Die Gräber auf dem Deportiertenfriedhof Gurs erinnern an individuelle Schicksale von Verfolgten des Nazi-Regimes. Foto: Stadt Karlsruhe

Die Stadt ist der Arbeitsgemeinschaft zum Erhalt und zur Pflege des Deportiertenfriedhofs in der französischen Stadt beigetreten. Dort befinden sich 1073 Gräber, die an die Opfer des Nazi-Terrors erinnern – darunter auch Menschen aus Lahr und Umgebung.

Mehr als 6500 badische, pfälzische und saarländische Bürger jüdischer Abstammung wurden am 22. Oktober 1940 festgenommen, in Sonderzügen nach Frankreich gebracht und im Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen eingesperrt.

Alle registrierten Juden, die irgendwie transportfähig waren, mussten mitkommen: kleine Kinder, alte und gebrechliche Menschen, Männer und Frauen. Nur wer mit einem „arischen“ Partner oder einer „arischen“ Partnerin verheiratet war, konnte bleiben, heißt es in einer Mitteilung der Lahrer Stadtverwaltung.

45 Lahrerinnen und Lahrer waren von der Deportation am 22. Oktober 1940 betroffen. 23 von ihnen wurden direkt aus Lahr verschleppt, die übrigen lebten zu diesem Zeitpunkt in anderen badischen Städten. Viele alte und geschwächte Menschen überlebten den ersten Winter in Gurs nicht.

Zwischen 1942 und 1944 wurde etwa ein Drittel der jüdischen Menschen, die nach Gurs deportiert worden waren, in die Vernichtungslager von Majdanek, Sobibor oder Auschwitz – allesamt im besetzten Polen – verbracht.

Der heutige Deportiertenfriedhof ist ein Mahnmal zur Erinnerung an das Lager Gurs. Bereits 1945 hatte der Verband der jüdischen Gemeinschaften der Basses-Pyrénées ein Denkmal für die Opfer errichtet. Der Friedhof verwilderte jedoch im Lauf der Jahre zusehends.

Lahr steht an der Seite von Städten wie Karlsruhe, Mannheim oder Freiburg

Daraufhin brachten die badischen Städte, Gemeinden und Kreise, aus denen jüdische Bürger in Gurs begraben sind, mit einer Spendenaktion die Gesamtkosten der Neugestaltung auf. Der renovierte Friedhof, den die Gemeinde Gurs dem Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden für 99 Jahre verpachtet hat, wurde am 26. März 1963 eingeweiht.

Die fünf Städte Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Heidelberg und Pforzheim sagten zu, die Kosten für die weitere Unterhaltung und Pflege des Friedhofs gemeinsam zu tragen. Elf weitere Städte sowie der Bezirksverband Pfalz sind bislang hinzugekommen, die Stadt Lahr ist der Arbeitsgemeinschaft zum 1. Mai als 18. Mitglied beigetreten.

Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft auf Initiative und Entscheidung von OB Ibert

„Am 3. Februar dieses Jahres haben sich etwa 4000 Menschen aus Lahr und der gesamten Umgebung auf dem Rathausplatz versammelt, um Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit eine klare Absage zu erteilen. Hierfür setzt die Stadt Lahr mit ihrem Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft zum Erhalt und zur Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs nun ein weiteres Zeichen“, betont OB Markus Ibert laut der städtischen Mitteilung. „Den Menschen, die im Oktober 1940 nach Frankreich deportiert wurden, wurde alles genommen: ihre Heimat, ihre Angehörigen, ihre Identität, ihr Leben. In Lahr erinnern an ihre Schicksale 23 Stolpersteine vor den letzten Wohnhäusern der Deportierten sowie der Gedenkstein auf dem Friedrich-Ebert-Platz, dessen Zwillingsstein Teil des Mahnmals in Neckarzimmern ist. In Gurs ist es der Friedhof, der als mahnende Gedenkstätte wirkt – für das dunkelste Kapitel unserer Geschichte, das sich niemals wiederholen darf.“

Der Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft erfolgt auf Initiative und Entscheidung von OB Ibert, wie die Stadtverwaltung in ihrer Mitteilung hervorhebt. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 300 Euro. Die nächste Gedenkveranstaltung auf dem Deportiertenfriedhof in Gurs, zu der die Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit dem Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden einlädt, ist für Sonntag, 27. Oktober, vorgesehen.

Das Lager Gurs

Fast die gesamte jüdisch-deutschen Bevölkerung aus Baden, der bayerischen Pfalz und der Saarpfalz wurde 1940 ins Lager Gurs deportiert. Die meisten dieser Häftlinge wurden, soweit sie unter den extremen Bedingungen bis dahin überlebt hatten, anschließend von dort ab August 1942 erneut deportiert und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. Seit 1994 ist das Lagergelände eine nationale Gedenkstätte, die die Erinnerung an seine Geschichte und die dort Internierten, an Flüchtlinge, Widerstandskämpfer und deutschen Juden, an die Misshandelten und Ermordeten wachhalten soll.