Das Milaneo wächst in die Höhe – bald sollen die Läden einziehen. Welche Marken ins Milaneo kommen, erfahren Sie in unserer Bildergalerie. Foto: Leif Piechowski

Nur eine Auto-Zufahrt führt von Oktober an zum neuen Einkaufszentrum Milaneo an der Wolframstraße. Experten befürchten Staus und zusätzlichen Feinstaub. Deshalb setzen die Betreiber auf die Stadtbahn – und eine zweite Zufahrt in der Zukunft.

Stuttgart - Der Mailänder Platz wirkt noch etwas gewöhnungsbedürftig. Neben der Stadtbibliothek graben sich die Bagger durch den Boden. Spätestens zur Eröffnung des Einkaufszentrums Milaneo am 9. Oktober soll hier „die wichtigste, schönste und urbanste Ecke“ des neuen Europaviertels entstehen, sagt Mark Gurney. Er ist Chefarchitekt des Hamburger Betreibers ECE und spricht von „einem der größten Projekte, um die ich mich je gekümmert habe“.

In den drei Baukörpern beginnt bald der Innenausbau. Doch eines ist jetzt schon klar: Zur Eröffnung wird hier noch nicht alles fertig sein. Wohnungen, Büros und Hotelzimmer in den oberen Etagen sind erst im Sommer 2015 bezugsfertig. Und auch die Verkehrssituation könnte schwierig werden. Die vorerst einzige Auto-Zufahrt zum neuen Shopping-Solitär führt über die Wolframstraße, die derzeit wie die Heilbronner Straße eine Baustelle ist. Zwar heißt es im Tiefbauamt, das Milaneo werde zur Eröffnung erreichbar sein, die Arbeiten werden danach aber noch Monate dauern.

Der Verkehr an dieser Stelle wird bereits seit Jahren heftig diskutiert. 1680 Stellplätze bietet das Milaneo – weniger als ursprünglich geplant, aber immer noch genug, dass Experten Staus und neue Feinstaubprobleme am nahen Neckartor wittern. „In unserem Einzugsbereich leben rund drei Millionen Menschen“, sagt die neue Centermanagerin Andrea Poul. Die sollen möglichst zu Kunden werden. Und bei Einkaufszentren in dieser Größe reisen die für gewöhnlich überwiegend mit dem Auto an.

Im Milaneo soll das anders sein. „Wir rechnen damit, dass viele Kunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommen“, so Andrea Poul. Eigenen Schätzungen zufolge sollen es bis zu 40 Prozent sein. „Das wäre deutlich mehr als in anderen Einkaufszentren“, sagt sie. Wie viele Menschen das Milaneo pro Tag besuchen könnten, will sie noch nicht abschätzen.

Zahlen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und des Verkehrsverbundes Stuttgart sind in dieser Hinsicht interessant. Laut deren Erhebungen fahren 40 Prozent der Stuttgarter mit Bus und Bahn zum Einkaufen in die Innenstadt. Eine Studie besagt sogar, dass zwei Drittel der Menschen, die aus dem gesamten Verbundgebiet zum Einkaufen nach Stuttgart kommen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Allerdings geht es dabei nicht um ein großes Einkaufszentrum als Ziel, sondern um die gesamte Innenstadt.

SSB-Sprecherin Susanne Schupp hält die Hoffnungen der Milaneo-Betreiber nicht für utopisch. „Das Quartier wird mit der Stadtbahn von zwei Seiten wunderbar erschlossen sein.“ Allerdings nicht vor Ende 2016. Erst dann soll die neue Haltestelle Budapester Platz der U 12 im Europaviertel eröffnet werden. Bis dahin dient ausschließlich die Station Stadtbibliothek als Anbindung. Bei der ECE hält man gar einen Fußmarsch der Kunden vom Hauptbahnhof für denkbar.

Viele Händler in der Innenstadt zweifeln freilich am Nahverkehrskonzept der umstrittenen neuen Konkurrenz. 40 Prozent Besucher per Stadtbahn seien „nicht realistisch“, sagt Heinz Reinboth von der Interessengemeinschaft Königstraße. „Ein solches Einkaufszentrum ist ein Angebot für Autofahrer, das ist ganz normal. Mit dem Fahrstuhl aus der Tiefgarage hoch und später wieder runter“, betont er.

Falls das tatsächlich so kommen sollte, hat die ECE noch einen Trumpf in der Hinterhand. Denn nach dem Stadtbahnbau soll ein Tunnel von der Landesbank her das Milaneo erschließen. So ist es im Bebauungsplan vorgesehen. Genutzt würde dafür die alte Wagenladungsstraße der Bahn parallel zur Heilbronner Straße. Den Tunnel unter dem Einkaufszentrum hat die Bahn bereits gegraben, bestätigt ein Sprecher des Projekts Stuttgart 21. Doch bis dahin werden noch Jahre vergehen. Da liegt der Nahverkehr als Lösung vorerst deutlich näher.

Neue Namen in der Stadt

Betreiber ECE hat am Montag den Vorhang gehoben und die Namen zahlreicher künftiger Milaneo-Mieter bekanntgegeben. Große Überraschungen finden sich nicht darunter. Wie bereits berichtet, wird der irische Textil-Discounter Primark, der bisher in Baden-Württemberg nur eine Filiale in Karlsruhe betreibt, Hauptmieter in der größten Ladenfläche im Einkaufszentrum. Als weitere große Mieter finden sich Media-Markt, Intersport sowie H&M mit seiner größten Filiale in der Stadt. Das Supermarkt-Segment bedient Tegut, wie Primark ebenfalls neu in Stuttgart. Überhaupt wirbt die ECE damit, 70 Geschäfte in die Stadt zu bringen, die es hier bisher noch nicht gegeben hat. Die Mischung soll etwas für jeden bieten.

Den Schwerpunkt unter den gut 200 Läden und Restaurants bildet die Textilbranche. Sie belegt etwa 60 Prozent der 43 000 Quadratmeter Verkaufsfläche. 93 Prozent der Flächen sind laut ECE bisher vergeben. Noch zu haben sind lediglich kleinere Ladeneinheiten. Laut Betreiber sollen im Einzelhandelsbereich rund 1400 Voll- und Teilzeitarbeitsplätze entstehen.

Die Gastronomie wird sich mit fünf Restaurants am neuen Mailänder Platz sowie in einem Food Court im Einkaufszentrum konzentrieren. Gut 20 Anbieter mit insgesamt 1000 Sitzplätzen sind geplant. Dazu gehören lokale Anbieter wie Todis und El Chico sowie die üblichen Ketten McDonald’s, Nordsee, Sega-fredo oder Dunkin’ Donuts. Den Mailänder Platz soll neben GinYuu mit asiatischer Küche vor allem der Burgerspezialist Hans im Glück beleben, der im Europaviertel vor kurzem bereits ein weiteres Restaurant eröffnet hat.

Weitere Namen, die Publikum in den Einkaufstempel locken sollen: Bücherhändler Osiander aus Tübingen, der VfB Stuttgart mit einem Fanshop, Liebeskind, Replay, Calzedonia, Calida, Triumph, die Herrenmodemarke Digel aus Nagold, Zara, Zara Home, Pull & Bear, Bershka, Mango, Reserved, Vero Moda, Jack & Jones, Kiko, Crocs sowie mehrere Spezialisten für Laufschuhe. Eine Lebensmittelabteilung bestücken unter anderem Feinkostanbieter Wajos, die Metzgerei Dietz und der Obst- und Gemüseanbieter Green Tomato. (jbo)