Ethik in der Grundschule muss nicht zwingend angeboten werden. (Symbolfoto) Foto: dpa

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage einer Mutter aus Freiburg abgewiesen, die für ihre konfessionslosen Kinder ein Recht auf Ethikunterricht in der Grundschule erstreiten wollte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage einer Mutter aus Freiburg abgewiesen, die für ihre konfessionslosen Kinder ein Recht auf Ethikunterricht in der Grundschule erstreiten wollte.

Leipzig/Freiburg - Baden-Württemberg muss in der Grundschule kein Ethik anbieten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am Mittwoch, dass Eltern keinen grundgesetzlichen Anspruch auf Ethikunterricht für ihre konfessionslosen Kinder haben. Geklagt hatte eine dreifache Mutter aus Freiburg im Breisgau. Die 42-Jährige kündigte nach der Urteilsverkündung an, vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen zu wollen.

Die Bildungsgewerkschaft GEW und der Lehrerverband VBE bedauerten die Entscheidung aus Leipzig. Sie befürchten, dass die grün-rote Landesregierung nun noch weniger dransetzt als bisher, Ethik an Grundschulen einzuführen. Das Kultusministerium zeigte sich hingegen zufrieden. Die Rechtsauffassung des Landes sei umfassend bestätigt worden, sagte ein Sprecher von Kultusminister Andreas Stoch (SPD).

Die Klägerin hatte vom Land Baden-Württemberg verlangt, Ethik ab Klasse 1 als Alternative zum Religionsunterricht anzubieten. Ihre Kinder, die keinem christlichen Glauben anhängen, würden sonst benachteiligt. Das sahen die Bundesverwaltungsrichter anders. Sie wiesen die Klage wie schon die beiden Vorinstanzen ab. Das Grundgesetz garantiere und schütze den Religionsunterricht in besonderem Maße, schreibe aber das Fach Ethik nicht vor. Deswegen gebe es keinen Verstoß gegen das ebenfalls in der Verfassung verankerte Gleichheitsgebot (Az.: BVerwG 6 C 11.13).

Vermittlung von Moral und Werten

Der Anwalt der Klägerin, Thomas Heinrichs, hatte argumentiert, im Ethik- und im Religionsunterricht würden die gleichen Felder beackert: Es gehe um die Vermittlung von Moral und Werten, wenn auch im Religionsunterricht mit einer konfessionellen Ausrichtung. Die Gruppe der konfessionslosen Schüler werde immer größer. Auf diese veränderte Situation müssten die Schulen reagieren.

Ob und wann in Deutschland Ethikunterricht angeboten wird, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Schüler in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen können zum Beispiel schon in der ersten Klasse zwischen Ethik und Religion wählen.

GEW für Ethikunterricht

In Baden-Württemberg gibt es das Fach Ethik bislang nach Angaben des Kultusministeriums je nach Schulform erst ab den Klassen 7 und 8. „Ich denke nach wie vor, dass ich im Recht bin“, sagte die Klägerin. Sie wolle, dass die Position von konfessionslosen Menschen gestärkt werde. Eine neutrale Wertevermittlung müsse Aufgabe des Staates sein. Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, bedauerte das Urteil aus Leipzig. „Wir brauchen für die immer größer werdende Zahl von Schülern, die keiner großen Religionsgemeinschaft angehören, eine Werteerziehung“, sagte sie.

Der Landeschef des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, verwies darauf, dass Grüne und SPD den Ethikunterricht an Grundschulen im Koalitionsvertrag vereinbart hätten. Im Vertrag heißt es: „Ethik soll neben Religion als Alternative schrittweise ab Klasse 1 eingeführt werden.“ Darauf warteten die Grundschulen bisher vergeblich, sagte Brand.

Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnähmen, blieben nicht nur ohne ein alternatives Bildungsangebot. Sie seien für die Schulen auch eine echte Herausforderung, weil sie in der Zeit zu beaufsichtigen seien. Aber für den „Nicht-Unterricht“ hätten die Grundschulen keine Lehrerstunden zur Verfügung.

Das Kultusministerium erklärte, es gebe im Schulbereich eine Vielzahl neuer Aufgaben, die zunächst umgesetzt werden müssten. Dazu zählten die Ganztagsschule und die Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht (Inklusion). „Die Einführung des Ethik-Unterrichts an den Grundschulen würde aber rund 1000 neue Lehrerstellen kosten. Zudem muss auch der Kultusbereich angesichts der übernommenen hohen Verschuldung einen Sparbeitrag leisten“, erklärte ein Sprecher mit Blick auf den angespannten Landeshaushalt. Die FDP stellte sich auf die Seite der Klägerin und forderte die Landesregierung auf, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben.