Mit einer abgebrochenen Bierflasche soll der Angeklagte einen Mann angegriffen haben. (Symbolfoto) Foto: Zstock – stock.adobe.com

In Handschellen und Fußfesseln wurde der Angeklagte in den Gerichtssaal des Amtsgerichts Freudenstadt geführt. Dort musste sich der 31-Jährige wegen gleich drei Anklagepunkten verantworten. Für zwei davon wurde er verurteilt – zu einer Haftstrafe von insgesamt zwei Jahren und vier Monaten.

Freudenstadt - Laut dem ersten Punkt der Anklageschrift soll der 31-Jährige, der sich vor dem Prozess bereits sechs Monate in Untersuchungshaft befand, in einem Hotel in Freudenstadt einen Mann mit dem Fuß getreten und aufgefordert haben, "alles herauszugeben". Anschließend soll er ihm mindestens einmal mit einer abgebrochenen Bierflasche auf das Auge geschlagen haben. Die Beutesumme sei zwar gering gewesen, doch der Geschädigte habe schwere Verletzungen davon getragen, so der Staatsanwalt. Der Vorwurf: besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Von Schreien geweckt

Der Hotelbesitzer erzählte vor Gericht, er sei in jener Nacht von Schreien geweckt worden. Als er zu dem Zimmer geeilt sei, habe er das Opfer mit blutüberströmten Gesicht samt Stichwunden vorgefunden. "Sehen Sie, was er mir angetan hat", soll der Geschädigte gerufen haben. Dieser sagte später selbst als Zeuge aus und berichtete von einem zunächst eher ruhigen Abend in seinem Zimmer. Mit zwei Gästen – darunter auch der Angeklagte – habe er Bier getrunken und Gras geraucht.

Nach einigen Stunden sei es dann zur Eskalation gekommen: "Er hat mich zusammengeschlagen und versucht zu erpressen." Das alles sei wie aus heiterem Himmel passiert. Erbeutet habe der Täter Marihuana im Wert von rund zehn Euro.

Amphetaminsucht im Mittelpunkt

Das Thema Drogen zog sich durch den ganzen Prozess. Die Amphetaminsucht des Angeklagten stand dabei im Mittelpunkt, auch wenn dieser bei seinen Taten zumeist unter Alkoholeinfluss stand. Nur wenige Tage nach dem Vorfall im Hotel soll der 31-Jährige unter anderem zwei Einmachgläser mit Amphetaminen mit sich geführt haben, sowie ein Tablet-PC, mit dem er Betäubungsmittelgeschäfte abgewickelt haben soll. Das Verfahren wurde in diesem Anklagepunkt allerdings vorübergehend eingestellt, da in den Gefäßen nur geringe Mengen an Betäubungsmitteln festgestellt werden konnten, die wohl ausschließlich dem Eigenkonsum dienten.

Mit Faust gegen Kopf

Doch damit nicht genug: In einer Wohnung eines Freundes, in der sich auch die Ex-Freundin des Angeklagten befand, soll dieser auf einen weiteren Hausbewohner eingeschlagen haben. Und das, obwohl dem 31-Jährigen nur kurz davor ein Platzverweis von der Polizei erteilt worden war. Dem Geschädigten habe er mit der Faust gegen den Kopf geschlagen, und als dieser am Boden lag, gegen den Kopf getreten. So der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, die auch hier schwere Körperverletzung vermutete.

"Er wollte mich mit einem Messer angreifen, da habe ich zugeschlagen", lautete die Erklärung des Angeklagten. War die Tat also Notwehr oder doch nur pure Angriffslust? In der Beweisaufnahme war zwar vermehrt von einem Küchenmesser die Rede, allerdings sei damit nur eine Melone geschnitten worden, so der Tenor der Zeugen. "Er wurde nicht mit dem Messer bedroht", sagte auch die Ex-Freundin des Angeklagten voller Überzeugung.

Mehrfach vorbestraft

Der Staatsanwalt war nach der Beweisaufnahme der Auffassung, dass sich die beiden noch übrigen Tatvorwürfe bestätigt haben. Aufgrund des geringen Beutewerts und alkoholbedingter Enthemmung sei im ersten Anklagepunkt allerdings von einem minderschweren Fall auszugehen. Strafverschärfend sei allerdings die Tatsache, dass der 31-Jährige bereits vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und beiden Geschädigten erhebliche Verletzungen zugefügt habe. Der Staatsanwalt plädierte daher für eine Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Auch der Verteidiger musste zugeben, dass sich die Tatvorwürfe im Kerngeschehen bestätigt haben. Da der Schlag mit dem Flaschenhals allerdings seiner Ansicht nach nicht nachgewiesen werden konnte und unklar sei, ob die gesundheitlichen Spätfolgen von einem der Geschädigten auf die Straftat zurückzuführen sei, forderte er eine Freiheitsstrafe von unter zwei Jahren. "Es fehlt an einer positiven Sozialprognose", musste aber auch der Rechtsanwalt über seinen Mandanten feststellen.

Allerletzte Chance

Dieser Auffassung war auch Richterin Jennifer Dallas-Buob. "Eine Amphetaminsucht ohne Einkommen muss erstmal finanziert werden", sagte sie. Dallas-Buob verbannte die Geschichte der Notwehr beim dritten Anklagepunkt ins Reich der Märchen, und verurteilte den 31-Jährigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten in einer Entziehungsanstalt. "Sehen sie es als allerletzte Chance und nicht als Drangsalierung", sagte die Richterin. Sie hoffe, dass eine längerfristige Entziehungskur zur Besserung beitrage und sie den 31-Jährigen "hier nicht mehr sehen muss."