Landeserziehungsgeld gibt es nur in wenigen Ländern. In Baden-Württemberg wurde darüber immer wieder gestritten. Foto: Fotolia

Der Plan von Grün-Rot, das Landeserziehungsgeld zu streichen, löst bei Wohlfahrtsverbänden Kritik aus. Die Regierungsfraktionen verteidigen den Schritt.

Stuttgart - Eigentlich sollten zum 1. Oktober neue Regelungen für das Landeserziehungsgeld in Kraft treten – es sollte den Bedürftigsten zugute kommen. Doch die Reform ist nun hinfällig. Am kommenden Dienstag will das Kabinett den Doppelhaushalt 2013/14 beschließen. Dieser sieht unter anderem vor, das Landeserziehungsgeld für bedürftige Familien zu streichen. Damit sollen 2014 insgesamt 18 Millionen Euro, danach jeweils 28 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden.

Derzeit erhalten rund 20.000 Eltern Landeserziehungsgeld. Anspruch darauf haben Familien, deren monatliches Einkommen höchstens 1480 Euro beträgt, bei Alleinerziehenden liegt die Grenze bei 1225 Euro. Das Geld – bis zu 205 Euro für das erste und zweite Kind, bis zu 240 Euro ab dem dritten – wird zehn Monate lang bezahlt – nach dem Auslaufen des Elterngelds, also nach dem 13. beziehungsweise 15. Lebensmonat.

Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) begründete die Streichung damit, „dass wir mit dem neuen Landeserziehungsgeld letztlich nur die Bundesregierung finanziell entlasten, nicht aber die bedürftigen Hartz-IV-Familien.“ Die Bundesregierung habe trotz mehrmaliger Nachfrage nicht zugesichert, dass das Landeserziehungsgeld nicht mit Hartz IV verrechnet wird.

Landesfamilienrat: Betroffen seien überwiegend Alleinerziehende, Studierende und Auszubildende

„Ein solches Vorgehen der Bundesregierung wäre selbstverständlich abzulehnen. Es kann schließlich nicht sein, dass gerade die Ärmsten von solchen Hilfen ausgeschlossen werden“, sagte Heike Baehrens, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. Enttäuschend sei jedoch, dass die Landesregierung aufgebe, bevor alle Verhandlungsmöglichkeiten mit dem Bund ausgereizt seien.

Auch der Landesfamilienrat kritisierte die Entscheidung der Landesregierung. Betroffen seien überwiegend Alleinerziehende, Studierende und Auszubildende, sagte der Vorsitzende Jürgen Rollin. Winfried Mack, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion, warf Grün-Rot vor, sie entziehe „Familien mit geringem Einkommen die direkte Unterstützung durch das Land. Damit verschärfe sie die Gefahr des sozialen Abstiegs für Familien mit geringem Einkommen, mit mehreren Kindern und für Alleinerziehende.

“Wir wollen in soziale Strukturen investieren und nicht in reine finanzielle Leistungen“

Die FDP bemängelte, dass das Geld nicht mehr „im Förderbereich Familien“ bleibe. Die Landesregierung kassiere „auf dem Rücken der Familien zunächst 38 Millionen Euro ein, um nachher sich wieder für ein bereits angekündigtes 10 Millionen Euro umfassendes Programm feiern zu lassen“ , so der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jochen Haußmann.

Die Sozialexperten der Grünen und der SPD im Landtag hingegen verteidigten die Entscheidung. “Wir wollen in soziale Strukturen investieren und nicht in reine finanzielle Leistungen“, sagt Manne Lucha (Grüne). „Mit dem Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, die das Land im Rahmen des Paktes für Familien alleine 2012 mit zusätzlich 315 Millionen Euro und 2013 mit 152 Millionen Euro fördert, hat das Land bereits einen wichtigen Schritt getan“, sagt Rainer Hinderer (SPD). Durch eine gute Kinderbetreuung könnten viele Menschen aktiv am Arbeitsleben teilnehmen. Das trage zur Armutsvermeidung bei. Das Landeserziehungsgeld ist nach Auffassung der Fraktion Grüne und SPD-Fraktion kein zielgenaues Instrument zur Armutsbekämpfung.