Immer mehr Mais wandert in Biogasanlagen. Foto: dpa

Biogasanlagen laufen mit Mais richtig gut. Allerdings nicht mehr lange, wenn es nach der Politik geht.

Biogasanlagen, die aus Pflanzenrohstoffen und Gülle Gas und Strom erzeugen, galten lange als verlässliche Säule der Energiewende. Weil ihr Öko-Nutzen zweifelhaft ist, stehen sie heute auf dem Abstellgleis. Der Neubau bricht ein.

Stuttgart - Biogasanlagen, die aus Pflanzenrohstoffen und Gülle Gas und Strom erzeugen, galten lange als verlässliche Säule der Energiewende. Weil ihr Öko-Nutzen zweifelhaft ist, stehen sie heute auf dem Abstellgleis. Der Neubau bricht ein.

Seit die Pläne der möglichen neuen Bundesregierung zum Umbau der Energiewende auf dem Tisch liegen, herrscht in der deutschen Biogasbranche Krisenstimmung – und bei Tausenden Landwirten in ganz Deutschland auch. Der Grund: Die Politik will die Förderung neuer Gärmeiler – meist stehen sie auf Höfen von Bauern – strikt begrenzen. Die Biogasbranche könnte damit der erste große Verlierer im Poker um die zukünftige Förderung erneuerbarer Energien sein.

Wie aus einem Entwurf des Koalitionsvertrags hervorgeht, der unserer Zeitung vorliegt, könnten Biogasanlagen, die das Nahrungsmittel Mais zu Gas vergären und dann zu Strom weiterveredeln, zukünftig gar nicht mehr gefördert werden. Nach den Plänen soll die Förderung zumindest drastisch eingeschränkt werden. In den Anlagenbestand soll aber nicht eingegriffen werden.

Mais hat hohen Energiegehalt

Dennoch würde eine Neuregelung der Förderung einer Vollbremsung für die Biogasbranche gleichkommen. Nach Zahlen des Fachverbands Biogas (FVB) droht der Anlagenneubau 2014 auf 180 einzubrechen. 2011 bauten Landwirte bundesweit noch 1270 Biogasanlagen neu. In Baden-Württemberg gingen nach Daten des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums im ersten Halbjahr 2013 nur 24 Anlagen ans Netz.

Mais ist aufgrund seines hohen Energiegehalts der bevorzugte Rohstoff der Landwirte bei der Biogaserzeugung. Mehr als 90 Prozent der 7500 Anlagen im Bund werden derzeit zumindest teilweise mit den gelben Körnern betrieben. Fiele Mais als Rohstoff weg, würde die Gasproduktion in vielen Fällen unrentabel. Ersatzstoffe wie Gülle oder Grasschnitt sind viel energieärmer.

In seltener Härte hat der Bundesverband Bioenergie (BBE) daher jüngst an die möglichen Koalitionäre appelliert, „in der Spur zu bleiben“. Die in den Koalitionsverhandlungen vorgesehene Begrenzung des Biomasseeinsatzes zur Stromproduktion „auf Abfall und Reststoffe“ – etwa Gülle – sei völlig unakzeptabel, so der BBE. Nach Aussagen von Bastian Olzem, Sprecher des FVB, wäre es „fatal“, wenn die Vergütungen für Mais und Co. wegfielen.

Mais-Monokulturen breiten sich aus

Bisher erhalten Betreiber von Biogasanlagen für jede in Biogasanlagen erzeugte Kilowattstunde Strom feste Vergütungen – über eine Dauer von 20 Jahren. Im Moment bewegen sie sich je nach Anlagenklasse, -Größe und Gärrohstoff zwischen sechs und rund 30 Cent je Kilowattstunde.

Üppige Vergütungen haben im vergangenen Jahrzehnt zu einem stürmischen Wachstum der Anlagenzahlen, vor allem in den Flächenländern Bayern und Niedersachsen, aber auch in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, geführt. Besonders zwischen 2004 und 2006 sowie zwischen 2009 und 2011 erlebte die Branche einen Boom. Sichtbar wird er oft an riesigen Mais-Monokulturen, die die Biogasanlagen umgeben. Zwar wird nach Angaben des FVB nur rund ein Drittel der etwa 2,5 Millionen Hektar Maisanbauflächen in Deutschland für die Biogasproduktion verwendet, allerdings geht die Ausweitung der Maisflächen in letzter Zeit fast ausschließlich auf den Boom der Gärreaktoren zurück.

Umweltverbänden, wie dem Naturschutzbund Nabu sind die Anlagen daher schon lange ein Dorn im Auge. In einer Resolution sprach sich der Verband jüngst gegen die Nutzung von Mais in den Anlagen aus. Diese habe zu „massiven Fehlentwicklungen geführt“. Dadurch seien Flächen für den Anbau von Nahrungsmitteln „verbraucht“ worden. Zudem beeinträchtigten die entstehenden Monokulturen die „biologische Vielfalt“. Eine Einschätzung, die die Politik teilt. Ausdrücklich nennt das Koalitionspapier „die Vermaisung der Landschaft“, als ernst zunehmendes Problem.

Aus Sicht des Bauernverbands im Südwesten (LBV) stehen Energie und Lebensmittelerzeugung nicht zwingend in Konkurrenz. Biogas könne produziert werden, ohne in die Lebensmittelerzeugung einzugreifen, sagte ein Sprecher.