Sobald acht deutsche Atommeiler abgeschaltet sind, kann der Block 3 des Großkraftwerks in Mannheim einspringen, um mögliche Engpässe bei der Elektrizitätsversorgung zu vermeiden. Foto: dpa

Nach Drängen der Netzagentur wird das Kraftwerk Mannheim zur Reserve für Stromengpässe.

Mannheim - Nur ein paar Tage großflächiger Stromausfall genügen, um das Land ins Chaos zu stürzen - das besagt eine aktuelle Studie des Bundestags. Damit der völlige Zusammenbruch ausbleibt, sucht die Bundesnetzagentur nach Kaltreserven für die Übergangszeit vom Atomstrom zu den regenerativen Energien.

Das Großkraftwerk Mannheim (GKM) soll nun so eine eiserne Reserve für die baden-württembergische Stromversorgung liefern. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung könne bis Ende Oktober ohne öffentliche Erörterung der Pläne erteilt werden, teilte das Umweltministerium in Stuttgart am Freitag mit. Sobald acht deutsche Atommeiler abgeschaltet sind, kann der Block 3 des nordbadischen Energielieferanten einspringen, um mögliche Engpässe bei der Elektrizitätsversorgung zu vermeiden. Vor allem in Süddeutschland drohen als Folge der Abschaltung "Problemtage", da dort große, produzierende Unternehmen ansässig sind. Das baden-württembergische Umweltministerium gab am Freitag grünes Licht für den mit Steinkohle befeuerten Block. Nicht ganz freiwillig, denn die Bundesnetzagentur hatte der Landesregierung Dampf gemacht. Der Hintergrund für die Forderung der Netzagentur liest sich wie ein Drehbuch für einen Endzeitfilm. Doch es handelt sich um ein seriöses Werk mit der Drucksachennummer 17/5672 des Deutschen Bundestags. In dem Bericht wird durchgespielt, was in Deutschland bei einem längeren, großflächigen Stromausfall passieren würde. Bereits nach wenigen Tagen wäre die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sichergestellt. Die Forscher gehen davon aus, dass schon nach wenigen Stunden der Verkehr auf Straße, Schiene und Wasser zum Erliegen kommt. Denn auch Ampelanlagen und andere Leitsysteme fallen aus. Nach einigen Tagen sind die Treibstoffvorräte erschöpft. Ein Ausfall der gesamten Telekommunikation ist nach wenigen Stunden zu erwarten.

Abwasserversorgung

Besonders katastrophal sieht es bei der Wasser- und Abwasserversorgung aus, die nach einigen Stunden ohne Strom nicht mehr funktioniert. Nach 24 Stunden ist auch das Gesundheitswesen erheblich beeinträchtigt. Aufgrund der Abschaltung von Atomkraftwerken muss die Bonner Behörde bis zum 1.September entscheiden, wo zur Sicherung der Stromversorgung Reserven gehalten werden. Die Netzagentur und die AKW-Betreiber hatten davor gewarnt, dass es nach der Abschaltung von acht der 17 deutschen Atomkraftwerke von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall insbesondere in Süddeutschland zu Engpässen in der Stromversorgung kommen könnte.

In Mannheim dient Block 3 dem Großkraftwerk selbst als Reserve, die eingeschaltet wird, wenn am benachbarten Block 6 Wartungsarbeiten vorgenommen werden. Wenn der momentan entstehende Block 9 mit seiner Kapazität von 911 Megawatt in rund drei Jahren ans Netz geht, ist geplant, die älteren Kraftwerkblöcke 3 und 4 stillzulegen.