Bei der Polizeidirektion Freiburg häufen sich die Korruptionsfälle. Foto: dpa

Bestechlichkeitsfälle häufen sich. Verdächtige Beamte vom Dienst suspendiert. Präsident: "Es gibt kein strukturelles Problem".

Freiburg - Bei der Polizeidirektion Freiburg ist innerhalb von zwei Jahren der fünfte Verdachtsfall von Korruption bekannt geworden. Polizei und Staatsanwaltschaft warnen jedoch vor einer Überinterpretation.

Nein, ein Strukturproblem hat die Freiburger Polizei nicht, so Südbadens Polizeipräsident Bernhard Rotzinger und Freiburgs Polizeichef Alfred Oschwald einmütig. Aber eine auffällige Häufung von Fällen, in denen Beamte wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Verrats von Dienstgeheimnissen in den Fokus der Ermittler der Abteilung "Sonderermittlungen und organisierte Kriminalität" bei der übergeordneten Landespolizeidirektion (LPD) geraten sind. Anlass genug für die Behörde, nun in die Öffentlichkeitsoffensive zu gehen.

Der jüngste Fall: Ein 41-jähriger Polizist des Reviers Süd ist vom Dienst suspendiert worden. Es soll um Geheimnisverrat und angekündigte Razzien im Rotlichtmilieu gehen. Ob der Mann Geld oder andere Vorteile für seine Informantendienste erhalten hat, will man derzeit bei Polizei und Staatsanwaltschaft nicht im Detail mitteilen, auf die Schliche gekommen sind die Ermittler dem Mann wohl durch Hinweise aus anderen Strafverfahren. "Die Ermittlungen sind noch in einem zu frühen Stadium, um mehr mitzuteilen", so Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier.

Oft ist an den Vorwürfen nichts dran

Immerhin: Eine Durchsuchung bei dem Mann hat vergangene Woche bereits stattgefunden. "In der Regel haben wir es bei solchen Fällen mit einer sehr langen Ermittlungszeit zu tun, die mindestens ein halbes Jahr dauert", so LPD-Sonderermittler Arno Englen. Ausgangspunkt seien häufig auch Unregelmäßigkeiten, die den Kollegen im Dienst auffallen.

Dass auch Polizisten Ziel von Ermittlungsarbeit sind, gehört eigentlich fast schon zum Alltag der Staatsanwaltschaft, so Wolfgang Maier: "Das sogenannte Legalitätsprinzip schreibt vor, dass wir in jedem Fall ermitteln müssen, wenn jemand Strafanzeige erstattet, egal ob begründet oder nicht." Oft genug ist an solchen Sachen aber nichts dran, und es gilt in Gangsterkreisen als probates Mittel, engagierte Polizisten anzuzeigen, um sie zumindest mittelfristig loszuwerden. Aber auch Beschwerden über Polizisten geht die Polizei in jedem Fall nach, wie Alfred Oschwald betont. "Häufig genug sind die aber auch gegenstandslos."

In fünf Fällen war es zuletzt bei der Freiburger Polizei aber anders: Fünfmal wurden die Ermittler in den letzten drei Jahren fündig. Allen betroffenen Polizisten wurde Geheimnisverrat vorgeworfen, eine "schwere Verfehlung", wie Oschwald es nennt. In einem Fall war es sogar der Leiter einer Außenstelle der Kripo, der zum Täter wurde, doch wurde das Verfahren nun eingestellt, weil die Vorgänge verjährt sind.

In engem Zusammenhang mit diesem Fall wird es jedoch im Juni zum Prozess gegen einen anderen Freiburger Beamten kommen, der über viereinhalb Jahre lang Monat für Monat 200 Euro Schmiergeld von einem Autohändler eingesteckt und diesen dafür mit Daten von Fahrzeughaltern versorgt haben soll. Der Mann hat mittlerweile den Dienst quittiert, um einem Disziplinarverfahren zu entgehen. Dem Gefängnis dürfte er indes nicht entgehen: Bis zu fünf Jahre Haft drohen ihm im Fall einer Verurteilung wegen Verstoß gegen Paragraph 353B des Strafgesetzbuches, der das Thema Verrat von Dienstgeheimnissen zum Inhalt hat.

Die anderen verdächtigen Beamten sind allesamt vom Dienst suspendiert und dürfen nicht einmal mehr ihre früheren Arbeitsplätze betreten. Sie würden dort ohnehin nicht mit offen Armen empfangen werden, wie Freiburgs Polizeisprecher Karlheinz Schmid wiederholt betont hat: "Die Kollegen hier im Haus sind stinksauer, wenn in den eigenen Reihen einer straffällig wird." Auch diesen Verdächtigen drohen Haftstrafen und als disziplinarische Folge der Rauswurf aus dem Polizeidienst, so LPD-Justitiar Markus Eisenbarth.

In einem Fall steht ein Polizist aus Breisach unter dem Verdacht, im Zockermilieu Dienstgeheimnisse verraten zu haben, in einem anderen, Fall wird gegen einen Kriminaloberkommissar aus Freiburg ermittelt, der seine Tätigkeit als Führer von V-Leuten im kriminellen Milieu für eigene kriminelle Machenschaften genutzt haben soll. Beide Fälle, so Wolfgang Maier, "werden nicht auf dem Schreibtisch eines Staatsanwalts ihr Ende finden", sondern wohl auch zur Anklage führen. Die Ermittlungen dauern aber noch.

Dass die Freiburger Polizei derzeit immer wieder für solch negative Schlagzeilen sorgt, ist laut Polizeichef Alfred Oschwald vor allem der Größe der 1200 Mann starken Behörde zuzuschreiben. Eine besonders kriminelle Ader der Freiburger Beamten gebe es nicht. Das bestätigt auch Sonderermittler Arno Englen: "Wir haben es hier mit individuellem Fehlverhalten zu tun", wenngleich es sich um "herausragende Fälle" handle.