Praktikum: Petra Lainer hat eine Woche lang eine ganz besondere Erfahrung gemacht / Idylle hat ihre Tücken

Wer so eine Schafherde samt Schäfer umherziehen sieht, gerät meist in Verzückung. Ein idyllisches Bild. Petra Lainer aus Locherhof war davon schon immer fasziniert und wagte jetzt den Selbstversuch: Sie tauchte für eine Woche ein ins Schäferleben – mit allem, was dazu gehört.

Eschbronn-Locherhof. Ein Praktikum als Schäferin? Ihr Vorhaben sorgte im Umfeld der zweifachen Mutter, die im Landratsamt in Rottweil arbeitet, durchaus für das ein oder andere Schmunzeln. Doch die 46-Jährige zog es durch. Über den "prominenten" Schäfer Sven de Vries, der auf "Instagram" Einblicke in seinen Alltag gibt, gelangte sie auf eine Schäfer-Job-Börse. "Dort hab ich dann einfach inseriert, dass ich ein Praktikum machen möchte. Und nach drei Tagen hatte ich schon zwei Anfragen", erzählt sie. Eine davon kam vom Bioland-Schäferhof Schneider in der Nähe von Bad Mergentheim. Sie sagte zu – und machte sich auf ins Ungewisse. Klar war nur, dass sie in einem Bauwagen schlafen würde – und dass Schäfer Harald Schneider dringend Entlastung braucht.

Der Empfang war überaus herzlich. "Es hat einfach gepasst und die Familie war froh, dass ich da war." Wie viel Arbeit auf Harald lastet – der von seiner Frau Carolin, im Hauptberuf Lehrerin, und dem 14-jährigen Sohn Juri unterstützt wird – zeigte sich schnell. "Ich war jeden Abend wirklich todmüde", lacht die Praktikantin.

Zäune stecken als erste Herausforderung

Morgens müssen zuerst die Tiere, die im Stall sind, versorgt werden, dann geht es zur Arbeit auf die Weide. 300 bis 400 Meter Zaun in 50-Meter-Stücken müssen neu gesteckt und verbunden werden. Eine Aufgabe, die am ersten Tag für leichte Verzweiflung sorgte. Der Boden hart, die Gegend unwegsam und dornig. "Manchmal wollte der Stecken einfach nicht in den Boden." Immerhin: Mit etwas Übung schaffte die Locherhoferin dann jeweils zwei Zaunteile, während Harald vier steckte. Steht der neue Weidezaun dann, werden die Schafe von ihrem bisherigen Standort geholt. "Die warten dann schon und freuen sich, dass sie eine neue Wiese kriegen", berichtet die Neu-Schäferin. Das ist dann auch der Moment, an dem der Schäfer seinen Mantel und den typischen Hut anzieht und den Schäferstock zur Hand nimmt.

Über die Hintergründe des Schäferlebens hat Petra während der Arbeit viel erfahren. "Ich habe ihm Löcher in den Bauch gefragt", erzählt sie. Als großes Thema, das dem Schäfer viel Energie und Zeit raubt, erwies sich die Bürokratie. Die Landschaftspflege der von ihm gepachteten Felder, wofür er schließlich seinen Ertrag erhält, ist mit immensen Papierbergen verbunden. Jede Wiese ist an ein anderes Förderprogramm gebunden, unzählige Vorgaben sind zu erfüllen, Kontrollen durch Behörden sind an der Tagesordnung. Und wenn eine Wiese nicht akkurat von den Schafen abgefressen wurde, muss mit der Mähsense nachgearbeitet werden. "Sonst gibt es Abzug", weiß Petra Lainer inzwischen. Die Arbeit mit der schweren Sense an den Hängen des Taubertals übernahm Harald dann aber doch selbst.

Er hat vor rund 30 Jahren den Beruf des Schäfers ergriffen, obwohl er eigentlich aus einer Handwerkerfamilie kommt. Viele Hürden galt es zu überwinden, Banken zu überzeugen – bis er mit 30 Schafen anfing. Irgendwann konnte er den Hof in Edelfingen erwerben, heute hat Harald Schneider 450 Schafe.

Denen müssen übrigens auch Ohrmarken gesetzt und Klauen geschnitten werden. Wie schwierig letzteres ist, erfuhr Petra beim Klauenschneide-Einführungskurs mit dem 14-jährigen Juri. Schaf in Schach halten, die Klaue halten und die schwere Schere bedienen – "ich hatte eindeutig eine Hand zu wenig." Und dann musste das Schaf zuvor ja erst eingefangen werden.

Nach harter Arbeit schlafen im Bauwagen

Kein Wunder also, dass die 46-Jährige in ihrem einfachen, mit einem kleinen Bollerofen beheizten Bauwagen bestens schlief. "Ich hatte ein sorgloses Leben", sagt sie, wohl wissend, dass auf Harald nach der ganzen Arbeit noch das Büro wartete. Anträge, Formulare, Abrechnungen. "Mittlerweile gibt es Schäfer, die mit dem iPad auf die Weide gehen", weiß Petra, die sich ausführlich mit den Thema beschäftigt hat.

Und auch wenn ihr Praktikum körperlich anstrengend und bei weitem nicht so idyllisch war, wie mancher annehmen mag: die Faszination ist geblieben. "Es hat großen Spaß gemacht", sagt die 46-Jährige. Der Bitte der Familie Schneider, doch möglichst bald wiederzukommen, will die Locherhoferin schon in den Fasnetsferien nachkommen. Vielleicht lernt sie dann sogar, die Schafe auseinander zu halten, so wie Harald das tut. "Bis jetzt", so sagt sie lachend, "sehen für mich doch alle noch ziemlich gleich aus".