Vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen ging es unlängst um die Klage der Ergenzinger Kindertagesmutter Nadine Alexandr, die seit einem Jahr von ihren Ersparnissen lebt, weil die Jugendbehörde des Landratsamts Tübingen ihr die Bezahlung verweigert.
Der Grund dafür: Die seit sechs Jahren tätige und qualifizierte Tagesmutter mit gültiger Pflegeerlaubnis kam der Forderung des Tageselternvereins Tübingen nicht nach, sich zusätzlichen fachlichen Beratungen aller Beteiligten (Eltern, Tagesmutter, Tageselternverein) zu unterwerfen und auch per Unterschrift zu quittieren. Sie vertrat die Auffassung, dass diese Maßnahmen gesetzlich nicht vorgeschrieben seien und sah sich auch durch den Landkreis Freudenstadt bestätigt, der solche Beratungen nicht praktiziere.
Außerdem sah Alexandr in diesen Gesprächen unnötigen bürokratischen Aufwand. Die Folge: Sie schaltete im März des vergangenen Jahres einen Rechtsbeistand ein.
Dieser vertrat die Auffassung, dass aus einem Beratungsrecht keine Beratungspflicht abzuleiten sei. Das stehe auch so nicht im Sozialgesetzbuch. Außerdem könne eine Beratung auch nicht aufgezwungen werden.
Es folgte dann ein reger Schriftverkehr und da nicht nur Gottes Mühlen langsam mahlen, sondern auch die der Justiz, kam es erst am 6. Februar 2025 zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen. Dort wurde die ganze Geschichte – bei zwei notwendig gewordenen Unterbrechungen – rechtlich erörtert.
Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts
Letztlich verwies das Gericht auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein, in welchem den Jugendbehörden der Landratsämter zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein breiter Ermessensspielraum eingeräumt wurde. Dieser betreffe auch die Mitwirkungspflicht der Kindertagesmütter bei bestimmten Anlässen, wenn es um die Bewilligung von Tagespflege gehe. Diese Rechtsauffassung teile auch das Verwaltungsgericht in Sigmaringen.
Daraufhin zog der Rechtsbeistand der Tagesmutter die Klage zurück, wohl auch deshalb, weil Letztere nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Es kam dann auch zu keinem Urteil, sondern lediglich zu einem Beschluss. Im Klartext: Die Klägerin, der Tageselternverein und die Jugendbehörde müssen sich einigen.
Thema ist nicht vom Tisch
Ungeachtet dessen, dass Alexandr sich dem Gerichtsbeschluss unterwerfen wird, ist für sie das Thema noch nicht vom Tisch. Sie will nun auf der politischen Schiene weiter dafür kämpfen, dass alte Zöpfe und eine überbordende Bürokratie irgendwann der Vergangenheit angehören. Dafür will sie bei der Mitgliederversammlung des Tageselternvereins werben.
Unterstützt wird sie in ihren Anliegen von Christine Jerabek, der ersten Vorsitzenden des Landesverbandes für die Kindertagespflege in Baden-Württemberg. Diese will sich in regionale Dinge nicht einmischen, spricht sich aber dafür aus, dass alle Beteiligten möglichst schnell an einen Tisch sitzen.
Primär gehe es darum, dass die Ergenzinger Tagesmutter existenziell nicht länger gefährdet werde, aber auch, dass der Betreuungsplatz in Ergenzingen erhalten bleibe. Nachdem die Tagesmutter bereit sei, mit den Behörden zu kooperieren, müssten jetzt endlich auch die finanziellen Mittel fließen. Zum einen für die acht Kinder, die Alexandr derzeit betreue, zum andern für die aufgelaufenen Zahlungsrückstände aus dem vergangenen Jahr, die Alexandr ohne kommunale Zuschüsse mit 32.000 Euro beziffert, mit kommunaler Beteiligung 36.000 Euro.
Stand heute wurden der Tagesmutter noch keine Terminangebote für sogenannte „Dreiergespräche“ gemacht. Diese will sie jetzt beim Tageselternverein in Tübingen selbst anstoßen.