Die Stadtliga macht auf Mangel und Not bei Menschen in der Stadt aufmerksam. Auch Menschen mit Arbeit seien zunehmend von Existenzängsten bedroht.
„Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass Armut mitten unter uns ist“, betonen die Vertreterinnen und Vertreter der Stadtliga Lahr. Armut habe viele Gesichter – sie betreffe Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen gleichermaßen. Anlass für den Aufruf ist die Aktionswoche „Armut bedroht alle“ vom 10. bis 18. Oktober.
Was alle eint, seien ungleiche Chancen: eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung und Prävention, begrenzte Teilhabemöglichkeiten und tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen.
Die Mitglieder der Stadtliga erleben diese Realität laut einer Mitteilung täglich – in Beratungsstellen, bei der Lahrer Tafel, bei Marthas Tisch oder im Café Löffel. „Die Existenzängste nehmen spürbar zu“, heißt es.
Auch Menschen mit Arbeit seien zunehmend von Armut betroffen. Im unteren Lohnsegment reichten die Einkommen oft nicht aus, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu decken. „Mietkosten verschlingen häufig mehr als die Hälfte des Einkommens – bezahlbarer Wohnraum ist daher ein zentrales Instrument zur Armutsbekämpfung“, wird betont.
Hinzu kämen strukturelle Herausforderungen: „Lange Bearbeitungszeiten bei Behörden verschärfen Notlagen“. Wer Monate auf Bescheide zu Wohn- oder Kindergeld warte, steht vor existenziellen Fragen – wie soll die Miete, der Strom oder der nächste Einkauf bezahlt werden?
Faire Löhne und bezahlbare Mieten werden gefordert
Die Stadtliga Lahr fordert, dass Armut nicht ignoriert werden dürfe.„Die Qualität einer Gesellschaft zeigt sich im Umgang mit den Schwächsten“, äußert die Liga-Vorsitzende Mireille Ochalek-Starzetz, die dem Aufsichtsrat der Lahrer Caritas angehört. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei es unerlässlich, Menschen in Armut nicht weiter abzuhängen. Es brauche gemeinsame Anstrengungen, um Teilhabe in Bildung, Arbeit und Wohnen zu ermöglichen.
Zentrale Forderungen der Stadtliga sind zum einen eine frühzeitige Prävention: Investitionen in Bildung, frühkindliche Förderung und Lernunterstützung reduzierten langfristig Benachteiligungen. Außerdem müssten Arbeitsmarkt- und Mietpolitik Hand in Hand gehen – mit fairen Löhnen, bezahlbarem Wohnraum und verlässlichen Unterstützungssystemen.
Es brauche auch eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen, Wohlfahrtsverbänden, Stiftungen, Kirchen und der Privatwirtschaft – dies schaffe tragfähige Strukturen für Hilfe, Beratung und Teilhabe.
„Unser zentrales Anliegen ist die Sensibilisierung innerhalb der Gesellschaft“, meint Ochalek-Starzetz. „Armut muss enttabuisiert, Berührungsängste abgebaut und offene, respektvolle Dialoge gefördert werden.“Engagement und Spenden dürfe es nicht nur in Krisenzeiten geben, sondern müssten dauerhaft verankert werden – durch Bildung, Informationsveranstaltungen, ehrenamtliches Engagement und soziale Aktionen in Schulen, Vereinen und Betrieben.
Die Stadtliga Lahr ruft in ihrer Mitteilung Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft dazu auf, „Armut nicht länger zu ignorieren“ und bietet bei der Suche nach Lösungen ihre Beteiligung an, „damit alle Menschen in Lahr die Würde, Sicherheit und Teilhabe erfahren, die ihnen zustehen“.
Das ist die Stadtliga
Die sogenannte Liga der Stadt Lahr ist ein Zusammenschluss sozialer Einrichtungen, dem der Caritasverband Lahr, das Diakonische Werk im Evangelischen Kirchenbezirk Ortenau, der Kreisverband Ortenau der Arbeiterwohlfahrt, das DRK Ortenau, und der Paritätische Ortenau/Lahr angehört, ein Wohlfahrtsverband von Organisationen, Einrichtungen und Gruppierungen der Wohlfahrtspflege.
Die Aktionswoche „Armut bedroht alle!“ ist eine regelmäßige Veranstaltung jährlich im Oktober, wobei 2025 der Schwerpunkt auf dem gesellschaftlichen Zusammenhalt liegt. Sie wird in Baden-Württemberg von der Landesarmutskonferenz und weiteren Partnern organisiert, um auf soziale Ungleichheit aufmerksam zu machen. Parallel dazu gibt es auch den internationalen Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober.