre Trainererfahrung. Bereits mit 14 Jahren war er als Übungsleiter in Vereinen tätig. Seit vielen Jahren besitzt er bereits eine A-Lizenz für Trainer, die höchste Lizenz für den Hochleistungssport. Er ist in ganz Deutschland unterwegs, um Leistungssportler zu betreuen und Wettkämpfe vorzubereiten.