Der Erfrierungsschutz der Erlacher Höhe ist für Notfälle jede Nacht erreichbar. Unterstützt wird die Einrichtung nun von dem noch jungen Verein „Metality“, der Schlafsäcke gespendet hat.
Auch wenn die Temperaturen für Dezember derzeit ausgesprochen mild sind, so ist wohl jeder froh, wenn er sich abends auf der Couch in eine Decke kuscheln kann. Nicht allen Menschen ist dieses Privileg jedoch vergönnt – sie haben weder Sofa, noch Decke. Und manche nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Damit diese Personen zumindest dem Risiko des Erfrierungstodes auf offener Straße nicht ausgesetzt sind, hat die Erlacher Höhe in Calw vor Jahren den Erfrierungsschutz etabliert – eine Notfallbleibe für kalte Winternächte. Vor wenigen Tagen durfte sich die Erlacher Höhe nun über Unterstützung freuen: Der Verein „Metality“ spendet 24 Schlafsäcke an die Einrichtung.
Junger Verein Der noch junge Verein, der zwar deutschlandweit agiert, aber in sogenannte Chapter eingeteilt ist, hat sich auf die Fahne geschrieben, die Werte des Heavy Metal in die Gesellschaft zu tragen. Als da wären beispielsweise Toleranz, Respekt und Mitgefühl, wie auf der Homepage zu erfahren ist.
Wie sie das in die Tat umsetzen? Beispielsweise mit Spenden von Schlafsäcken an Obdachlose. 24 Stück hat das Chapter Nordschwarzwald des Vereins Metality an die Erlacher Höhe gegeben.
Sebastian Kirsch von der Wohnungslosenhilfe der Erlacher Höhe freut sich über die neue Ausstattung. Vor einigen Jahren hatte die Einrichtung schon einmal Schlafsäcke gespendet bekommen – erst vor ein paar Wochen haben sie den letzten davon herausgegeben, erzählt er. Perfektes Timing also.
Kooperation mit der Polizei
Notunterkunft stellen Die Erlacher Höhe hält eine Notausstattung an Decken, Kissen und eben Schlafsäcken bereit,um Menschen in Notlagen zu unterstützen. Nicht nur, aber auch im Rahmen des Erfrierungsschutzes. Dessen Ziel ist es, erklärt Kirsch, dass niemand auf der Straße schlafen muss. Schon gar nicht im Winter.
Den Erfrierungsschutz gibt es von November bis ins Frühjahr hinein. Bis 23 Uhr ist ein Mitarbeiter der Erlacher Höhe erreichbar unter der eigens dafür eingerichteten Nummer 07051/1 63 89 14. Anrufen können neben den Betroffenen selbst auch Leute, die beispielsweise einen Obdachlosen auf der Straße sehen. Zwischen 23 Uhr und den Morgenstunden gibt es eine Kooperation mit der Polizei. Diese hat laut Kirsch einen Schlüssel für die verfügbaren Räumlichkeiten – ein Notbett und ein Zimmer.
Hat jemand dort übernachtet, versuchen die Mitarbeiter der Erlacher Höhe in den darauffolgenden Tagen eine Lösung für den dauerhaften Aufenthalt zu finden, gemeinsam mit dem Betroffenen. „Die Notaufnahme in den Erfrierungsschutz ist das letzte Mittel“, sagt er. Der erste Weg in einer prekären Lage sollte tagsüber zur Fachberatungsstelle führen.
Bisherige Bilanz In dieser Wintersaison habe es schon vier Fälle gegeben, in denen der Erfrierungsschutz in Anspruch genommen wurde, sagt Kirsch. „Vier Fälle, in denen Menschen Gefahr gelaufen wären, zu erfrieren.“
Sven Theurer, Vorsitzender des Chapter Nordschwarzwald von „Metality“, findet es erschreckend, dass so etwas praktisch vor der eigenen Haustür passiert. Er kennt das Problem noch aus seiner Zeit, als er in Esslingen Filialleiter einer Bank war: Immer wieder hatten Obdachlose im Eingangsbereich der Bank übernachtet. Als Theurer mit ihnen ins Gespräch kam, sagten sie: „Lieber auf der Straße als im Obdachlosenheim“, erinnert er sich.
Sozialen Wohnungsbau vorantreiben
Grundlegendes Problem Genau das ist ein Kernproblem, weiß Kirsch. Klar gibt es für Obdachlose entsprechende Einrichtungen. „Manche tun sich aber schwer mit sowas.“
Sei es, weil sie als Frau nicht in Gemeinschaftsunterkünften mit zahlreichen Männern nächtigen wollen, weil die Unterkünfte für Menschen mit Handicap nicht barrierefrei sind oder weil die Obdachlosen sich dort einfach nicht sicher fühlen. Der Mitarbeiter der Erlacher Höhe plädiert daher an den deuschen Staat, den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.
Schlechte Chancen Denn auch wenn die Zahl derer, die den Erfrierungsschutz nutzen, stabil bleibt, kommen immer mehr Menschen in die Beratungsstelle der Erlacher Höhe, sagt Kirsch. Gerade die Situation auf dem Wohnungsmarkt gestaltet sich inzwischen dramatisch.
Die Verweildauer der Klienten der Erlacher Höhe während der Wohnungssuche hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Erstens, weil es kaum mehr verfügbaren Wohnraum gibt und zweitens, weil Personen ohne festen Wohnsitz und Arbeit freilich schlechtere Chancen auf eine Wohnung haben. 2022 seien so viele Menschen wie noch nie im Hilfesystem registriert gewesen, so Kirsch.