Anscheinend hatten der Horber Dachdeckermeister Ralf S. und seine Kumpanen von der Reichsbürgerbewegung doch nicht nur eine Vision, als sie von der Übernahme der Erde durch Außerirdische fantasierten. Die Narrenzunft setzte es um.
Am Samstagabend war es so weit. Fremdartige Wesen aus unterschiedlichen Galaxien wie Sulz, Dornstetten, Waldachtal, Alta oder Biddelbronn fielen scharenweise in Glitzerklamotten und mit Antennen auf den Köpfen in Horb ein und machten die Hohenberghalle zu ihrem Hauptquartier. Dort pflegten sie die ansonsten der schwäbischen Mentalität völlige wesensfremde Disziplin des Humors und der Fröhlichkeit beim Eröffnungsball der Narrenzunft Horb, der in diesem Jahr unter dem Motto: „Sterne, Ufo’s und E.T. – Horber in der Galaxie“ stand.
Mit von der Partie waren auch wieder einmal die „Blauen Funken“ aus Neuss, deren kurzberockte Tanzgarde bereits vor acht Jahren für moralische Entrüstung eines Zeitungsredakteurs sorgte. Auch der Ehrentisch war wie jedes Jahr gut besetzt.
Hommage an Rosenberger
Der Herr Mack erinnerte an ein Besatzungsmitglied vom (T)Raumschiff Surprise, die Zimmermanns erschienen silber-blau angelaufen, und Rosi hatte als Chef der Horber Aliens drei von Blutadern durchzogene Luftballons als Kostüm auf dem Tisch rumliegen. Ihm, der sich das Recht genommen hat zu sagen „Nun ist es genug“ galt zum letzten Mal das herzliche Willkommen der Narrenzunft. „Dir lieber Peter Rosenberger an dieser Stelle hier, künftig begrüßen wir dich halt nicht mehr als unseren OB, wenn du dennoch kommst, wäre das wirklich schee“, reimte Zunftmeister Christian Bok, der zusammen mit dem diesjährigen Grafenpaar den traditionellen Einzug der Zunft und die Begrüßung der Gäste übernahm. Und der Graf schob in Richtung Rosenberger nach: „Nach 17 Jahren sucht er sich jetzt was Neues. Hoffentlich sagt er nicht bald ,ich bereu es’.“
Meer der Leuchtstäbe
Bevor es dann mit dem Programm losging, war zum Aufwärmen eine Schunkelrunde angesagt. Ein Meer aus Leuchtstäben bewegte sich rhythmisch zur Musik, und die Herren auf der Bühne gaben solch lyrische Weisheiten wie „Der schönste Wald ist er Rechtsanwalt“ zum Besten.
Doch dann war es so weit. Zum Superhit „Venus“ der Band Shocking Blue kam die Moderatorin des Abends, Manu Müller-Ferl, im roten Mini-Glitzer-Fummel samt einer Kopfbedeckung, mit der sie sogar in Ascot Aufsehen erregt hätte, auf die Bühne und behauptete singenderweise, dass sie „on fire“ sei.
Bier, Fußball, Blitzer
Bevor sie zum ersten Programmpunkt überging, bei dem das ideale Horb 2.0, ein Horb, in dem Männerträume wahr werden, modelliert wurde, verriet sich noch schnell den Damen im Saal, was der Mann im Mond sein. „Zumindest schon mal ein guter Anfang.“
Stefan „Foxi“ Fox, der Horber, den sie zusammen mit dem Blitzer Marvin in den Weltraum geschossen hatten, genoss sein Leben ganz ohne Weiber, dafür mit Bier und Fußball in seiner neuen, exterrestrischen Heimat. Dem Blitzer passte das aber gar nicht. „In Horb verbreit ich Angst und Schrecken, dort konnte ich mich gut verstecken. In Isenburg und bei der AHG. Mein Lebensinhalt das war das Blitzen, und jetzt soll ich im All rumsitzen, weil die Horber wollen, dass ich geh. Auf einem Stern rumsitzen, wo keiner Knöllchen kriegt, ganz ohne Ordnungsamt, was mach ich jetzt denn bloß?“ Nur gut, dass wenig später Darth Vader vorbeikam und den Marvin samt seinem Horber zu einer Schunkelrunde einlud und später noch seinen Kumpel Thor anrief, damit der auch noch vorbeikommt. „Ich bin Thor“, stellte er sich vor, und der Blitzer fragte nach: Ihlinger Tor oder was? „Nein, ich bin der Gott des Donners.“ Das freute den Blitzer Marvin, der im Original ganz in der Nähe der Halle in der 30er-Zone stand, denn zusammen mit dem Donner konnte er gut blitzen.
