Ausgelaugt und kraftlos – die Ursache könnte ein chronisches Fatigue-Syndrom sein. Foto: AOK

Einfach durch und durch schlapp, und keiner weiß warum: 115 Versicherte der AOK Nordschwarzwald im Raum Freudenstadt leiden an chronischer Müdigkeit.

Kreis Freudenstadt - Landesweit waren voriges Jahr mehr als 11 000 AOK-Versicherte wegen eines chronischen Fatigue-Syndroms (CFS) in ärztlicher Behandlung. Die Betroffenen leiden an einer ständigen, extremen Erschöpfung, die weit über das normale Maß hinausgeht, so die Krankenkasse.

Meist gehe sie mit ausgeprägten körperlichen und kognitiven Symptomen wie Muskelschmerzen und Gedächtnisstörungen einher. Selbst einfache körperliche Aktivitäten wie Zähne putzen, Kochen oder Telefonieren werden überwiegend als kaum leistbar empfunden und von unverhältnismäßiger Erschöpfung begleitet. Dazu seien Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen nahezu unmöglich.

Typisch nach Infekt

"Typischerweise kommt es bei CFS nach einem Infekt zu schwerer Erschöpfung", sagt Hans-Peter Zipp, Kinder- und Jugendarzt bei der AOK Baden-Württemberg. Charakteristisch für CFS sei die teilweise erst am Folgetag einer Anstrengung auftretende Verschlechterung, die tage- oder sogar wochenlang anhalten könne. Auch nach einer Corona-Infektion könne ein chronisches Fatigue-Syndrom entwickelt werden.

Bereits vor der Corona-Pandemie verzeichnete die AOK Nordschwarzwald einen Anstieg der an CFS erkrankten Versicherten, so die Krankenkasse weiter. Eine Auswertung habe ergeben, dass die Anzahl der Betroffenen in der Region Freudenstadt von 69 im Jahr 2016 auf 115 Versicherte im Jahr 2020 angestiegen sei. Die genauen Ursachen des chronischen Fatigue-Syndroms seien bislang nicht geklärt. Von Ärzten und Wissenschaftlern wird es überwiegend als eine Multisystemerkrankung betrachtet mit Regulationsstörungen des Immunsystems, des Nervensystems und des zellulären Energiestoffwechsels.

"Medikamente zur kausalen Therapie sind bisher nicht verfügbar", sagt Hans-Peter Zipp. Die Behandlung des chronischen Fatigue-Syndroms ziele daher insbesondere darauf ab, Symptome der Erkrankung zu lindern und Überanstrengung zu vermeiden, sowie andere Ursachen für eine Immunaktivierung zu behandeln und Mangelzustände zu beheben.

Ursachen sind unklar

Das CFS sei abzugrenzen von der Fatigue, die häufig bei Krebs oder anderen schweren, chronischen Erkrankungen auftritt. Fatigue rufe zwar ähnliche Beschwerden hervor, aber sowohl die Ursachen als auch die körperlichen Anzeichen unterscheiden sich jedoch deutlich vom chronischen Fatigue-Syndrom. Tückisch sei, dass ein angemessenes Bewegungstraining bei Fatigue zu einer Besserung führt, während es bei CFS eine Verschlechterung hervorruft.