Erwin Heckele ist gern an der frischen Luft und auch mit 90 Jahren noch topfit. Foto: Heckele

Im Ruhestand ist er schon eine ganze Weile, ein Stubenhocker aber nach wie vor nicht: Erwin Heckele, der in Trichtingen „der Sattler“ genannt wird, feiert am 17. Juli 90. Geburtstag und ist so fit wie eh und je.

In Trichtingen kennt ihn wohl jeder, und das nicht nur wegen seines Raumausstatter-Geschäfts. Erwin Heckele ist hier aufgewachsen, Gründungsmitglied der Trichtinger Bauernkapelle und war 59 Jahre lang aktiver Musiker an der Tuba.

 

Geboren wurde er einst in Sulz als Sohn eines Bäckers und einer Hausfrau, die zudem einen landwirtschaftlichen Betrieb hatten. Dort half er schon in jungen Jahren kräftig mit. Schulunterricht gab es zu Kriegszeiten nicht viel, stattdessen im Winter kohlefrei und im Sommer hitzefrei. Ein Lehrer hatte sieben Klassen zu betreuen.

Immer viel gearbeitet

Heckele besuchte die Schule acht Jahre lang. 1948 begann er eine Lehre als Sattler und Tapezierer in Oberndorf. Zur Arbeit fuhr er bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad. Zu ihren Aufträgen mussten die Lehrlinge oftmals mit dem Leiterwagen voller Material beispielsweise auf den Lindenhof losziehen.

Nach der Gesellenprüfung wurde Erwin Heckele entlassen und suchte sich Arbeit in Rottenburg. Als einziger Evangelischer in einer Bischofsstadt sei das schon speziell gewesen, sagt er lachend. In Rottenburg machte er auch seinen Führerschein und kaufte sich ein Motorrad.

Heirat und vier Kinder

Nach drei Jahren kehrte er nach Oberndorf in seinen alten Betrieb zurück und arbeitete dort in leitender Position. 1955 trat er in den Musikverein Trichtingen ein. Dem fehlte nämlich ein Tuba-Spieler. Im selben Jahr heiratete er auch seine Frau Margarethe, geborene Brandtner. Die Beiden kennen sich quasi schon ihr Leben lang, besuchten gemeinsam die Schule und den Tanzkurs. Das erste Kind ließ nicht lange auf sich warten. Vier wurden es insgesamt, drei Jungen und ein Mädchen, geboren 1955, 1959, 1963 und 1968.

Erwin und Margarethe Heckele kennen sich schon seit der Kindheit. Beim gemeinsamen Tanzkurs funkte es. Foto: Heckele

1958 machte Erwin Heckele den Sattler- und Tapeziermeister – den theoretischen Teil in Oberndorf, den praktischen in Reutlingen. Drei Jahre später eröffnete er sein eigenes Geschäft in Trichtingen. Dafür bekam er den Heuschuppen des Vaters, den er abriss und dafür eine Werkstatt errichtete. Das erste Ladengeschäft war rund 50 Quadratmeter groß.

Trauer über Schulschließung

Einer der ersten großen Aufträge war die Einrichtung im Trichtinger Schulhaus. „Der Bodenbelag von damals liegt heute noch“, sagt Erwin Heckele stolz. Umso stärker bedauere er die Schließung der Trichtinger Schule.

Früher sei es zudem bei Konfirmationen üblich gewesen, das Haus zu richten, also neu zu tapezieren beispielsweise. Als Erwin Heckele diese Arbeit in einem Haus verrichtete, wurde er von den Besitzern gefragt, ob er nicht ihren Sohn als Lehrling nehmen könne. Heckele sagte zu. 1961 begann der Junge und blieb bis zum Berufsende im Betrieb.

Im Laufe der Jahre war Erwin Heckele schon in vielen Häusern, vor allem in Oberndorf, beispielsweise in der Ringstraße und in der Teckstraße Richtung Minigolfplatz. Er habe viel für die Oberndorfer Wohnungsbau GmbH gemacht.

Wie der Spitzname kam

Über die Jahre verschwand das Tapezieren zunehmen aus dem Arbeitsalltag. „Das zogen die Maler an sich“, erzählt Heckele. Das Kerngeschäft bestand aus Bodenlegen, Gardinen, Sonnenschutz und Polsterarbeiten. Die Gardinen nähte Ehefrau Margarethe. Der Spitzname „der Sattler“ wurde Erwin Heckele übrigens bei einem Musikfest gegeben und hält sich seitdem hartnäckig.

Neben seiner Selbstständigkeit kümmerte sich das Ehepaar noch bis in die 70er-Jahre um den landwirtschaftlichen Betrieb von Margarethes Eltern. Auch bei seinem früheren Arbeitgeber in Oberndorf half Erwin Heckele hin und wieder mit. 1973 bauten die Heckeles die Teppich- und Ausstellungshalle ihres Betriebs in Trichtingen.

Übergabe an die nächsten Generationen

1994 hat Erwin Heckele sein Geschäft an seine Söhne Robert und Christoph übergeben. Enkel Patrick wurde zum dritten Geschäftsführer. Der Seniorchef zog sich aber nicht sofort zurück. „Fünf Jahre lang hat er noch als zuverlässigster Mitarbeiter mitgeschafft“, sagt Robert Heckele lächelnd.

Immer noch sehr aktiv

Und auch jetzt ist Erwin Heckele noch viel unterwegs und sehr aktiv. Das Holzsägen ist sein großes Hobby. Das halte ihn jung und sei ein schöner Ausgleich. Auch die Trichtinger Feste besucht das Ehepaar gern, etwa das Rathausplatzfest. 50 Jahre lang fand zudem bei Heckeles der sogenannte „Sattlersprung“ statt, zu dem viele Oberndorfer Narren nach Trichtingen kamen. Sogar einen gleichnamigen Orden gab es.

Zu den regelmäßigen Terminen des achtfachen Großvaters gehören auch das regelmäßige Binokelspielen und der Stammtisch jeden Sonntag im Schützenhaus, bei dem Neuigkeiten ausgetauscht werden. Seinen 90. Geburtstag wird Erwin Heckele mit vielen Gästen, der Familie und Wegbegleitern feiern.