Bürgermeister-Karussell
Wenn die Narren schon Horbs Lieblings-Blitzer den „Marvin“ ins Visier nehmen, dann ist ein klein wenig versteckte Kritik am Gemeinderat auch nicht weit. Der „Möter“ (halb Mensch, halb Köter) und der Doc Planet wussten, warum der Rosenberger nicht mehr in Horb bleiben will. „Würdest du in einer Stadt bleiben wollen, wo Gemeinderäte ihre Fragen von Zetteln ablesen und Sitzungen unterbrochen werden müssen, um Themen zu erklären, über die davor bereits diskutiert wurde? Oder in einer Stadt, in der eine Brücke gebaut wird, die in China in drei Wochen fertig wäre und die hier zehn Jahre dauert? Doch es kristallisierte sich eine Lösung aus dem Andromedanebel des kommunalen Bäumchen-wechsle-dich-Spiels ab. „Empfingen nimmt den Rosenberger, Horb dah Schäfer und Betra kann dah Truffner han“. Win-Win-Win.
Win-Win-Win durften auch alle Besucher des diesjährigen Eröffnungsballs für sich verbuchen, denn sie wurden wieder einmal aufs allerbeste von den Aktiven der Narrenzunft Horb sowohl mit gesanglichen als auch intellektuellen Leckerbissen verwöhnt.
„Außerirdisch Lustiges“ aus dem Programm
„Wow, Höhlenmalerei“
staunte Alien-Jägerin Dana, als sie vor dem Horber Rathaus stand und die Fassade sieht. In dieser Höhle wurde der Horber Ober-Alien vermutet, der dann aus dem Video-Clip heraus live auf die Hohenberg-Bühne verfolgt wurde.
Die Video-Clips sind immer mit ein Highlight
des Eröffnungsballs und sorgten auch dieses Mal für mehr als nur Heiterkeit. Die Besucher aus den fernen Galaxien erfuhren, wie Martin Dörr die Leute beim Einkaufen bescheißt, dass die Mitglieder der Narrenzunft richtig gefährliche Gestalten mit Gesichtern hinter Masken sind, die zur echten Gefahr werden, wenn der Alkohol ausgeht. Und: dass Schrotti Q alles auf Lager hat, was ein echter Alien-Jäger so braucht und darüber hinaus auch noch Besitzer einer günstigen erworbenen KI ist, die alles richtet.
„KI heißt künstliche Intelligenz
und ist das Gegenmittel zur natürlichen Blödheit“ erklärte Schrotti, der im ganzen Weltall eruiert habe, wo es am meisten Bedarf an dieser Intelligenz gibt. „Und genau deshalb bin ich hier.“ Er erinnerte daran, dass kürzlich einer bei der Weinhandlung Dörr seinen Karren gegen die Wand gefahren hat und dabei die Ampel kaputt gemacht hat. „Das scheint bei euch Mode zu sein. Euer Bundeskanzler hat neulich auch den Karren gegen die Wand gefahren und dabei die Ampel zerstört“ wusste er.
Die Live-Schalte aus dem Gemeinderat
wertete der intergalaktische Schrotthändler als allerbeste Fasnetsveranstaltung, tröstete aber alle Anwesenden mit der Erkenntnis: „Isch alles net so schlimm – die KI kriegt’s wieder hin“. Sogar die fürchterlichen Geräusche, die Ralph Zimmermanns Auto macht, konnten mittels KI eliminiert werden. „Wir haben einfach die Helene-Fischer-CD aus dem Rekorder genommen“. So einfach kann die Welt sein.
Was jedoch passieren kann
, wenn man ins Vier-Sterne-Hotel ins Allgäu will, bei Alltours bucht und nicht aufpasst, ob es dort auch All-Biers-Bacher gibt, davon konnten die vier Vier-Sterne-Touristen kalauernd und singend berichten.
Also landeten sie auf dem „Stern des scheidenden Kapitäns
“. „Sein Koffer wartet schon im Flur – er lässt uns allein. Wir seh’n uns an und denken nur – es muss wohl so sein. Steht zögernd vor der Rathaustür und fragt: Was wird aus miiiiiir“? Wenn uns das auch sehr weh tun kann – bloß nicht der Zimmermann“ sangen die Vier voller Inbrunst. Die Besucher tobten vor Begeisterung und Rosi kam hinterher ganz gerührt und spontan auf die Bühne und bedankte sich für diese Hommage. Mit einer Liebeserklärung an Horb verabschiedeten sich die Vier von ihrem Weltraumabenteuer und überließen die Bühne der Besatzung des Traumschiffs Surprise.
Diese hatte ihr Besatzungsmitglied Lärry Luftloch
vor 30 Jahren in Horb vergessen. Was Horb in 30 Jahren mit einem Mann machen kann, dass wurde recht deutlich herausgearbeitet und man muss kein Hellseher sein und herauszubekommen, dass es nichts Gutes ist. Versicherungsvertreter ist er geworden, der Lärry Luftloch, während sich eine seiner vier Venuskugla an einem übergroßen Flachmann festhielt, die andere sich in einen einäugigen, schielenden Marsianer verliebt und die dritte keine Tanke fand, in der sie ihr Raumschiff mit 3.8 Gigawatt Fotzillionen Strom auftanken konnte. Da konnten auch die galaktischen Vier, die in einem Maut-Häusle herumsitzen, nur den Kopf schütteln und lustige Lieder, voll deftigem Horber-Humor, singen.