Die Entscheidung steht: Das Wasserkraftwerk der ENRW am Neckar wird zurückgebaut. Foto: Otto

Dass die Stadt Rottweil gerade in diesen Zeiten ein Wasserkraftwerk abbauen will, hat auch überregional für Schlagzeilen gesorgt. Verwaltung und Gemeinderatsfraktionen machen jetzt klar: An der Entscheidung wird nicht gerüttelt.

Rottweil - Die Aufregung ist groß. Jetzt, wo der Ruf nach regenerativen Energien lauter denn je ist, macht Rottweil ein Wasserkraftwerk dicht. Es sei wichtig, so Oberbürgermeister Ralf Broß in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, die Entscheidung nochmals zu begründen. Es habe ein sorgfältiger Abwägungsprozess stattgefunden. Man sei sich der Bedeutung regenerativer Energien bewusst – kenne aber auch die Qualität des Neckars im aufgestauten Bereich. "Der Neckar ähnelt dort einer Kloake", so Broß. Ziel sei es, den Arten- und Habitatschutz sowie die Durchgängigkeit zu gewährleisten. Eine zusätzliche Komponente sei der verbesserte Hochwasserschutz. Er sei dankbar für den Leserbrief von Lokaler Agenda, NABU und BUND. Diese hatten sich für den Abbau ausgesprochen.

Es geht um Rottweil am Neckar

Fachbereichsleiter Rudolf Mager machte die Hintergründe mit Blick auf die Landesgartenschau (LGS) 2028 deutlich. Es gehe um "Rottweil am Neckar". Darauf sei die LGS ausgerichtet – einhergehend mit einer umfassenden neuen Stadtentwicklung.

Der Neckar sei von der Schindelbrücke bis zur Prim schlecht klassifiziert, der Hochwasserpegel müsse verlegt werden um den Unterliegern besseren Hochwasserschutz zu gewährleisten. Durch die Aufstauung am Wehr der ENRW entstehe ein "atypischer Flussabschnitt". Mit der geplanten Revitalisierung dagegen könne über zwei Kilometer eine hervorragende Aufwertung des Gewässers erzielt werden. Der Energieertrag der Anlage – rund 120 Haushalte können versorgt werden – wiege dies nicht auf. Im Übrigen bleibe die Anlage in den Grundzügen bestehen, werde aber durchgängig gemacht. Zudem entsteht dort ein Übergang. Man schaffe eine "neue Erreichbarkeit des Neckars für die Menschen".

Öffentlicher Aufschrei

Der öffentliche Aufschrei hat auch die Meinung der Stadträte nicht ins Wanken gebracht: Alle Fraktionen bekräftigten die Entscheidung zum Rückbau des Wehrs und hoben erneut die sorgfältige Abwägung aller Faktoren und den hohen Mehrwert hervor.

Wegfall wird kompensiert

"Den Wegfall der Stromerzeugung werden wir kompensieren", so Arved Sassnick (SPD+FFR). Man könne dem nur zustimmen. Sein Fraktionskollege Reiner Hils bezeichnete die Renaturierung als "Jahrhundertchance" für den Neckar. Auch die CDU steht zum Beschluss. In der öffentlichen Diskussion sei der Ertrag des Kraftwerks in manchen Beiträgen viel zu hoch kommuniziert worden. "Wir müssen bei der Realität bleiben", so Monika Hugger. PV-Anlagen könnten ungleich mehr Ertrag bieten.

Für Peter Schellenberg (FWV) ist klar: "Da gibt es kein Zurück mehr." Man könne sonst auch gleich sagen, man verzichte auf die Landesgartenschau. "Die Vorteile überwiegen klar", so auch Daniel Karrais (FDP). Es handle sich um eine "kleine Wasserkraft". Deren Förderung sei längst gekürzt worden – eben weil der Ertrag die Umweltschäden nicht aufwiege. Den Grünen sei die Entscheidung "wahrlich nicht leicht gefallen", so Frank Sucker. Die Gesamtbetrachtung ergebe jedoch "einmalige ökologische Gewinne" auf zwei Kilometern des Neckars.

Laut OB Broß tüfteln Planungsbüros bereits an den Plänen zur Revitalisierung. Das Preisgericht dazu tagt am 6. Mai – jetzt auch mit einem abermals untermauerten Beschluss im Rücken.