Trafen sich zum interreligiösen Gespräch in der Alten Synagoge: Mario Peters, Benedict von Bremen, Hasan Dagdelen, Jochen Maurer, Sebastian Hobrack und Amrei Steinfort (von links). Foto: Maute

Vortrag: Vertreter des Islam, des Judentums und des Christentums unterhalten sich in Alter Synagoge

In der Alten Synagoge haben Vertreter von Judentum, Christentum und Islam einen interreligiösen Trialog geführt. Es ging nicht um Unterschiede, sondern u Gemeinsamkeiten bei Erinnerung und Gedenken.

Hechingen Im Rahmen der Veranstaltung, die von Mario Peters musikalisch umrahmt wurde, tauschten sich Sebastian Hobrack, Pfarrer Jochen Maurer und Hasan Dagdelen aus.

Zunächst kam die emotionale Komponente der Erinnerung zur Sprache. Sie kann aufwühlen, wie Amrei Steinfort, die die Veranstaltung mit Benedict von Bremen moderierte, anhand einer Begegnung mit einer älteren Dame schilderte, die sie im ehemaligen jüdischen Gemeindehaus in der Goldschmiedstraße getroffen hat. Einst wohnte die Frau dort in derselben Wohnung wie Amrei Steinfort, die ihr spontan anbot, einen Blick in ihre früheren Wohnräume zu werfen. "Sie ging durch das Haus. Dann kamen die Erinnerungen", erzählte sie.

Auf Erinnerung im jeweiligen Glaubens-Verständnis gingen die Referenten ein. Wie Sebastian Hobrack erklärte, sprechen Juden zu Beginn des Sabbats stets ein kleines Ritual, in dem zweimal das Wort "Erinnerung" auftauche.

Einmal als Gedenken an den Auszug aus Ägypten, ein weiteres Mal als Gedenken an das Schöpfungswerk. Spätestens an dieser Stelle wird der bibelkundige Leser stutzig. Wie kann sich der Mensch an das Schöpfungswerk erinnern? "Es geht nicht um das Erinnern, sondern um das Bewusstsein", klärte Hobrack auf. Und das eröffne zwei wichtige Horizonte: "Wir sind Schöpfung. Und wir sind berufen zur Freiheit."

In Bezug auf Erinnern und Gedenken in der christlichen Kultur ging der evangelische Pfarrer Jochen Maurer auf den Sonntag ein – den ersten Tag der Woche. "Am ersten Tag der Woche haben die Frauen das Grab Jesu besucht. Vom diesem Auferstehungs-Erinnerungstag gehen wir aus", erläuterte Maurer, der deutlich machte, dass Erinnern viel mehr sei, als daran zu denken, was vor 2000 Jahren geschah. Sondern es habe damit zu tun, "dass etwas gegenwärtig wird."

Dass "die Vergegenwärtigung des eigenen Todes" in der Gedenkkultur des Islams einen hohen Stellenwert besitzt, berichtete Hasan Dagdelen. "An drei Tagen wird im islamischen Jahr kollektiv der Toten gedacht. Am Zuckerfest, am Opferfest und drei Tage vor Ramadan besuchen die Familien die Gräber ihrer Verwandten und lesen den Koran."

Was das Shoa-Gedenken betrifft, das im Islam keine große Rolle gespielt habe, erkennt er einen Wandel. Es sei wichtig, über Ereignisse zu reden und gemeinsam zu trauern, erläuterte er am Beispiel von Besuchen mit muslimischen Studenten in Yad Vashem. "Von der deutschen Gedenkkultur können wir viel lernen", so Dagdelen.

Und sind Rituale der Erinnerungskultur hilfreich? "Wenn sie mit Wärme kommuniziert und mit Sinn gefüllt werden, bin ich dafür", lautete die Antwort von Sebastian Hobrack. Ein Besucher: "Es ist wertvoll, Erinnerungskultur zu leben, um vorzubeugen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen."

Ein Teil der Erinnerungskultur macht für Jochen Maurer auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Täter aus. Ebenso wichtig sei es, den Menschen zu gedenken, die sich dafür eingesetzt haben, dass Juden überleben konnten. "Erinnern ist Pflicht", brachte es Sebastian Hobrack auf den Punkt. Und: "Wir sollten den Mut finden, uns zu dem zu bekennen, was unsere Kultur ausmacht."